„Epidemisch auftretende Befindlichkeiten” – wer die Formulierung für die Kapitelüberschrift in einem Lexikon zur Psychiatrie hält, liegt so falsch nicht: Die Galerie Idelmann in Buer zeigt Videoinstallationen von Kai Fobbe.
„Epidemisch auftretende Befindlichkeiten” – wer die Formulierung für die Kapitelüberschrift in einem Lexikon zur Psychiatrie hält, liegt so falsch nicht.
Tatsächlich greift Kai Fobbe, dessen Videoinstallationen in der Galerie Idelmann zu sehen sind, neue Erkenntnisse der Militärpsychiatrie auf. Eine Projektion auf die betonkahle Stirnwand des Hauptraumes zeigt einen fast nackten Mann. Kopf, Arme, Brustmuskulatur, Unterleib – der ganze Körper ist von einem nicht enden wollenden Zittern erfasst. Die Art der posttraumatischen Belastungsstörung, davon geht die Militärmedizin heute aus, hängt von der Art und Weise der Kriegsführung ab. Der „Kriegszitterer” ist typisch für die Neurosen des Ersten Weltkrieges. Der aus Bochum stammende, in Wuppertal lebende Fobbe stellt der Realität des kranken Mannes dessen unerfüllbaren Traum entgegen: Eine zweite Videoprojektion zeigt – Symbol der Ruhe, Schönheit, der inneren Stärke – einen weiblichen Akt. Unmerklich treibt Fobbe – auch in den anderen Installationen – sein manipulatorisches Spiel mit Verhaltensweisen, Wahrnehmungsmustern. „Opfer” eines denkbaren Voyeurismus ist plötzlich nicht die Schöne, sondern der Zitterer.
Im Nebenraum setzen zwei Videos das Thema Krieg fort; es geht um Tod und Einsamkeit. Hier Fährmann Charon, der rastlos Tote ins Schattenreich rudert; da wieder eine junge Frau, diesmal im Bade, doch nun als Trauerbild einer Hinterbliebenen, durch den Tod eines geliebten Menschen jeglicher Zuversicht, jeglicher Lebensfreude beraubt. Im dritten Raum zeigt Fobbe fünf geradezu sakral anmutende „Fensterbilder”, deren Pixel-Mosaike bei genauem Betrachten menschliche Gesichter erkennen lassen. Man glaubt, den Leidensmann zu sehen. Was tatsächlich hinter dieser neuerlichen Manipulation steckt – das soll lieber die Galeristin verraten.
Galerie Idelmann: Die Ausstellung wird heute um 17 Uhr eröffnet und läuft bis 28. Februar, do + fr 19-19 Uhr, sa 14-16 Uhr und nach Vereinbarung. Cranger Straße 36; Tel. 595905.