Gelsenkirchen. Exklusive Einblicke: In der Mühle Rüningen in Gelsenkirchen werden riesige Mengen Korn rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr zu Mehl vermahlen.
„Viele Menschen denken an eine Mühle und haben noch das Bild von Max und Moritz im Kopf. Aber heute ist eine Mühle hochmodern und der Beruf der Müllers ist für Mann und Frau ausführbar“, sagt Kirsten Dissen. Gemeinsam mit ihrem Mann Thorsten ist sie Kopf und Herz der Mühle Rüningen im Hafen Gelsenkirchen. Die liegt gleich am Wasser, wo das Korn über riesige Schiffe angeliefert und dann in einem der höchsten Gebäude im Hafen auf sieben Stockwerken verarbeitet wird.
Traditionsfirma produziert im Gelsenkirchener Hafen: „Wir sind immer da“
„Wir vermahlen Weizen und seit vier Jahren auch Dinkel – an sieben Tagen in der Woche, 24 Stunden am Tag in drei Schichten. Man kann sagen, wir sind immer da“, sagt Kirsten Dissen und meint das beinahe auch so. An Weihnachten schaltet sie für einen Tag ab. Jedoch: „Auch am Heiligen Abend liefen bei uns die Maschinen. Das können wir aber für ein paar Stunden auch online beaufsichtigen.“
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Die Bescherung im Familienkreis ist also möglich. Man sei im letzten Jahr später aber auch mit den Kindern noch hergekommen. „Wenn man diese Arbeit macht, muss man mit dem Herzen dabei sein“, erklärt die Geschäftsfrau und Mutter. Das passt zum gesamten Unternehmen. „Das ist noch familiengeführt. Bei uns geht es daher viel persönlicher zu. Der Chef besucht auch alle Standorte regelmäßig selbst.“
Thorsten Dissen ist seit 18 Jahren hier beschäftigt, seit zwei Jahren als Betriebsleiter. Er ist eng verbunden mit dem Standort und kennt dessen Geschichte. „Das Gebäude war ursprünglich ein Lager, das von 1936 an erbaut wurde. Es muss leer gestanden haben, bis es 2004 gekauft und zum zweiten Unternehmensstandort der Mühle Rüningen umgebaut wurde.“ Es sei, so sagt der Verfahrenstechnologe Mühlen- und Getreidewirtschaft Fachrichtung Müllerei, ein eher kleiner Standort. Das Unternehmen insgesamt mit seinen fünf Standorten jedoch hat sich in den vergangenen 20 Jahren zu einer der führenden Mühlen in Deutschland entwickelt.
Schon im Erdgeschoss der Mühle spürt man, man ist mittendrin. Wie im Bauch der Anlage fühlt man sich, so laut ist es und so warm. Auch wenn alles ganz modern ist, man beim ersten Hinsehen kaum ein Getreidekorn sieht, ist das Grundprinzip wie einstmals. „Heute mahlen wir allerdings mit Stahlwalzen“, sagt Thorsten Dissen. Mühlsteine waren gestern. Das Mehl, das hier im Gelsenkirchener Hafen gemahlen wird, wird für Großkunden produziert – oftmals auf deren Bedürfnisse hin. „Wir produzieren verschiedene Qualitäten, die man im Einzelhandel zum Teil nicht kaufen kann.“
Bevor es nun hinein geht ins Innenleben der Mühle, kommt Justine Hamachers hinzu. Auf die junge Frau sind sie besonders stolz. Seit sechs Jahren gehört sie zum Betrieb, hat sich hier ausbilden lassen zur Müllerin. „Eine Frau in diesem Beruf ist selten“, sagt sie selbst und erzählt, sie sei über die Berufsberatung auf diese Ausbildung aufmerksam geworden. „Ich habe dann ein Praktikum gemacht und war sofort begeistert.“
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Etage für Etage geht es nun in die Höhe. Alles darf, in Haarnetz und Schutzkleidung gehüllt, aus der Nähe betrachtet werden. So wie die großen Walzenstühle. Hier ist es noch wärmer. Und der Boden vibriert unter der Kraft der Maschinen. Thorsten Dissen öffnet einen Walzenstuhl und erklärt: „Die beiden Walzen laufen gegeneinander. So ziehen wir das Mehl aus der Schale. Die soll dabei heil bleiben und wird nicht mit vermahlen, sondern aussortiert. Sonst wird das Mehl dunkel.“ Die ungebrauchten Reste werden noch vor Ort zu Pellets gepresst. „Die gehen danach in eine Fabrik für Tierfutter.“
Auf der vierten Etage fällt der erste Blick auf unzählige Rohre. Hier werde, so Thorsten Dissen, das gesiebte und gemahlene Korn nach Feinheit sortiert und, je nach Mahlgrad, wieder in den Prozess gegeben. Das geschieht solange, bis die gewünschte Konsistenz erreicht ist.
Bevor der Rundgang, der eigentlich ein Aufstieg ist, beendet ist, erleben die Gäste noch einen ganz besonderen Eindruck: Ganz oben, quasi auf der Aussichtsetage, gibt es für die Mitarbeitenden einen Besprechungsraum, der nach zwei Seiten hin verglast ist und wo man diesen so besonderen Industrieraum aus einer neuen, wirklich beeindruckenden Perspektive betrachten kann. Ein kleines Schmankerl für die Beschäftigten, zusätzlich zu einem ebenso abwechslungsreichen wie interessanten Berufsbild.
Mühle Rüningen immer auf der Suche nach Nachwuchs
Die Mühle Rüningen ist am Standort Gelsenkirchen immer auf der Suche nach jungen Menschen, die den Beruf des Müllers erlernen möchten. Sogar für diesen Herbst lohne sich noch eine Bewerbung, sagt Thorsten Drissen.
„Wer Interesse hat, kann ein Praktikum machen und schauen, wie der Berufsalltag ist.“ Kontakt: bewerbung@muehle-rueningen.de oder 0209-377 8019-14.
„Es ist wirklich schade, dass der Beruf so unbekannt ist“, sagt Justine Hamachers und erzählt: „Wenn man Leute kennenlernt und sagt, man ist Müllerin, weiß kaum jemand mehr, was das ist. Dabei ist unsere Tätigkeit so wichtig für alle.“ Ohne Mehl gibt es schließlich kein Brot. Und das mögen sich wohl die wenigsten Menschen vorstellen.