Gelsenkirchen. Im Hauptausschuss der Stadt Gelsenkirchen steht Schalke auf dem Plan. Dabei geht es um nichts weniger als das Sein oder Nicht-Sein des S04.
Der FC Schalke 04 kämpft in der Zweiten Bundesliga gegen den Abstieg: Das ist eine Entwicklung, die so vor wenigen Jahren, als die Gegner noch Manchester City und Real Madrid hießen, unvorstellbar war. Doch was ein Abstieg für Schalke bedeuten würde, das hat die Gelsenkirchener Stadtverwaltung jetzt unmissverständlich klargemacht: nichts weniger nämlich als das Ende des Vereins.
Das geht aus einer Beschlussvorlage hervor, die am Donnerstag (14.3.) im nicht-öffentlichen Teil der Hauptausschusssitzung auf der Tagesordnung steht, und die dieser Redaktion vorliegt. Dort beschreibt die Verwaltung in nüchternen Worten ein Szenario, das jedem Schalke-Fan Alpträume bereitet. „Wenn der FC Schalke 04 tatsächlich absteigen sollte, sprechen die finanziellen Rahmenbedingungen zunächst einmal deutlich gegen die Erteilung einer Lizenz für die Teilnahme am Spielbetrieb der 3. Liga und damit für ein nahezu zwangsläufiges Insolvenzverfahren.“
Nicht nur Schalke, auch Stadt Gelsenkirchen würde bei Abstieg erhebliche Verluste machen
Der Hintergrund der Vorlage ist finanzieller Natur. Denn sowohl die Stadt Gelsenkirchen als auch die Gelsenkirchener Stadtwerke, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Stadt, würden bei einem Abstieg erhebliche Verluste machen. So sind die Stadtwerke mit insgesamt gut 15 Millionen Euro an der „FC Schalke 04-Stadion-Beteiligungsgesellschaft mbH & Co./Immobilienverwaltungs-KG“ (Stadion KG) beteiligt, also der Gesellschaft, die die Veltins-Arena betreibt. Darüber hinaus gaben die Stadtwerke der Stadion KG und dem Verein Darlehen in Höhe von insgesamt knapp 11,5 Millionen Euro. Die Stadt Gelsenkirchen ist im Rahmen einer „stillen Gesellschaft“ an der Stadion KG beteiligt, und zwar insgesamt mit gut 10 Millionen Euro. Diese Beteiligung hat eine Kündigungsfrist bis zum 31. Dezember 2024.
Jetzt soll der Hauptausschuss im Rahmen einer Eilentscheidung beschließen, zum einen die Gesellschafterversammlung der Stadtwerke anzuweisen, das Engagement der Stadtwerke bei Verein und Stadion KG um weitere fünf Jahre, bis zum 30. Juni 2029, zu verlängern. Außerdem soll die Stadt von der Kündigungsmöglichkeit der stillen Beteiligung an der Stadion KG Ende dieses Jahres keinen Gebrauch machen.
Die Eilentscheidung ist nötig: Bis Freitag, 15. März, muss der FC Schalke die vollständigen Unterlagen zur Erteilung einer Lizenz für die kommende Saison bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) einreichen. Müsste der Verein der Stadt beziehungsweise den Stadtwerken Darlehen in Millionenhöhe zurückzahlen, müsste das in den Unterlagen natürlich berücksichtigt werden. Die nächste Sitzung des Rates ist aber erst am 21. März, der Rat wird also die Entscheidung des Hauptausschusses lediglich bestätigen.
Eine Insolvenz des FC Schalke 04 „hätte auch erhebliche negative Auswirkungen
Was heißt das im Klartext? Stadtwerke und Stadt verzichten zunächst auf ihren Anspruch, das in Verein und Stadion KG investierte Geld sofort beziehungsweise noch in diesem Jahr zurückzufordern. Auch deshalb, weil man dem ohnehin finanziell schwer angeschlagenen Verein keine weitere Belastung zumuten will. Das geschieht allerdings nicht aus Treue oder Liebe zum Club: Eine Insolvenz des FC Schalke 04 „hätte auch erhebliche negative Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Stadtwerke und die Stadt Gelsenkirchen“, heißt es in der Vorlage. „Das eingesetzte Kapital würde auch bei einer solchen Entwicklung ganz oder teilweise verloren gehen.“
Dazu kommt: Weil der Verein nach einer potenziellen Insolvenz als Anteilseigner an der Stadion-Gesellschaft ausfallen würde, sei die Stadt dann gezwungen, „das Stadion in einem verkehrssicheren Zustand zu halten und die laufenden Aufwendungen weiter zu tragen.“ Das sei mit einer weiteren finanziellen Belastung für die ohnehin klamme Stadtkasse verbunden.
Stadt Gelsenkirchen stuft Schalke-Engagement mittlerweile als eine „erheblich risikobehaftete Transaktion“ ein
Es geht also um kalte Abwägung zwischen zwei schlechten Alternativen. Das Risiko, dass die Stadt bei einer Insolvenz des Vereins ihr eingesetztes Kapital ganz verliert, wird als größer erachtet, als eine Fortsetzung der Beteiligung. Allerdings sei auch das mit deutlich mehr Risiken behaftet als noch zu Bundesligazeiten, schreibt die Verwaltung. Seit den Investitionen hätten sich – vor allem durch den Abstieg – die Rahmenbedingungen „erheblich negativ verändert, so dass das Risiko nochmals deutlich größer geworden ist.“ Insgesamt stuft die Stadt ihr Schalke-Engagement mittlerweile als eine „erheblich risikobehaftete Transaktion“ ein, die „nicht beendet werden kann, ohne die Werthaltigkeit der bestehenden Forderungen massiv zu gefährden.“
Immerhin: Ein wenig Platz für Hoffnung bleibt. „Es wird damit gerechnet, dass der Schalke-Konzern in den nächsten Jahren die insbesondere durch die Corona-Pandemie angespannte wirtschaftliche Situation verbessern und somit seine finanziellen Verbindlichkeiten reduzieren kann“, heißt es in der Beschlussvorlage.