Gelsenkirchen. BP will in Gelsenkirchen in einem „ersten Schritt“ 230 Arbeitsplätze streichen. Sind noch mehr Stellen in Gefahr? Das sagt BP zu den Gerüchten.
Diese Nachricht hat Gelsenkirchen Anfang März schwer getroffen: Nur rund drei Wochen nachdem die Lokalpolitik den Weg für die Erweiterungspläne von BP im Stadtnorden freigemacht hatte, erklärte der Konzern, dass er in Gelsenkirchen zeitnah 230 Arbeitsplätze abbauen werde. Nicht allein der zeitliche Ablauf sorgt derweil für großen Unmut in der Emscherstadt, auch eine Formulierung des britischen Mineralölkonzerns lässt seither aufhorchen und schürt die Angst vor noch tieferen Einschnitten am Raffinerie-Standort in Gelsenkirchen.
Denn mit Blick auf die Stilllegung von fünf Anlagen in Horst und Scholven spricht BP von „einem ersten Schritt“. Die Rede ist hierbei schon von einem Abbau von 230 Stellen. Das soll zwar möglichst ohne betriebsbedingte Kündigungen und sozialverträglich geschehen, aber längst geht in Gelsenkirchen auch die Frage um, was auf den „ersten Schritt“ folgt?
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BP-Sprecher Marc Schulte beantwortet dies auf WAZ-Nachfrage wie folgt: „Klar ist, dass die jetzt eingeleitete Transformation ein erster Schritt zur Reduzierung der Komplexität und der Kosten an unserem Standort ist. Weitere Optionen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Anpassung an künftige Markterfordernisse werden intern diskutiert und untersucht, Entscheidungen sind aber noch keine gefallen.“
Entschieden sei also noch nichts, sparsamer und wirtschaftlicher müsse der Standort aber schon werden - eine ungewisse Perspektive.
Nicht zuletzt deshalb hoffen nun Konzern, Betriebsrat und weite Teile der Lokalpolitik, dass die sogenannte Norderweiterung, bei der BP gemeinsam mit einem externen Partner eine Pyrolyseanlage betreiben will, den Standort langfristig wieder auf einen soliden wirtschaftlichen Kurs zurückbringt. „Der Verlust gerade von solchen hochqualifizierten Beschäftigungsverhältnissen ist ein Schlag für den Wirtschaftsstandort Gelsenkirchen. Wir erwarten daher umso mehr, dass die Pläne für die Transformation auch umgesetzt werden, damit zukünftig damit einhergehend neu qualifizierte Beschäftigungsverhältnisse entstehen“, hatte Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) vor einigen Tagen zum Ausdruck gebracht, was in Gelsenkirchen nun von BP erwartet wird.
Wie steht es um die Norderweiterung von BP in Gelsenkirchen? Verhandlungen mit Brightmark in Gefahr?
Doch wie steht es eigentlich um die Norderweiterung?
„Eine wichtige Perspektive für die Transformation der Raffinerie hin zur Produktion nachhaltigerer Produkte ist unter anderem die Möglichkeit, zusammen mit einem Partner einen Kreislaufwirtschaftsverbund an der Raffinerie für deren petrochemische Anlagen zu etablieren“, betont Unternehmenssprecher Marc Schulte, wie wichtig das Vorhaben für BP ist.
Dazu führt BP (Ruhr Oel Raffinerie) schon seit Jahren Gespräche mit dem US-amerikanischen Unternehmen Brightmark. Allerdings scheinen die Verhandlungen mit den Amerikanern ins Stocken geraten zu sein, wie die WAZ Gelsenkirchen erfuhr, was gerade jetzt, wo der Stadtrat dem Bebauungsplan zugestimmt hat, ein herber Rückschlag wäre.
„Die Gespräche mit Brightmark dazu laufen. Eine Investitionsoption stand und steht aber grundsätzlich auch anderen Interessenten offen“, so Schulte auf die Frage, ob BP auch mit anderen potenziellen Partnern verhandelt.
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Für BP sei jedenfalls klar, dass der Mitte Februar gefasste Satzungsbeschluss „einen sehr wichtigen Beitrag zur Zukunft der Raffinerie darstellt, da er die Planungsgrundlage für entsprechende Investitionen schafft und damit die kurzfristige Flächenverfügbarkeit für den dringenden Transformationsprozess gewährleistet“, so Schulte.
BP hat einiges an Vertrauen bei Gelsenkirchener Politik eingebüßt
In der Gelsenkirchener Lokalpolitik schwingt indes seit einigen Tagen nun auch eine gewisse Skepsis mit, wenn es um die Transformation von BP geht. Das Unternehmen hat mit dem zeitlichen Ablauf, nur drei Wochen nach der Zustimmung für die Norderweiterung den Stellenabbau kundzutun, einiges an Vertrauen verloren.
Das sei aber kein Kalkül gewesen, sondern eher dem Zufall geschuldet, erklärt der BP-Sprecher. „Die für die Zukunft des Standorts sehr wichtige Beschlussfassung des Stadtrats zum Bebauungsplan und unsere Bekanntmachung zur Transformation der Raffinerie zur Vorbereitung für die Energiewende stehen in keinem zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang. Wir haben in der vergangenen Woche unsere Mitarbeitenden und die Öffentlichkeit so schnell wie möglich über die Pläne informiert, unmittelbar nachdem die Beschlussgremien unseres Hauses die Entscheidung gefällt hatten. Die Vorläufe solcher Beschlüsse sind zeitlich unabhängig von Sitzungen kommunalpolitischer Gremien.“