Gelsenkirchen-Erle. An der Leythe-Schule in Gelsenkirchen-Erle will man sich gegen Elterntaxis wehren. Jetzt hat sich auch die Politik eingeschaltet.

Dass das Thema aktuell ist, beweist ein Erlass, den das NRW-Verkehrsministerium gerade herausgegeben hat: Demnach dürfen Kommunen künftig Straßen im Umkreis von Schulen sperren. So sollen Eltern daran gehindert werden, mit ihren Autos den Verkehr lahmzulegen, wenn sie ihre Kinder zur Schule bringen: „Elterntaxis“ nennt man das. An einer Grundschule in Gelsenkirchen-Erle wehren sich Lehrer, Eltern und sogar die Kinder selbst gegen diese Praxis.

Die Leythe-Schule liegt an der Oststraße, direkt neben der Gesamtschule Erle. Viele Kinder nutzen den Zugang zum Schulhof von der Waldstraße aus, eine kleine, schmale Wohnstraße. Die Waldstraße, die in die Mühlbachstraße übergeht, ist eine „unechte Einbahnstraße“: An der Wittenberger Straße verbietet das rote Schild mit dem weißen Querbalken die Einfahrt, allerdings gibt es am anderen Ende der Straße an der Frankampstraße kein entsprechendes „Einbahnstraßen“-Schild. Das heißt: Es ist durchaus legal, von der Frankampstraße in die Waldstraße zu fahren und dann dort zu wenden – etwa, nachdem man seine Kinder am Schultor abgesetzt hat.

Die meisten Kinder wohnen in der Nähe der Gelsenkirchener Schule

Das machen jedoch viel zu viele Eltern: In diesem Punkt sind sich Schulleiterin Marietta Wolf und Sabrina Ducoffre, Vorsitzende der Schulpflegschaft, einig. „Das ist morgens eine absolute Katastrophe“, sagt die Mutter. Viele Eltern würden ihre Kinder nicht nur mit dem Auto zur Schule bringen – „einige bleiben dann auch noch stehen, um mit anderen Eltern einen Plausch zu halten“, hat Sabrina Ducoffre beobachtet. Zumal viele der Autos im absoluten Halteverbot stünden: „Es wäre gut, wenn da einmal KOD-Mitarbeiter vorbeischauen würden.“

Dabei sei das Bringen in den allermeisten Fällen überhaupt nicht nötig, weiß Marietta Wolf. „Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, wohnen unsere Schülerinnen und Schüler in einem Radius von einem bis maximal eineinhalb Kilometern um die Schule herum.“ Das sei eine Strecke, die gerade ältere Grundschulkinder ohne Probleme zu Fuß gehen könnten. Auch sei der Schulweg für die meisten Kinder vergleichsweise ungefährlich. „Nur wenige Schüler müssen die Cranger Straße überqueren, und dort gibt es ja Ampeln.“

Bezirksbürgermeister Wilfried Heidl hat sich eingeschaltet

Jetzt hat sich auch die Politik eingemischt. Bezirksbürgermeister Wilfried Heidl (SPD) hat sich vor Ort ein Bild von der Situation gemacht – und sich, wie er sagt, vom „erheblichen Wortschatz an Schimpfwörtern“ der Autofahrerinnen und -fahrer überzeugt. Von der Stadtverwaltung wollte er jetzt wissen, ob es möglich sei, mit einem „Drängelgitter“ für mehr Sicherheit zu sorgen. Ein weiterer Vorschlag: „Von der Oststraße wird ein ,Drive-in‘ mit Wendeschleife eingerichtet. Im Drive-in ist nur ein kurzes Anhalten erlaubt, um das Kind aus dem Fahrzeug zu lassen. Dann hat das Fahrzeug diesen Bereich unverzüglich zu verlassen.“

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Diese Anfrage stellte er an die Stadt – die Antwort fiel jedoch ernüchternd aus. Mitarbeiter des Referats Verkehr hätten sich ebenfalls vor Ort umgesehen, schreibt die Verwaltung: „Insgesamt war die Verkehrssituation zu Schulbeginn unauffällig.“

Das sagt die Stadtverwaltung zu Heidls Vorschlägen

Heidls Vorschläge lehnt die Verwaltung ab. „Der Vorschlag, Geländer oder Sperrpfosten auf dem nur ca. 2,15 Meter schmalen Gehweg zu installieren, würde – im Gegensatz zu einer kurzfristigen Behinderung durch Falschparker – zu einer dauerhaft eingeschränkten nutzbaren Breite von ca. 1,60 Metern führen. Dies steht im Widerspruch zu den Vorgaben der Barrierefreiheit“, heißt es in der Antwort. Mit den Parkplätzen an der Mühlbachstraße, Wittenberger Straße und Oststraße bestünde zudem eine „komfortable Situation für Hol- und Bringverkehre. Die fußläufige Erreichbarkeit der Schule ist von hier aus für alle Schülerinnen und Schüler gegeben. Die Notwendigkeit zur Einrichtung eines ,Drive-in‘ besteht daher nicht.“

Für Sabrina Ducoffre und Marietta Wolf ist das letzte Wort in der Angelegenheit aber noch nicht gesprochen – und sie haben viele Schülerinnen und Schüler auf ihrer Seite. Paula Sieland und Emma Bergs etwa: Die beiden Viertklässlerinnen, beides Klassensprecherinnen, haben gemeinsam mit ihren Mitschülern Plakate gemalt, mit denen sie die Eltern zum Umdenken auffordern wollen. Einige dieser Plakate hängen am Zaun des Schulhofes an der Waldstraße. Im April wollten sie die Schilder bei der dann stattfindenden Sitzung der Bezirksvertretung Ost auch den Vertretern der Kommunalpolitik präsentieren.