Gelsenkirchen. Seit Jahrzehnten ist Berliner „Paule“ Pankau Schalke-Fan. Für den nächsten Gelsenkirchen-Besuch plant er eine Aktion an der Tausend-Freunde-Mauer
Dass Horst-Peter Pankau, den seine Freunde alle „Paule“ nennen, nicht am Schalker Markt geboren wurde, hört man sofort, wenn man ihn am Telefon spricht. Zwar hat der heute 73-Jährige einige Zeit in Gelsenkirchen gelebt, aber sprachlich kann er seine Berliner Herkunft nicht verleugnen. Dennoch: Sein Herz schlägt seit mehr als 30 Jahren für den FC Schalke 04. Seit einiger Zeit ist diese Liebe aber erkaltet: Deshalb hat sich Pankau jetzt zu einem symbolträchtigen Schritt entschieden.
Wie kommt ein Berliner nach Schalke? Aufgewachsen im Ostteil der Stadt, hatte es Paule Pankau kurz nach der Wiedervereinigung beruflich nach Westdeutschland, genau gesagt nach Gelsenkirchen verschlagen. Für Sport hatte er sich immer schon interessiert, in Sachen Fußball sympathisierte er mit Union Berlin – „der andere Berliner Verein, der BFC Dynamo, war ja ein Stasi-Club“, sagt er. Für die Initialzündung sorgte aber dann ein Besuch im Parkstadion. „Ein Freund von mir hat mich damals mit nach Schalke genommen“, erzählt der 73-Jährige. Pankau war sofort hin und weg – auch von der Rückfahrt mit der Straßenbahn. „Ich wusste bis dahin nicht, dass man eine Bahn durch Hüpfen auf den Schienen springen lassen kann“, sagt er schmunzelnd.
Von Tempelhof über Dortmund nach Gelsenkirchen – und wieder zurück
Von da an war Pankau Schalker, ging mit dem Verein durch dick und dünn. Auch, als er nach einigen Jahren Gelsenkirchen den Rücken kehrte und in seine Heimatstadt zurückzog. Er setzte einiges daran, auch weiterhin möglichst viele Spiele der Königsblauen live zu verfolgen. „Als wir im Uefa-Cup gespielt haben, bin ich einige Male zusammen mit meinem Sohn von Tempelhof nach Dortmund geflogen, von dort ging es mit einem Mietwagen zum Parkstadion – und nach dem Spiel wieder zurück“, berichtet er. Dass sein Sohn zur Schule musste – egal. „Schalke war wichtiger.“ Sichtbares Zeichen seiner Zugehörigkeit zum Verein: Die Satellitenschüssel auf seinem Berliner Haus ziert das Schalke-Logo.
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Auch einen der bittersten Momente der Vereinsgeschichte erlebte er im Stadion: Den 34. Spieltag der Saison 2000/2001, die „Meisterschaft der Herzen“. „Am späten Abend danach haben Kollegen und ich wildfremde Menschen in Kaiserslautern angerufen und ihnen gesagt, sie sollen dem Zahnarzt die Meinung geigen“, erinnert er sich. Zur Erinnerung: Schiedsrichter Markus Merk, im Hauptberuf Zahnarzt aus Kaiserslautern, hatte damals beim Spiel von Bayern München in Hamburg einen umstrittenen Freistoß in der Nachspielzeit gegeben, der zum Tor für Bayern und somit zur Meisterschaft führte.
Mit diesem Manager begann für Pankau der Niedergang
2001 wurde die Arena auf Schalke eröffnet. Zu seinem 50. Geburtstag schenkte Paule Pankaus Familie ihm einen Stein in der „1000-Freunde-Mauer“, die 2002 eingeweiht wurde. Darauf sind die Namen von Fans verewigt, die sich mit einem Betrag von 250 Euro symbolisch am Bau der Arena beteiligt hatten. All die Jahre war Pankau stolz darauf, dass sein Name vor der Arena zu lesen war – bis zu diesem Jahr. „Ich habe dem Verein geschrieben und ihn gebeten, meinen Namen abzukleben“, sagt er. Auch die Schalke-Satellitenschüssel auf seinem Dach will er abbauen. Der Grund: „Die mangelhafte Arbeitsmoral dieser Gruppe von Profis, die ich bewusst nicht Mannschaft nenne.“
Mit Grausen beobachte er seit einigen Jahren den Niedergang seines Herzensvereins, erzählt der Berliner. „Im Grund begann der ja, als Christian Heidel damals als Manager von Mainz zu Schalke kam“, sagt Pankau. „Damals wurde viel zu viel Geld in Spieler investiert, die durch die Bank enttäuscht haben.“ Von da an sei es stetig bergab gegangen. Den Verantwortlichen, die zurzeit das Sagen haben, spricht er den Sachverstand ab, allen voran dem neuen Vorstandsvorsitzenden Matthias Tillmann: „Wir brauchen Leute mit Ahnung vom Fußball, keine Trivago-Leute“, sagt er.
Der Berliner will jetzt selbst zum Klebeband greifen
„Es kann doch auch nicht sein, dass ständig der Trainer gewechselt wird“, schimpft Pankau, „man muss doch auch mal den Mut haben, an jemandem auch dann festzuhalten, wenn es nicht so gut läuft.“ In der aktuellen Mannschaft fehle es ihm an echten Typen: „Wir bräuchten Spiele wie Yves Eigenrauch oder Ebbe Sand.“ Pankau würde eine Rückkehr von Ex-Schalke-Boss Clemens Tönnies begrüßen. „Auch, wenn der nicht ohne Fehler war – unter ihm ging es dem Verein besser.“
Für die nähere Zukunft sieht Pankau schwarz. „Ich glaube zwar nicht, dass wir absteigen, aber ich befürchte, dass Schalke in den kommenden Jahren in der zweiten Liga herumdümpeln wird.“ Aus Protest gegen die Situation will er eben jetzt ein Zeichen setzen und seinen Namen auf der 1000-Freunde-Mauer abkleben lassen. Eine Antwort vom Verein auf seine entsprechende Bitte hat er nicht erhalten, also will er beim nächsten Besuch in Gelsenkirchen selbst zum Klebeband greifen. Immerhin: Ganz entfernen lassen will er seinen Namen nicht. „Vielleicht gelingt ja doch noch irgendwann wieder die Wende zum Guten“, hofft er.