Gelsenkirchen-Buer. Auch bei durchwachsenem Wetter wollen tausende Karnevalisten den Kinderzug durch Buer sehen. Dabei bleibt es entspannt für den Ordnungsdienst.
Der Westfale hat sehr wohl Humor, er lacht eben später, heißt es. In Gelsenkirchen scheint eine große Bescheidenheit vorzuherrschen, jedenfalls beim Karneval. Aber dass der Kinderumzug durch Buer schon beim zweiten Male an dieser Stelle einen bemerkenswerten Rekord aufstellen würde, das haben sich alle Beteiligten in der knappen Vorbereitung und direkt zum Start wohl nicht ausmalen können oder wollen.
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Denn die Zahl von etwa 2500 Zaungästen aus der Premiere im vergangenen Jahr, als es erstmals nicht durch Horst, sondern eben durch Buer zur Domplatte ging, schien wie fest gemauert. Die Besatzung des DRK-Mobils am Rande des Platzes tippte nach einem Blick in den recht grauen Himmel: „Das werden vielleicht etwa wieder so viele.“ Auch der Kommunale Ordnungsdienst mochte nicht mehr bieten. Noch nicht.
Für die Ordnungskräfte wie die Sanitäter wurde es aber jedenfalls ein so entspannter Vormittag, wie sie sich das für den Straßenkarneval nur wünschen konnten. Damit lagen sie bei der Personalstärke auch genau richtig: Das Rote Kreuz kam mit einem Krankentransporter, zwei Trupps, zwei Motorrädern und insgesamt neun Einsatzkräften, der KOD hatte fünf Kräfte gestellt, und die Polizei: „Moment, ja, drei“, räumte einer der Beamten entspannt lächelnd ein, „mehr müssen nicht sein“.
Für die Ordnungskräfte in Gelsenkirchen war es ein entspannter Einsatz
Dafür hatte das Festkomitee Gelsenkirchener Karneval allerdings auch kräftig in den eigenen Gesellschaften für Helfer getrommelt. Die Aktiven waren selbst im Anzug und mit Kappe zur Sicherheitsweste überall dabei. Was dem Ex-Prinzen Torsten am Straßenrand mitten auf der Strecke ein Händedruck und eine Umarmung für die Aktiven wert war: „Danke für euren Einsatz.“
Der KOD ließ sich dabei sogar in die Karten blicken. „Zwei Personen pro Quadratmeter“, ist danach der Erfahrungswert per über-den-Daumen-Peilung, „stellen noch keine kritische Dichte dar“, verriet eine dienstlich Beteiligte kurz vor dem Start in Höhe der Rottmannsiepe. Ob es dann ab drei pro Metergeviert wirklich kritisch oder zu so einem Anlass eher „kuschelig“ würde, ließ sie offen.
In Gelsenkirchen wirkt die „kritische Dichte“ der Besucher eher „kuschelig“
So konnte es sogar dazu kommen, dass die beiden Lkw mit den Absperrgittern und Baken an der Horster Straße erst eintrafen, als sich der Umzug praktisch schon ankündigte. „Wir wollen den ÖPNV so wenig wie möglich beeinträchtigen“, bestätigten die KOD-Kräfte, sprich: Es ging ruck-zuck, es gab kaum Verzögerungen für Busse und Bahnen.
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Hier gibt es die schönsten Bilder vom Kinderkarneval
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Auch im weiteren Verlauf der Zugstrecke war davon nicht die Rede, einige wenige Pkw huschten noch kurz vor 11 Uhr durch die Bueraner Straßen, dann rückten aber die an den Rändern gut gelaunt wartenden Karnevalisten, überwiegend Familien mit Kindern, auch auf die Fahrbahnen. Spätestens da wurden die Tüten präsentiert, die hoffentlich bald hoffentlich viele Kamelle aufnehmen würden.
Und nicht nur die gab‘s reichlich von den Fußtruppen mit Bollerwagen und den überschaubar vielen Wagen im Zug. Vor allem die jüngsten und kleinsten Zuschauer am Straßenrand wurden bedacht, die „Wurfgeschosse“ reichten die Marschierenden da auch schon mal direkt weiter.
Dass der Gelsenkirchener Straßenkarneval über den einzigen Zahnarzt-Motivwagen Deutschlands verfügt, wie der örtliche Dentist und Vereins-Vorsitzende Dagwin Lauer mittendrin gern und stolz unterstreicht, zeigt sich an dem ungewöhnlichen Motto „Nach so viel Kamelle Zähne putzen“. So flogen denn hier auch Zahnbürsten und Zahnpasta reichlich für den Bonbon-Beutel und die Prophylaxe.
Der Gelsenkirchener Zahnärzte-Verein wirbt fürs Putzen
„Gut 600“ Aktive wären direkt im Zug dabei, hatte der Komitee-Ordnungsdienst weitergegeben, und weil die Wagen keine Schwierigkeiten hatten, durch die schmalen Straßen zur Domplatte zu kommen, brauchte der Tross auch kaum mehr als eine halbe Stunde bis zum Ziel. Dann aber überschlugen sich die Zahlen wie an einem Sonntagabend bei der Kommunalwahl. 4000 Menschen mögen es rund um die St. Urbanus-Kirche gewesen sein, meinten KOD und Polizei, und wohl 6000 beim Zug.
Moderatorin Nadine Brüggemann nahm sich noch die Zeit, die kleine Bühne am Rande des Platzes für die Tanzgarden trocken zu feudeln. Dann aber wurde unter dem Applaus der Menge zunächst der Mann begrüßt, „der das hier im letzten Moment Wirklichkeit werden ließ“, und Björn Tondorf, Präsident des Festkomitees Gelsenkirchen, zufrieden zugeben konnte: „Wenn ich das hier sehe, weiß ich, dass sich die schlaflosen Nächte gelohnt haben.“ Denn die Durchführung dieses zweiten Kinderumzugs durch Buer stand bis vor wenigen Tagen noch auf der Kippe.
Er musste deshalb auch noch einen großen Dank an alle Beteiligten in den Karnevals-Gesellschaften, bei der Stadt, den Sponsoren („denn es ist wieder teurer geworden“) und vor allem an sein Team loswerden. Selbst den Abschied für heute genoss er: „Wir sehen uns morgen auf der Cranger Straße.“
„Unsere Zukunft sind die Kinder“ begrüßte OB Karin Welge die Menge. Karneval sei offensichtlich nicht nur etwas für Erwachsene. Stolz hängte sich Bezirksbürgermeister Dominic Schneider an: „Mit 6000 Menschen heute haben wir die Zahl vom letzten Jahr mehr als verdoppelt. Darauf jetzt ein Helau, dass Propst Pottbäcker aus seinem Beichtstuhl fällt!“ Und Bürgermeisterin Martina Rudowitz meinte mitten im Publikum zufrieden lächelnd: „Wenn ich sehe, wie das angenommen wird, war es auf jeden Fall die richtige Entscheidung, den Zug nach Buer zu verlagern. Vielleicht sollten wir tatsächlich darüber nachdenken, ob so etwas nicht sogar auch im Süden Gelsenkirchens stattfinden könnte.“