Gelsenkirchen. Ist der öffentliche Dienst eine Gefahrenzone? Gelsenkirchens Jobcenterchefin über Randale, Bedrohung und Gewalt gegen Mitarbeitende.
In Handschellen abgeführt wurde ein Kunde des Gelsenkirchener Jobcenters, als er 2019 zwei Mitarbeiterinnen tätlich angriff. Einen Großeinsatz der Polizei verursachte eine Bombendrohung gegen das Jobcenter und Arbeitsagentur Anfang 2014. Verantworten dafür musste sich dafür ein damals 28-jähriger Mann aus Essen. Bedrohungen, Körperverletzungen, Polizeieinsatz im Amt – wie hat sich die Lage entwickelt?
„Seit meinem Amtsantritt hat sich die Anzahl der gewalttätigen Vorfälle nicht erhöht“, sagt Anke Schürmann-Rupp, die Chefin des Gelsenkirchener Jobcenters. Seit Herbst 2020 ist sie als Geschäftsführerin des Integrationscenters für Arbeit in leitender Funktion. Insgesamt 81 Übergriffe sind von Oktober 2020 bis Januar 2024 aufgelaufen – 16 im Jahr 2021, 26 in 2022 und 30 in 2023. Eine regelmäßige statistische Erfassung solcher Vorfälle gebe es aber nicht. Die Polizei war im vergangenen Jahr sechsmal vor Ort, sprich in den Centern an der Ahstraße und an der Kurt-Schumacher-Straße.
Mitarbeitende des Jobcenters Gelsenkirchen werden meistens beleidigt und bedroht
Auslöser für die Eskalationen in den Jobcentern war Schürmann-Rupp zufolge „die Unzufriedenheit von Kunden“, wenn die Geldleistung des Amtes nicht ihren Wünschen und Vorstellungen entsprochen habe. Sie reagierten darauf meist mit Bedrohungen (20 mal) oder mit Beleidigungen und Bedrohungen (24 mal). Dreimal wurden Kunden gewalttätig, viermal randalierten sie herum und beschädigten Einrichtung und Mobiliar.
Schürmann-Rupp zufolge hat es dennoch bislang noch keinen Anlass gegeben, die Anzahl der Sicherheitsmitarbeiter in beiden Gebäuden zu erhöhen. Alle Vorfälle seien von der Security gut aufgefangen worden. Um zu unterstreichen, dass das Eskalationspotenzial niedrig ist, erwähnt Anke Schürmann-Rupp die Anzahl der schriftlichen Widersprüche. Ihr zufolge sind sie „seit Jahren rückläufig“. 2019 haben demnach 4.000 Kundinnen und Kunden Widerspruch eingelegt, 2023 nur noch etwa 3.000.
Die Abweichungen bei den eingangs genannten Fallzahlen erklärt die Jobcenter-Chefin mit der Corona-Pandemie 2020/2021, weil damals „überwiegend auf schriftlichem, telefonischem Wege oder per Videoberatung mit unseren Kundinnen und Kunden kommuniziert wurde“.