Gelsenkirchen. Die AfD Gelsenkirchen teilt in einer Chatgruppe offenbar ein umstrittenes Video über „Abschiebekalender“. Geheimtreffen angezweifelt.
Ein Video des baden-württembergischen AfD-Landtagsabgeordneten Miguel Klauss sorgt seit einigen Tagen in sozialen Medien für Entsetzen, während es im Kreisverband der Gelsenkirchener AfD nach Informationen der WAZ munter geteilt werde. In dem Clip ist Klauss zu sehen, wie er bestens gelaunt den „Abschiebekalender 2024“ seiner Fraktion vorstellt. Jeden Monat wird darin ein Flugzeug mit einem Spruch gezeigt - mitunter im Nazi-Jargon.
Wörtlich heißt es auf einem Kalenderblatt etwa: „Deutschland zuerst heißt Remigration“. Das ist inhaltlich das, was Rechtsextreme im November in einem Hotel in der Nähe von Potsdam geplant haben sollen. Auch hochrangige AfD-Vertreter seien bei der vertraulichen Zusammenkunft dabei gewesen, wie aus Unterlagen hervorgeht, die dem gemeinnützigen Recherchezentrum Correctiv vorliegen.
Laut Verfassungsschutz ist das Thema „Remigration“ ein bekanntes rechtsextremistisches Konzept, das etwa von der „Identitären Bewegung“ bekannt sei. „Remigration“ bedeute nichts anderes als „Deutschland den Deutschen“, heißt es in kritischen Kommentaren zu dem Kalender der AfD Baden-Württemberg.
Der Chef der AfD-Ratsfraktion in Gelsenkirchen, Jan Preuß, beteuert, dass das Video in der internen Gruppe der AfD-Stadtverordneten nicht geteilt worden sei. Ob dies dagegen in der wesentlich größeren Chatgruppe des Kreisverbandes der Fall gewesen sei, könne er nicht beantworten. Die Aufregung um den Clip und den Kalender könne er aber ohnehin nicht nachvollziehen. „Offenbar möchte die AfD-Fraktion in Baden-Württemberg das Thema Abschiebung auf humorvolle Weise angehen. Ich persönlich würde nicht jedem Statement aus dem Kalender – jedenfalls so weit in diesem Video ersichtlich – zustimmen. Gleichwohl ist die Abschiebung von Personen ohne Aufenthaltsrecht richtig, wichtig und gesetzlich vorgesehen und keineswegs menschenverachtend“, so Preuß.
Parallelen zum Inhalt sowie die Teilnahme von AfD-Mitgliedern bei dem Geheimtreffen rechtsextremer Fanatiker im November will Preuß auf Nachfrage nicht kommentieren. Er wisse schlicht noch zu wenig darüber.
Jörg Schneider (AfD): „Kein Grund, Verbreitung des Videos zu untersagen“
Auch der Gelsenkirchener AfD-Bundestagsabgeordnete und Kreisverbandssprecher, Jörg Schneider, weicht den Fragen der WAZ zu den Reaktionen der AfD-Chatmitglieder in Gelsenkirchen auf das Video aus. „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich Inhalte einer internen Chatgruppe nicht weitergebe“, erklärt Schneider.
Auskunftsfreudiger dagegen ist Schneider hinsichtlich der Themen, Abschiebungen und dem umstrittenen Geheimtreffen. „Dass die AfD das Thema [Anm. d. Red.: Abschiebungen] aufgreift und dabei auch rhetorisch überspitzt, ist letztlich eine Reaktion auf die Ankündigungspolitik, ohne dass dieser Taten folgen. Genau hier würde ich auch Kalender und Video einordnen. Ich persönlich würde das Video und Kalender nicht weiterverbreiten, sehe aber auch keinen Grund, dies zu untersagen“, so Schneider.
Und das Treffen zum Thema „Remigration“? Das werde laut Schneider übertrieben dargestellt. Correctiv sei keine Quelle, die Ansprüchen journalistischer Neutralität entspreche. Vielmehr vertrete man bei dem Recherchenetzwerk „klar linkem Haltungsjournalismus“. Schneider erhebt gar den Verdacht, dass die Berichterstattung auf „sinnentstellender Verkürzung von Mitschnitten beruht“. Auf die vermeintlichen Inhalte des „Remigration-Masterplan-Treffens“ geht der Gelsenkirchener indes nicht ein. Nur so viel: „Grundsätzlich möchte ich klar feststellen, dass Abschiebungen, Aufhebung von Aufenthaltserlaubnis und selbst die Aberkennung der Staatsbürgerschaft im Rahmen unserer Verfassung und internationalen Rechts möglich sind. Diesen Rechtsrahmen verlassende Forderungen lehne ich ab, sie sind auch nicht mit dem Programm der AfD vereinbar.“