Ab dem kommenden Jahr soll es auch in Gelsenkirchener Schule kostenloses Obst für die Kinder geben. Grundsätzlich eine gute Sache, finden die Lehrer. Allerdings solle das Schulobst nicht die Eltern von ihrer Verantwortung für die gesunde Ernährung der Kinder entbinden.

Stellen wir uns mal ein Schulkind vor. Nennen wir es Paul – viele Kinder heißen schließlich Paul. Wenn unser Paul morgens zur Schule geht, packen ihm seine Eltern eine Frühstücksdose. Darin findet Paul ein leckeres Vollkornbrot, geschnittene Äpfelchen, vielleicht etwas Paprika, oder auch mal ein wenig Kohlrabi. Weil Paul sich so gesund und ausgewogen ernährt, kann er im Unterricht aufpassen.

Weil es aber vielen anderen Kindern nicht so gut geht wie Paul, hat der Bundesrat in der vergangenen Woche ein Programm für kostenfreies Obst an Schulen verabschiedet. Wahrscheinlich ab dem kommenden Schulhalbjahr sollen auch Gelsenkirchener Kinder regelmäßig mit frischen Vitaminen versorgt werden.

Die Initiative Pausenbrot der Gelsenkirchener Tafel ist bereits jetzt mit dieser Mission unterwegs. Geschäftsführer Hartwig Szymiczek und seine Mitarbeiter liefern seit 2006 Pausenbrote, Obst und Gemüse an bedürftige Grund- und Förderschulkinder. 350 bis 400 Kinder an neun Schulen versorgt die Initiative mittlerweile täglich. „Vor allen Dingen das Obst und Gemüse wird den Lehrern vor Ort aus den Händen gerissen – das ist für die Kinder einfach der Snack der besonderen Art”, sagt Szymiczek. Viele Kinder, so seine Erfahrung, bekommen zu Hause kein Obst – nicht unbedingt, weil das Geld fehle, sondern oftmals auch, weil die Ernährungsgewohnheiten Frisches nicht vorsehen.

Eine Beteiligung der gemeinnützigen Tafel bei der Organisation könne er sich gut vorstellen. „Wir könnten das relativ kostengünstig gestalten”, sagt er.

Jutta Stempel, Leiterin der Grundschule Wanner Straße, arbeitet bereits länger mit der Tafel zusammen. Die neue Schulobst-Initiative stößt bei ihr allerdings nicht auf ungeteilte Begeisterung. „Grundsätzlich halten wir das für sehr angebracht”, sagt sie. „Aber wenn man die Verantwortung zu sehr von den Eltern wegnimmt, hat das auch Nachteile.” So halte die Schule schon jetzt nach, wie oft Kinder den Tafel-Service in Anspruch nehmen – um die Eltern darauf hinzuweisen, dass sie selbst für die gesunde Versorgung ihrer Kinder verantwortlich seien. Ermahnungen, die im Wortsinn Früchte tragen, wie Jutta Stempel bemerkt.

Schulobst findet auch Sabine Grunenberg, Leiterin der Gemeinschaftsgrundschule Haidekamp, einen Haken habe die Sache allerdings: „Schüler essen selten ganze Früchte”. Und wer, fragt sie, wolle sich denn bereit erklären, ansprechende Häppchen zu bereiten?

So weit ist Alfons Wissmann, Leiter des Schulreferats, noch lange nicht. „Ich finde das grundsätzlich eine tolle Idee”, sagt er. Aber: „Beim Schulträger ist noch nichts angekommen.” Über Einzelheiten sei noch nichts bekannt. „Eine Information wäre schon ganz schön”, sagt er. Zweifel, das Obstprogramm könne bei über 80 Schulen und rund 35 000 Schülern kompliziert durchzuführen sein, hat er indes nicht: „Man kriegt heute logistisch alles in den Griff”, sagt er.