Gelsenkirchen. Johannes Paul II. las am 2. Mai 1987 eine Messe im Parkstadion. So ließ ein Gelsenkirchener das Jahrhundertereignis für die Stadt wieder aufleben.

Für Katholiken in Gelsenkirchen, aber auch für die Stadt war es ein Jahrhundertereignis. Der damalige Papst Johannes Paul II. las am 2. Mai 1987 vor 90.000 Besuchern eine Messe im Parkstadion. Das Stadion wurde zur Kirche, zu einem Gastspiel vor einer bis heute nie wieder erreichten gigantischen Kulisse.

Christopher Schmitt, acht Jahre lang städtischer Wirtschaftsdezernent, hat das Ereignis in dem Fußballtempel in seinem Buch „Der Papst im Parkstadion“ nachgezeichnet. Per Bildvortrag in der Flora ließ der in Gelsenkirchen aufgewachsene Hobbyhistoriker die unglaubliche Geschichte wieder wachwerden. Er erinnerte an Zeitzeugen, las aus seinem Buch und berichtete schmunzelnd von außergewöhnlichen Vorbereitungen zu diesem Spektakel, das auch 1,85 Millionen Menschen vor den Bildschirmen verfolgten.

Rund zwei Millionen TV-Zuschauer verfolgen Besuch von Papst Johannes Paul II. im Parkstadion

Beeindruckendes Bild: Ein stilisierter Förderturm umrahmte den Altarbereich im Parkstadion Gelsenkirchen.
Beeindruckendes Bild: Ein stilisierter Förderturm umrahmte den Altarbereich im Parkstadion Gelsenkirchen. © Foto: Gill

Schmitt, selbst Katholik, gehört nicht zu denen, die ein inniges Verhältnis zur Kirche unterhalten. Es war die einmalige Geschichte, die ihn faszinierte und schließlich zu seinen Recherchen führte. Bei fachlichen Diskussionen über den Arena-Park sei auch immer der Papst-Besuch ein Thema gewesen, erinnert sich der 55-Jährige. Bei Recherchen im Bistum wie auch im Institut für Stadtgeschichte wurden Schmitt die Dimensionen dieses außergewöhnlichen Besuchs deutlich.

Damals, so Schmitt, repräsentierte die katholische Kirche noch eine starke Volkskirche. Dem Ruhrbistum, das den Besuch angeregt hatte, sei daran gelegen gewesen, den Charakter des Arbeiterbistums herauszustellen. Der Rückgang der Montanindustrie und der damit verbundene Anstieg der Arbeitslosigkeit sollten als Themen vom Papst aufgegriffen werden. In sechs Projektgruppen hatte das Bistum die Regularien für den Papstbesuch festgelegt. Die Stadt war immer vertreten. In der städtischen Bauakte sind Protokolle über 14 Sitzungen festgehalten.

Der Papst auf Schalke – Verwaltung lässt freches Bäder-Plakat mit Plane verdecken

Doch bevor der Papst den heiligen Rasen nach einem Anflug mit dem „Holy-Copter“ gegen 17.05 Uhr betreten konnte, mussten vorher Holzplatten verlegt werden. Die Stadtverwaltung, weiß der Autor, hatte in einem Gutachten ermitteln lassen, wie lange die hölzernen Provisorien wohl liegenbleiben könnten, ohne dass der Rasen beschädigt werden würde. Der Spruch an der Bande „Das Paradies befindet sich gleich nebenan“, verschwand hinter einer Plane. Den Hinweis auf das benachbarte Sportparadies hielt die Stadt nicht recht für zweckmäßig. „Die Rolle der Stadt“ definierte sich doch mehr über das Parkstadion.

Den Besuchern bot sich trotzdem ein beeindruckendes Bild. Ein stilisierter Förderturm umrahmte den Altarbereich. Die Verwurzelung mit der Region sei auch am Altar deutlich geworden, berichtet Schmitt. Gefäße seien aus Vebaglas hergestellt, der Papstkelch aus Kruppstahl gefertigt worden. Statt Kerzen leuchteten sieben Grubenlampen auf dem Altar. Allein 10.000 Aktive, darunter viele Vertretungen katholischer Vereine, hatten ihre Rolle unter den 90.000 Besuchern auszufüllen. 2000 Pfadfinder vertraten in ihrer Kluft voller Stolz die einzelnen Stämme, 5000 Choristen gestalteten die Messe mit. Schmitt: „570 Ehrengardisten, 500 Ministranten und 400 Kommunionhelfer gehörten zur Stammmannschaft. Für den Schutz des Kirchenoberhauptes waren 900 Polizeibeamte im Einsatz.

Das kostete der Papstbesuch im Parkstadion – so rechnete die Kirche

​Ehrenmitgliedschaft für Papst Johannes Paul II. Übergabe der Mitgliedsurkunde: (v.l.n.r.): Franz Kardinal Hengsbach, Olaf Thon, Walter Junghans, Rolf Rüssmann, Herbert Schmitz, Klaus Täuber.
​Ehrenmitgliedschaft für Papst Johannes Paul II. Übergabe der Mitgliedsurkunde: (v.l.n.r.): Franz Kardinal Hengsbach, Olaf Thon, Walter Junghans, Rolf Rüssmann, Herbert Schmitz, Klaus Täuber. © Foto: FC Schalke 04

Als Assistent der Moderatoren gehörte auch Markus Pottbäcker, der heutige Stadtdechant, zu den aktiven Teilnehmern. Als Ehrengast war auch der aktuelle Stadtdirektor Luidger Wolterhoff im Stadion.“ Zufrieden hatte sich das Bistum mit dem Kostenaufwand in Höhe von 967.000 Mark gezeigt. Domkapitular Grave, der spätere Weihbischof, hatte genau gerechnet: 41 Pfennig an Kosten fielen auf jeden Katholiken im Bistum für den hohen Besuch.

Eine groteske Note bekam die Eintragung des Papstes ins Goldene Buch der Stadt. Der Füller, mit dem Johannes Paul seinen Namenszug ins Buch setzte, sollte besonders repräsentativ sein. Ein solches Schreibgerät gab’s wohl im städtischen Fundus nicht. „Der Füller war ausgeliehen“, hat Schmitt herausgefunden. Er musste später dem Schreibwarenhändler Capelle wieder zurückgegeben werden.

Papstbuch ist aktuell vergriffen

Dr. Christopher Schmitt wurde 1968 in Gelsenkirchen geboren, machte am Leibniz-Gymnasium sein Abitur. Als Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes war er auch Mitgründer der Wirtschaftsinitiative Gelsenkirchen. Acht Jahre lang war er Wirtschaftsdezernent der Stadt Gelsenkirchen.

Seit 2022 ist er Geschäftsführer der Hagen Wirtschaftsentwicklung GmbH. Das Buch „Der Papst im Parkstadion“ ist 2020 im Klartextverlag erschienen. ISBN 978-3-8375-2194-9. Es ist zur Zeit vergriffen. Einige Exemplare sind noch im Hans-Sachs-Haus vorhanden.

So eindeutig geklärt werden konnte nicht, wer denn nun der Initiator für die Ehrenmitgliedschaft des Papstes bei Schalke 04 war. Die Mitgliedsnummer 00800200 existiert jedenfalls. Der Verein ist überzeugt: Mit seinen Segenswünschen zur Eröffnung der Arena-Kapelle habe der Papst seine Verbundenheit zu Schalke 04 deutlich zum Ausdruck gebracht und die Mitgliedschaft wohl stillschweigend angenommen.

Als der Papst schließlich gegen 21.30 Uhr wieder den „Holy-Copter“ bestieg, hatten eifrige Helfer vorgesorgt und die Aschenbahn gewässert. Der Heilige Vater sollte nicht wie bei der Ankunft erneut in einer Staubwolke untertauchen. „Die Menschen, die Zeugen der Open-Air-Messe wurden, werden sich mit Freude an den Papst im Parkstadion erinnern“, ist Christopher Schmitt überzeugt. Doch diese erlebte Performance sei nicht wiederholbar. Schmitt: „Heute erleben wir eher ein letztes Aufbäumen der Volkskirche.“