Gelsenkirchen-Buer. Bestattungen Bergermann aus Gelsenkirchen-Buer feiert 150. Geburtstag. Der Geschäftsführer verrät, was sich in Sachen Trauer alles verändert hat.

Wenn ein Unternehmen seinen 150. Geburtstag feiert, dann darf man davon ausgehen, dass die verschiedenen Menschen, die die Firma in den vergangenen 15 Jahrzehnten geführt haben, viele Dinge richtig gemacht haben. Das trifft mit Sicherheit auf die Firma Bestattungen Bergermann in Gelsenkirchen-Buer zu. 150 Jahre sind eine lange Zeit, in der sich im Bestattungswesen viel verändert hat. „Bestatter ist ein sicherer Beruf – gestorben wird immer“, heißt es zwar. Der Beruf ist aber im Laufe der Jahre deutlich vielfältiger geworden.

1873 hatte der Tischlermeister Johannes Bergermann in Buer die Firma gegründet, als Schreinereibetrieb mit Sargmagazin. Das war damals durchaus üblich: Bestatter waren oft Handwerker, die vor allem die Särge zimmerten. Doch schon in der zweiten Generation begannen die Bergermanns, sich zu spezialisieren: Johannes’ Sohn Leonhard beschritt den Weg Richtung Bestattungsunternehmen. 1961 übernahm dessen Sohn Leonhard junior die Leitung der Firma.

Gelsenkirchener Bestatterfirma noch immer in Familienhand

Im Ausstellungsraum von Bestattungen Bergermann kann man sich einen Überblick über die verschiedenen Urnengestaltungen holen.
Im Ausstellungsraum von Bestattungen Bergermann kann man sich einen Überblick über die verschiedenen Urnengestaltungen holen. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

„Da er keine Kinder hatte, verkaufte er das Unternehmen im Jahr 1991 an die Familie Menge aus Duisburg“, berichtet Simon Urbanski. Der 34-Jährige leitet das Unternehmen heute gemeinsam mit seinem Stiefbruder Stefan Menge, beide sind Bestattungsmeister. Da der Name Bergermann aber im Gelsenkirchener Norden und darüber hinaus ein Begriff geworden war, behielten die Menges den alten Namen bei. Auch andere traditionsreiche Bestattungshäuser in Gelsenkirchen gehören mittlerweile zum Unternehmen, tragen aber weiter ihre alten Namen: Werdelmann, Münstermann, Nehrkorn und Richmann.

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Simon Urbanski ist mit dem Thema Tod und Bestattung groß geworden – „darüber wurde zuhause selbstverständlich auch am Küchentisch gesprochen“, sagt er. 2012 hatte er bei Bestattungen Menge in Duisburg seine Ausbildung begonnen, seit 2017 ist er gemeinsam mit Stefan Menge Geschäftsführer bei Bergermann. Auch seine Frau Verena arbeitet im Unternehmen: „Die Firma wurde auf dem Zusammenhalt der Familien gegründet“, sagt er, „das setzen wir auch heute fort.“

Das hat sich in Sachen Bestattungen im Laufe der Zeit alles geändert

Die Grundvoraussetzungen für den Beruf des Bestatters seien nach wie vor Einfühlungsvermögen und Zuverlässigkeit, und das würde bei Bergermann auch gelebt, sagt Urbanski. Sich das stets vor Augen zu führen, sei einer der Gründe, warum das Unternehmen auch nach 150 Jahren noch am Markt sei. „Bei einer Trauerfeier ist wichtig, dass alles von vorneherein richtig läuft: Wir haben nur eine Chance, schließlich kann man so eine Bestattung nicht wiederholen“, so der Geschäftsführer.

Viel habe sich in den 150 Jahren verändert. „Der Beruf ist deutlich bürokratischer geworden“, fasst Simon Urbanski zusammen: Der Trend gehe weg vom reinen Handwerk und mehr in Richtung Dienstleister: „Über die Beisetzung hinaus gibt es einfach sehr viel zu organisieren.“ Eine weitere Beobachtung, die der Bestatter macht: „Die Gestaltung der Trauerfeier ist viel individueller geworden.“ Früher seien Beerdigungen weitgehend konfessionell geprägt gewesen. Heute dagegen sei das längst nicht mehr immer der Fall, Angehörige kämen immer öfter mit eigenen Ideen, wie sich die Trauerfeier gestalten ließe.

Diese Kritik übt Simon Urbanski an der Bestatterbranche

Bei einer der außergewöhnlichsten Trauerfeiern, an die sich Simon Urbanski erinnern kann, wurde am (geschlossen) Sarg ein Essen serviert. „Natürlich haben wir vorher klären lassen, dass hygienisch alles in Ordnung war“, so Urbanski. Ein großer Raum im Untergeschoss des Betriebes lässt Trauerfeiern mit bis zu 50 Personen zu.

Urbanski begrüßt das. Er sei offen für viele Gestaltungsmöglichkeiten, natürlich im Rahmen des guten Geschmacks. Persönlich finde er es beispielsweise immer schön, wenn Angehörige selbst ein paar Worte auf der Trauerfeier sagen – „ich weiß natürlich, dass das nicht jeder kann“, fügt er hinzu. Ein wenig Kritik an seinem Berufsstand äußert er allerdings auch. Er plädiert dafür, dass sich seine Kollegen neuen Wegen beim Thema Bestattung öffnen. „Die gesamte Branche ist sehr langsam und ziemlich konservativ“, findet er, „das sind die meisten Menschen allerdings nicht.“

Einen Einblick, wie es denn hinter den Türen eines Bestatters aussieht, konnte man sich am Freitag vergangener Woche machen: Das Unternehmen hatte zur Geburtstagsfeier in die Räumlichkeiten an der Hagenstraße eingeladen. In verschiedenen Räumen informierten große Aufsteller über Bestattungsrituale aus aller Welt, und natürlich konnten sich die Besucherinnen und Besucher auch die Urnen und Särge anschauen. Urbanski wirbt für einen offenen Umgang mit dem Thema. „Ich finde es wichtig, dass man sich mit dem Thema Trauerfeier und Abschiednehmen auseinandersetzt. Jeder sollte das machen.“