Gelsenkirchen. Ob Zähne zeigen oder Ultraschall üben – die Seelöwen im Gelsenkirchener Zoo absolvieren zweimal täglich eine Übungseinheit mit ihren Pflegern.

Ihre großen, dunklen Augen können betören, ihr Charme ist einnehmend und als Krönung verteilt sie sogar Küsschen – an gute Freunde, aber auch an Besucher: Seelöwin Franzi weiß sich beim Besuch des Medical Trainings wirklich gut zu verkaufen.

Zweimal täglich trainieren die Tierpfleger mit den aktuell 13 Seelöwen in der Zoom-Erlebniswelt. Die meisten Übungen dienen der guten Zusammenarbeit von Tier und Mensch im Falle einer medizinischen Untersuchung. Einige Übungen zielen aber auch auf den Spieltrieb der Tiere ab. Um loslegen zu können, müssen die quirligen Tiere erst einmal hinter die Kulissen „gehupt“ werden. Tierpfleger Florian Beutel öffnet die Tore, ruft sie laut und betätigt dazu eine Handhupe. Unter deren Klängen mischen sich die Laute der Seelöwen, die ein bisschen wie lautes Gebell klingen.

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Nun betritt Franzi die Bühne. Sie folgt Florian Beutel tatsächlich wie ein Hund. Die Seelöwin wird in ein Gehege gebracht. Allerdings, das Wichtigste fehlt noch: Ein großer Eimer voller Fische. Ohne Leckerchen geht nämlich nichts in so einer Trainingseinheit. Wobei Franzi so artig ist, dass sie sich nicht selbst bedient. Meistens. Einmal, als sie sich unbeobachtet fühlt, versucht sie doch ihr Glück und wird sogleich ermahnt.

Zu Beginn des Trainings wird die Seelöwin „stationiert“. Bedeutet, Florian Beutel sitzt vor ihr auf dem Boden, hält die rechte Faust hin und gibt ein Kommando. Auf jenes hin stößt Franzi mit der Nase an die Faust und verharrt ganz still und geduldig, bis sie das Signal bekommt, dass sie sich wieder bewegen darf – und einen ersten Fisch. „Auf dieser Übung baut alles auf“, erzählt der Tierpfleger und verrät, dass es manchmal schon harte Arbeit ist, diesen ersten Schritt zu erreichen. Das hänge auch ein bisschen von der gegenseitigen Sympathie ab. „Zwischen Franzi und mir gibt es eine echte Bindung“, sagt er. Und das sieht man auch. Das Tier ist voller Vertrauen und macht routiniert alle Übungen mit.

Viele mögliche Untersuchungen durch die Tierärztin werden jetzt durchgespielt. Mal muss das Tier ganz ruhig auf dem Rücken liegen und seinen Bauch herzeigen wie fürs Ultraschall. „Sie war vorletztes Jahr scheinträchtig. Deswegen war das eine wichtige Übung.“ Dann muss Franzi im Sitzen ihre vorderen Flossen herzeigen, als ob sie untersucht würden. Alles wird immer wieder mit einem Fisch belohnt.

„Das Medical Training ist wichtig, damit wir unsere Tiere nicht für jede Untersuchung in Narkose legen müssen“, erklärt Franziska Gerk, die Pressesprecherin der Zoom-Erlebniswelt. „Wir machen das bei vielen Tierarten, besonders bei den größeren, bei denen das Risiko besteht, dass die Narkose schlimmer ist als die eigentliche Behandlung.“ So könnten einige Diagnostiken und kleine Behandlungen völlig stressfrei für alle bewältigt werden.

Franzi hat kohlrabenschwarze Zähne

Derweil geht das Training weiter. Die Übung jetzt hat schon etwas von Artistik: Franzi steht auf ihren Hinterflossen mit dem Bauch an der Wand. Mit ihren ausgestreckten Vorderflossen stabilisiert sie sich etwas, während Florian Beutel sie am ganzen Körper abtastet. „Das ist wichtig um zu sehen, ob die Muskulatur vorhanden ist. Zudem könnte man so auch die Organe schallen.“ Eine weitere Übung erlaubt nun auch den Gästen besondere Einblicke. Auf ein Handzeichen hin öffnet Franzi ihr Maul und hält es offen wie beim Zahnarzt. Genau dies soll so geübt werden. Die große Überraschung: Die Seelöwen-Dame hat kohlrabenschwarze Zähne. Kein Problem, beruhigt der Pfleger. „Das liegt am Fisch. Durch die Mineralien und Spurenelemente werden die Zähne mit der Zeit so dunkel. Zur Welt kommen Seelöwen mit weißen Zähnen.“

Die Seelöwen-Dame hat kohlrabenschwarze Zähne. Kein Problem, beruhigt der Pfleger. „Das liegt am Fisch.“
Die Seelöwen-Dame hat kohlrabenschwarze Zähne. Kein Problem, beruhigt der Pfleger. „Das liegt am Fisch.“ © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Jetzt zeigt Franzi ein Kunststückchen: Sie gibt auf Kommando Florian Beutel einen Schmatzer auf die Wange. Wie sich die dicken Schnurrbarthaare im Gesicht anfühlen? Das darf der Besuch am eigenen Leib erfahren. Es kommt zu einem Aufeinandertreffen der besonderen Art. Mit Fisch klappt das Kennenlernen gut und entspannt. Wieder wird die Seelöwin an der rechten Hand positioniert. Wenig später kann sie mit der linken Hand gestreichelt werden.

Zum Abschied wird abgeklatscht

Das Fell ist seidig weich. So wie die dicken Barthaare, die gleich darauf mitsamt Nase im Gesicht landen. Das klappt doch gut. Da können die neuen Bekannten sich gleich abklatschen. Wenn man die rechte Hand hinhält, gibt Franzi nämlich quasi „Pfötchen“. Nur, dass sie dies recht energisch tut und es wirklich mehr ist als wolle sie abklatschen.

Dann ist die Trainingsstunde beendet. Die Seelöwen haben jetzt Freizeit, bis am Mittag die nächste Einheit ansteht. Eine Aktivität, die nicht nur sinnvoll ist, sondern dem Spiel- und Bewegungstrieb der Tiere auch entgegenkommt. Die Zusammenarbeit mit dem Menschen ist zwar nicht natürlich, aber auch nicht ganz abwegig. „Seelöwen sind dem Menschen nicht abgeneigt“, sagt Florian Beutel. Auch in der freien Wildbahn sei das zuweilen zu beobachten. Jedoch: „Sie arbeiten auch hauptsächlich für den Fisch.“

Wer die Seelöwen in Aktion sehen will, kann täglich um 14 Uhr zu einer Vorführung kommen.