Gelsenkirchen. Eine Hochburg der Clan-Kriminalität ist Gelsenkirchen. Die Situation hat sich laut Innenministerium hier und in NRW verschärft. Das Lagebild.
- Gelsenkirchen bleibt eine Hochburg der Clan-Kriminalität.
- Die Zahl der Straftaten hat um rund sieben Prozent zugenommen.
- Die Polizei verzeichnet ein hohes Maß an Gewaltbereitschaft bei den Clans – Messer, Teleskopschlagstöcke oder Schusswaffen.
Gelsenkirchen bleibt eine Hochburg der Clan-Kriminalität. Die Emscherstadt ist nach Essen und Recklinghausen weiterhin die am höchsten belastete Kommune in NRW, das geht aus dem aktuell veröffentlichten Lagebild Clan-Kriminalität für das Jahr 2022 hervor. Immerhin fällt die Zunahme in Gelsenkirchen um fast zwei Drittel geringer aus als im Land. Landesweit stieg die Anzahl der Straftaten um rund 20 Prozent an.
Clan-Kriminalität in Gelsenkirchen: Zahl der Straftaten steigt um rund sieben Prozent
Wie das von Herbert Reul (CDU) geführte Innenministerium gerade vorgestellte neue Lagebild „Clan-Kriminalität“ zeigt, ist hier die Zahl der erfassten Straftaten von 391 auf 436 und damit um 6,6 Prozent (+45) im vergangenen Jahr gestiegen. Im Visier der Ermittler in Gelsenkirchen standen dabei 270 Tatverdächtige, im Jahr davor waren es 263.
Teilen krimineller Clanangehöriger attestiert die Polizei ein „hohes Maß an Gewaltbereitschaft“, das durch Waffen wie beispielsweise „Messer, Teleskopschlagstöcke oder Schusswaffen“ unterstrichen werde. Opfer und Zeugen, die bereit zu einer Aussage oder einer Anzeige seien, würden durch Androhung von Gewalt massiv eingeschüchtert – insbesondere wenn es um die Ehre der Familie oder deren Interessen geht.
Landesweit wurden für das Jahr 2022 insgesamt 6573 Straftaten und 4035 Tatverdächtige aktenkundig, ein Plus von 20,3 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr stieg damit auch die Zahl der mutmaßlichen Täter um 11,2 Prozent. Die Verdächtigen sind laut Lagebild überwiegend männlicḧ (81,1 Prozent) und meistens zwischen 26 und 30 Jahre alt.
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Die meisten Taten wurden 2022 – immer noch – im Ruhrgebiet begangen. 736 waren es in Essen, es folgen Recklinghausen (551), wie erwähnt Gelsenkirchen (436), Bochum (389), Duisburg (372) und Dortmund (329). Zum Vergleich dazu:Gelsenkirchen: So hoch war die Clan-Kriminalität 2021
Straftaten-Spektrum: Raub, Menschenhandel, Zwangsprostitution oder Zwangsarbeit
Im Jahr 2022 hatten laut Landeskriminalamt 2156 tatverdächtige Clan-Angehörige (53,4 Prozent) die deutsche Staatsangehörigkeit, 672 (16,7 Prozent) die syrische, 550 (13,6 Prozent) die libanesische. Rohheitsdelikte (beispielsweise Raub oder Körperverletzung) und Straftaten gegen die persönliche Freiheit – darunter fallen beispielsweise Menschenhandel, Zwangsprostitution, Kindesentführung und Zwangsarbeit – machen nach Angaben des LKA 30,9 Prozent aller Taten aus.
14,9 Prozent waren Vermögens- und Fälschungsdelikte, 14,6 Prozent Diebstähle. Die Statistik zählt auch 24 „Straftaten gegen das Leben“, darunter Mord und Totschlag – wobei Versuche mit dazu zählen. Wie viele Tote es tatsächlich gab, geht aus dem Lagepapier nicht hervor.
Clan-Kriminalität: Großteil der Straftaten im nahen Umkreis vom Wohnort begangen
Platz drei belegt Gelsenkirchen auch in der Rubrik Wohnort. Im Zusammenhang mit Clan-Kriminalität ordnet das Ministerium 307 Tatverdächtige der Emscherstadt zu, für Essen sind es 504 und für Recklinghausen 415. Unter den Tatverdächtigen in Gelsenkirchen befinden sich auch Mehrfachtäter. Demnach haben 258 von ihnen sich weniger als vier Straftaten zu Schulden kommen lassen, 14 haben mindestens fünf Straftaten begangen.
Auffällig ist die enge Verknüpfung von Wohnort und Tatort. Im Umkreis von fünf Kilometern, also in Wohnortnähe der Tatverdächtigen, wurden fast zwei Drittel (63 Prozent) aller Straftaten begangen.
Gewonnene Gelder aus Straftaten werden unter anderem zum Erwerb von Luxusgütern, Autos und Immobilien genutzt. Die Bezahlung der Immobilien erfolgt nach Erkenntnissen des LKA teils aus dem Ausland oder durch Barzahlung. Partiell verfügten die Käuferinnen und Käufer, die auch teilweise als Strohleute identifiziert wurden, nur über geringe legale finanzielle Mittel oder bezogen staatliche Unterstützungsleistungen.