Gelsenkirchen-Horst/-Scholven. Bei Autos heißt es Inspektion, bei großen Industrieanlagen Revision. Eine der größten und teuersten in Europa findet bald in Gelsenkirchen statt.
„Etwas Vergleichbares gibt es in Europa nicht“, da ist sich Marc Schulte, Pressesprecher von BP, sicher. Nicht weniger als das komplette Raffinerie-Werk in Horst und Teile des Werkes in Scholven der „Ruhr Oel Raffinerie“ stehen im Herbst still. Und zwar für eine der umfangreichsten und größten TÜV-Revisionen im europäischen Raffineriesektor in diesem Jahr. Während des Stillstands werden die Industrieanlagen gereinigt, überprüft und bei Bedarf repariert.
Kontrolle der Gelsenkirchener Raffinerie-Werke mit 4000 regionalen Zusatzkräften
Zwei bis drei Jahre im Voraus haben Stillstandsmanager Thomas Jaud und sein Team das Mammut-Projekt geplant, das Anfang September beginnt und etwa „vier bis sechs Wochen dauern soll“. Wie gigantisch das Vorhaben ist, lässt sich schon an dem Umstand bemessen, dass etwa 10.500 Anlagenteile einer intensiven technischen Überprüfung unterzogen werden müssen. Rund 4000 zusätzlich Fachkräfte aus der Region unterstützen die werkseigenen Mitarbeiter, Heerscharen von Technikern, Handwerkern und anderen Fachkräften – vom „Gerüstbauer über den Schweißer bis hin zum Ingenieur“, sind also zu koordinieren. Lesetipp:Mega-Bauvorhaben wird immer realistischer
Das ist die größte Herausforderung – „Koordination von 1,4 Millionen Mannstunden“
Zur Verdeutlichung der größten Herausforderung nutzt Schulte einen Vergleich aus der Formel eins: „Bei einem Boxenstopp im Rennsport müssen in kurzer Zeit die Handgriffe von sechs bis acht Personen sitzen. Bei einem Anlagenstillstand müssen die Handgriffe von gut 4.000 Mitarbeitenden im Stillstandszeitraum sitzen. Im Klartext heißt das: 1,4 Millionen Mannstunden perfekt zu koordinieren – das ist die größte Herausforderung.“
Das bedeutet aber auch mehr Verkehr, insbesondere während der Schichtwechsel-Zeiten gegen 6.30 Uhr und 17 Uhr rund um das Werk Horst. „Der Werksverkehr wird nach Abstimmung mit der Stadt vor allem über die Straßen Kärntner Ring/Hügelstraße beziehungsweise An der Rennbahn/Gelsenbergstraße geleitet“, erklärt Schulte die angedachten Maßnahmen zur Entlastung. Zusätzliche Parkflächen werden für die Dauer der Revision daher geschaffen.
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Für die Revision werden die Industrieanlagen „komplett geöffnet und untersucht“, so der Pressesprecher weiter. Die durchgespülten Rohrleitungen beispielsweise, Dutzende Kilometer lang, werden mit Röntgengeräten auf etwaige (Haar-)Risse durchleuchtet. Auch die Pumpen, in Einzelteile zerlegt, werden auf Herz und Nieren geprüft. Nach bestandener TÜV-Abschlussprüfung wird die Betriebserlaubnis um weitere fünf Jahre verlängert.
Groß-Revision kostet um die 50 Millionen Euro – Info-Tag auf Schloss Horst in Planung
Wenn ein Industriekomplex so aufwendig von rechts auf links gedreht wird, im Raum steht ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag, sind Beeinträchtigungen für die Bevölkerung nicht zu vermeiden. BP-Sprecher Schulte dazu: „Neben dem erhöhten Verkehrsaufkommen kann es zeitweilig zu Fackelaktivitäten mit wechselnder Intensität kommen.“ Geruchs- und Geräuschbelästigungen seien die Folgen. Über die Fackel werden Gasströme im System abgeführt und verbrannt, sowohl bei Instandhaltungen als auch bei Betriebsstörungen. Lesetipp:Darum war bei BP so viel Rauch zu sehen
Um Bürgerschaft und Anwohner über die Groß-Revision ausführlich zu informieren, plant BP eine Informationsveranstaltung. Die soll Anfang August stattfinden, wahrscheinlich im Schloss Horst wegen der Nähe zu den Raffinerie-Werken und aus Kapazitätsgründen. Die Planungen sind allerdings noch nicht gänzlich abgeschlossen, die genauen Daten will das Unternehmen rechtzeitig bekanntgeben. „Eine Einladung dazu erfolgt separat per Post“, so Marc Schulte.
Bei Fragen zu möglichen Geruchs- oder Geräuschbelästigungen ist das Umwelttelefon der Raffinerie rund um die Uhr erreichbar. Die Telefonnummer lautet: 0209 366 3588.