Gelsenkirchen-Buer. Ein Professor der WH Gelsenkirchen soll Studenten sexuell belästigt haben. Seit Februar ist er laut Hochschule vorläufig seiner Dienste enthoben.
Ein Professor der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen soll über Jahre männliche Studierende bedrängt und teils sexuell belästigt haben: Darüber hat diese Zeitung am Dienstag exklusiv berichtet. Und auch, wenn an der Hochschule im Norden der Stadt in dieser Woche wegen der bevorstehenden Osterfeiertage nicht viel Betrieb herrscht: Der Vorfall ist natürlich Gesprächsstoff auf dem Campus. Wir haben uns unter den Studentinnen und Studenten umgehört.
„Ja, davon wussten wir“, sagen zwei männliche Studenten, die gerade auf dem Weg zur Bushaltestelle sind. Einer von ihnen gibt an, schon Ende vergangenen Jahres von den Vorfällen gehört zu haben, ohne jedoch konkret zu wissen, um welche Personen genau es dabei ginge. Selbst involviert seien sie aber nicht gewesen.
Kurzer Draht zwischen Studenten und Profs an Gelsenkirchener Hochschule
Ein weiterer Student berichtet, er habe erst durch den WAZ-Bericht von dem Vorgang erfahren – er sei geschockt gewesen von dem, was sich an „seiner“ Hochschule abgespielt haben soll. „Das ist natürlich furchtbar“, sagt er. Er habe sich bewusst für ein Studium an der WH entschieden, weil es hier, anders als an „großen“ Unis wie Bochum oder Duisburg/Essen, sehr viel familiärer zugehe. „Wir sind nicht so viele Studenten hier, der Draht zu den Profs ist sehr viel kürzer, das ist ein Riesenvorteil.“ Das stelle aber, wie in dem Fall jetzt zu sehen, auch die Gefahr dar, dass aus positiver Nähe zu viel Nähe werde.
„Ich habe auch schon vor dem WAZ-Bericht gehört, dass es da etwas Unschönes gegeben haben soll“, sagt ein anderer Student – über den „Flurfunk“ habe er es mitbekommen – „ich habe es sogar über Leute gehört, die schon gar nicht mehr an der Hochschule sind“, gibt er an. Das Thema werde unter den Studentinnen und Studenten durchaus diskutiert. Er betont allerdings, dass es seiner Kenntnis nach das erste Mal sei, dass so etwas vorgefallen sei. Er fühle sich ansonsten an der Hochschule sicher – und wüsste auch, an wen er sich wenden könnte, wenn er in eine vergleichbare Situation geraten würde. „Auf der Internetseite der WH gibt es Informationen darüber, was man tun kann und wer einem dann hilft“, sagt er.
Hochschule enthebt Professor vorläufig seines Dienstes
Dem Professor, um den es geht, werden von sechs Betroffenen aus verschiedenen Semestern Machtmissbrauch und sexuelle Belästigung vorgeworfen. Die Vorwürfe reichen zurück bis ins Jahr 2019, der jüngste Vorfall soll sich im vergangenen Jahr ereignet haben.
In einem Statement verurteilte die Westfälische Hochschule jegliche Form von Diskriminierung, das werde nicht geduldet. Der beschuldigte Professor sei vorläufig seines Dienstes enthoben worden. „Unsere Richtlinie ,Diskriminierungsfreie Hochschule’ bringt das deutlich zum Ausdruck und regelt Prozesse und Ansprechmöglichkeiten, falls dennoch ein Diskriminierungsverdacht aufkommt“, teilte die WH mit.
„Leider müssen wir uns aktuell mit einem Diskriminierungsvorwurf an unserer Hochschule auseinandersetzen. Uns sind von Studierenden Vorwürfe eines grenzüberschreitenden Machtmissbrauchs durch eine lehrende Person zur Kenntnis gebracht worden.“
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Unmittelbar nach Bekanntwerden habe man Maßnahmen ergriffen, um etwaigen weiteren Machtmissbrauchsfällen vorzubeugen. „Der Umgang mit solchen Fällen verläuft dabei entlang klar geregelter dienstrechtlicher Verfahren. Dazu gehört auch – wie in diesem Fall – die vorläufige Dienstenthebung und die Einleitung eines Disziplinarverfahrens.“
Nach der Veröffentlichung in der WAZ am Dienstag, stieg auch der Spiegel in die Recherche ein und berichtet ebenso wie diese Zeitung, dass die Vorwürfe gegen den Dozenten schon seit mehreren Jahren an der Hochschule ein offenes Geheimnis gewesen zu sein scheinen.