Gelsenkirchen. Olaf Schubert hat Humor – und Haltung: Der beliebte Comedian begeisterte das Publikum bei seinem Auftritt am Freitagabend in Gelsenkirchen.

Das Lebenselixier eines Comedians besteht aus einer Portion Plaudermaterial und einer möglichst hohen Dosierung an guten Pointen. Damit diese beim Publikum zünden, müssen sie aber ebenso klug wie genau gesetzt sein. Olaf Schubert erwies sich bei seinem Auftritt am Freitagabend in Gelsenkirchen als ein wahrer Meister des Timings. Und so schaffte es der bekannteste Pullunder-Träger der Republik, der Zeit Flügel zu verleihen: Sein zweistündiger Auftritt vor 620 Besuchern in der restlos ausverkauften Heilig-Kreuz-Kirche verging wie im Schallgeschwindigkeitsflug.

Olaf Schubert zählt im TV zu den Stammgästen bei der „heute-Show“ im ZDF

Bekannt geworden ist Schubert, der mit bürgerlichem Namen Michael Haubold heißt, durch zahllose TV-Auftritte in den vergangenen Jahrzehnten. Zunächst war er regelmäßig im „Quatsch Comedy Club“ oder dem Stand-up-Kulttreff „Night Wash“ im WDR zu sehen. Und seit längerem zählt der 55-Jährige nun auch bei der beliebten „heute-Show“ im ZDF zu den Stammgästen.

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Dort erklärt der Mann aus Dresden gern die Befindlichkeiten und Besonderheiten des ostdeutschen Teils unserer Bevölkerung. Das aber nicht in einem jammernd-mäkelnden Unterton, sondern stets launig, lustig und manchmal auch selbstkritisch und etwas wehmütig. Dieser Mann, er ist der ideale Brückenkopf, um die auch über 30 Jahre nach der Einheit noch immer so unterschiedlichen Landesteile endlich emotional zusammenzuführen. Und nachhaltig zu verbinden.

Gelsenkirchener Publikum identifiziert sich mit seinem kulturellen Vorzeigehaus

Die ausverkaufte Heilig-Kreuz-Kirche in Gelsenkirchen-Ückendorf versetzte auch Comedian Olaf Schubert in ehrfürchtiges Staunen.
Die ausverkaufte Heilig-Kreuz-Kirche in Gelsenkirchen-Ückendorf versetzte auch Comedian Olaf Schubert in ehrfürchtiges Staunen. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Eine Verbindung zum Gelsenkirchener Publikum stellt Olaf Schubert gleich zu Beginn in Sekundenschnelle her. Denn wie alle Gäste vor ihm, ist auch dieser Kreativkopf schwer beeindruckt von der Spielstätte, deren Bühne er da soeben betreten hat. „Wir sind ja wirklich auch schon in den letzten Rattenlöchern aufgetreten. Aber dieses Objekt hier“, sagt Schubert und blickt beinahe ehrfurchtsvoll in Richtung der 22 Meter hohen Decke der Heilig-Kreuz-Kirche, „dieses Objekt ist wirklich wunderschön“. Die Besucher klatschen sofort derart begeistert, als hätte dieses von Herzen kommende Kompliment nicht dem Gebäude, sondern ihnen selbst gegolten. Diese Reaktion dient als Beleg, wie sehr sich die Menschen hier inzwischen mit „ihrem“ Vorzeigehaus identifizieren.

Dann beginnt sie aber wirklich, die „Zeit für Rebellen“ – genau so hat Schubert sein neues Programm getauft. Und in seinem ersten Monolog schildert der Comedian in seiner leicht lakonischen, aber stets auf den Punkt kommenden Art, wie unverschämt weit sich die Schere zwischen Arm und Reich in unserer Gesellschaft geöffnet hat. Immer weniger Menschen hätten immer mehr Geld. „Das ist doch wie beim Monopoly: Wenn einer alle Straßen hat, ist das doch ganz schnell öde“, stellt Schubert fest. Kapitalismuskritik in ihrer spielerischsten Form.

Jochen Barkas und Herr Stephan dienen Olaf Schubert gekonnt als Sidekicks

Herr Stephan spielt auch Trompete: Einer der beiden Sidekicks von Olaf Schubert in Aktion.
Herr Stephan spielt auch Trompete: Einer der beiden Sidekicks von Olaf Schubert in Aktion. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Kritik muss auch Jochen Barkas permanent einstecken. Der Gitarrist sitzt in entspannter Grundhaltung während des gesamten Auftritts neben Schubert auf einem Stuhl. Und wird von seinem Chef gern mit Häme, Spott und Hohn übergossen. Doch seine Bühnenrolle als Zielscheibe und Fußabtreter scheint dem Bartträger überhaupt nichts auszumachen. Im Gegenteil: Mit einer gesunden Mischung aus Gelassenheit und Unerschütterlichkeit lässt er alle verbalen Breitseiten an sich abperlen. Ganz zur Freude des Publikums.

Schuberts anderer Sidekick heißt Herr Stephan. Der erweist sich nicht nur als gekonnter Ansager, um seinen Boss auf die Bühne zu bitten. Sondern auch als Multiinstrumentalist. Ob Bass, Gitarre, Mundharmonika oder Trompete: Herr Stephan liefert ab. Dass Schubert einst ein Musikstudium anfing, aber nicht beendete, hat Spuren hinterlassen: Sieben Songs präsentiert der Maestro. Und meistert dabei gekonnt den Spagat, vom Schlager bis zum Hip-Hop nahezu jedes Genre abzudecken.

Vom Geschlechtsverkehr bis zur klebenden Klima-Generation Uhu

Nicht nur in Songs wie „Mirco und Sabine“ greift Schubert ebenso gern wie beherzt das Thema Geschlechtsverkehr auf – und schafft es, dennoch mit dem Niveau niemals komplett unterhalb der Gürtellinie zu landen. Natürlich kommen auch Themen wie Corona („War das hier überhaupt ein Thema? In Gelsenkirchen kriegst du doch eher Tollwut!“) oder der klebende Kampf gegen den Klimawandel („Meine älteste Tochter gehört zur Generation Uhu“) zur Sprache.

Nach der Pause bekommen auch noch die älteren Damen und Herren im Publikum ihr Fett weg. „Man sieht hier ja schon ganz schön viele Gäste mit erhöhtem Grau-Anteil im Skalpbereich“, scherzt Schubert. Und setzt nach Sekunden der gekonnten Kunstpause noch einen drauf. „Manche nennen den Farbton auch Friedhofsblond.“ Wie gesagt: ein Meister des Pointen-Timings.