Gelsenkirchen. Auch Gelsenkirchen hat sich am Freitag an der „Nacht der Bibliotheken“ beteiligt. In der Stadtbibliothek war ein Bestsellerautor zu Gast.
Dieses Buch ist eine leidenschaftliche Hommage an all die Menschen, die in Buchläden und Büchereien mit großer Liebe Literatur an die Leserschaft bringen. Und es ist eine tiefe Verneigung vor der Magie des geschriebenen Wortes. Was also hätte besser zur „Nacht der Bibliotheken“ gepasst, als Carsten Henns Roman „Der Buchspazierer“? Der 49-jährige Bestsellerautor aus Köln las am Freitagabend in der Gelsenkirchener Stadtbibliothek im Rahmen der 10. NRW-Nacht aus seinem Werk und plauderte über Inspiration, Schreibwerkstatt und familiäre Wurzeln im Ruhrgebiet.
Henn, sonst eher als Krimi-Autor und Weinjournalist bekannt, nennt diesen Roman, der auch von Mut und Freundschaft erzählt, seinen persönlichsten: „Ein echtes Herzensprojekt“. Denn: „Wo wäre ich heute ohne die Leseempfehlungen der Buchhändlerinnen und Buchhändler?“ Gerade in den Zeiten der Pandemie, als auch die Buchläden schließen mussten, hätten viele Händler das so lebenswichtige Futter abends nach Feierabend zu ihren Kunden gebracht. Und viele Leser hätten bewusst ihre Buchhandlungen auf diesem Wege unterstützt. Diesen positiven Effekt erlebte auch die Gelsenkirchener Buchhändlerin Sabine Piechaczek, die bis heute weniger mobilen Menschen die Bücher nach Hause liefert. Sie bestückte am Freitag auch den Büchertisch in der Bibliothek.
Carsten Henn lässt in Gelsenkirchen seinen schrulligen Buchhändler lebendig werden
Carsten Henn startet seine Lesung gleich mit dem ersten Kapitel des Romans: „Es heißt, Bücher finden ihre Leser. Aber manchmal braucht es jemanden, der ihnen den Weg weist.“ Einen wie den Romanhelden Carl Kollhoff. Er ist ein leidenschaftlicher, leicht schrulliger Buchhändler. An jedem Abend liefert er nach Geschäftsschluss und immer zu Fuß ganz besonderen Menschen ihre bestellte Literatur nach Hause. Von jedem kennt er die Interessen und Vorlieben, weiß, dass Ursel Schäfer keine Bücher mit grünen Einbänden mag oder dass Herr von Hohenesch nur Philosophisches bevorzugt. Eines Tages trifft er auf seiner Runde die neunjährige, neunmalkluge Schascha, die ihn ab da ungefragt begleitet und ihm ganz neue Perspektiven auf das Leben und auf seine Leserschaft eröffnet.
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Carsten Henn las in Gelsenkirchen sehr pointiert und unterhaltsam vor einer leider nur kleinen Zuhörerschaft und verriet nebenbei einige Geheimnisse rund um die Entstehung des Romans. So ist die Figur des Buchspazierers von seinem Vater inspiriert: „Er lebt umgeben von Unmengen an Büchern und er verreist wie Carl nie, sondern erlebt die Welt allein durch die Literatur.“
Der Buchspazierer läuft auch durch Gelsenkirchen
Die tiefe Liebe des Vaters zum Buch habe ihn, gesteht Henn, stets beeindruckt und geprägt. Und auch die vorlaute, schlaue Schascha hat ein Vorbild: Es ist die heute 16-jährige Tochter des Autors. „Ich habe die Liebe zu diesen beiden Menschen auf meine Figuren übertragen.“ Erstmals verortet der Schriftsteller seine Geschichte nicht in einer realen, sondern in einer fiktiven Stadt. „So läuft der Buchspazierer auch durch Gelsenkirchen“, verspricht er augenzwinkernd.
Dass auch die Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener Literatur und ihre Vermittler lieben, war deutlich am starken Zulauf zur Nacht der Bibliotheken abzulesen, darunter zahlreiche Kinder. Ob Basteln oder Bücherbörse, ob Beatbox-Workshop oder Clownerie, ob einfaches Flanieren durch die Räume, alle Angebote an der Ebertstraße waren heiß begehrt.
Verein feiert seinen 35. Geburtstag
Im Rahmen der Nacht der Bibliotheken lud der Verein der Freunde und Förderer der Stadtbücherei nicht nur zur traditionellen Bücherbörse ein, sondern feierte auch mit einem Empfang seinen 35. Geburtstag. Auf Initiative des damaligen Leiters der Stadtbibliothek, Hugo Ernst Käufer, fanden sich einst sieben Gründungsmitglieder zusammen, um mit einer Fördergesellschaft die kulturellen und bildungspolitischen Aufgaben der Bücherei tatkräftig zu unterstützen.
Die heutige Vorsitzende Christiane Baring erinnert sich: „Zu den ersten Mitgliedern gehörten unter anderem Ursula Heindrichs, Märchenforscherin und Deutschlehrerin, und Lothar Meyer, Inhaber der Minerva-Buchhandlung.“ In Gründungstagen zählte die Gesellschaft 24 Mitglieder. 2002 wurde aus der Gesellschaft der Verein. Heute gehören ihm 94 Mitglieder an. Der Mitgliedsbeitrag beträgt 20 Euro pro Jahr.