Gelsenkirchen. Ein weiterer Puzzlestein im Kampf um ein besseres Stadtklima in Gelsenkirchen ist die neue Fassadenbegrünung an einem Haus in Schalke-Nord.
Dieses Beet ist nicht wie üblich ebenerdig horizontal angelegt, sondern in der Vertikalen. Es bedeckt von oben bis unten die seitliche Außenwand des Mehrfamilienhauses an der Kurt-Schumacher-Straße 111. Hier, an der Ecke zur Gasstraße in Schalke-Nord, hat die Zukunftsinitiative Klimawerk im Rahmen eines neuen Projektes für eine besondere Fassadenbegrünung gesorgt. Es ist die erste ihrer Art in der Stadt. Die knapp 2400 verarbeiteten Pflanzen sollen künftig nicht nur dabei helfen, den Feinstaub des Verkehrs von der vorbeiführenden Hauptverkehrsachse zu binden. Zudem sollen sie auch das Mikroklima im direkten Umfeld spürbar verbessern.
Stadt Gelsenkirchen ist Akteur in der Zukunftsinitiative Klimawerk
In der Zukunftsinitiative Klimawerk arbeiten Emschergenossenschaft und mehrere Emscher-Kommunen zusammen, darunter auch die Stadt Gelsenkirchen. Sie suchen gemeinsam nach Mitteln und Wegen, um die Folgen des Klimawandels abzumildern und die Lebensqualität in den Wohnquartieren zu steigern. Das sei vor allem in den zu Großteilen versiegelten und überhitzten Innenstädten von immenser Bedeutung, erklärte Stadtbaurat Christoph Heidenreich beim Pressetermin vor Ort.
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Das Land NRW hat dafür einen Fördertopf in Höhe von insgesamt 250 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Damit können und sollen Projekte wie jenes in Schalke-Nord finanziert werden, erklärte Prof. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender von Emschergenossenschaft und Lippeverband. „Es landet noch immer viel zu viel Regenwasser überflüssigerweise in der Kanalisation“, sagte Paetzel. „Wir zeigen hier, wie das auch anders funktionieren kann.“
Geschlossener Kreislauf sorgt für bessere Regenwasser-Nutzung
Denn das Mehrfamilienhaus verfügt nun quasi über einen geschlossenen Wasserkreislauf. Das auf das Dach fallende Regenwasser landet über die Fallrohre in einer Zisterne statt in der Kanalisation. Und bei erhöhtem Aufkommen stehen dort sogar noch weitere Regenwasserspeicher zur Verfügung. Eine im Keller installierte Anlage pumpt das gesammelte Wasser über ein Schlauchsystem die Hausfassade hinauf und sorgt für die Bewässerung der Pflanzen.
„Dafür sind rund 200 Liter pro Tag vonnöten“, sagt Rolf Kerckhoff, der Hausverwalter und Vertreter der Eigentümergemeinschaft dieser Immobilie in Schalke-Nord. Es habe einiges an Überzeugungsarbeit bedurft, bis auch der letzte der insgesamt 14 Wohnungseigentümer dem Projekt zugestimmt hätte, sagte Kerckhoff. Doch letztlich hätten alle mitgezogen.
116.000 der investierten 130.000 Euro waren Fördermittel
Rund 130.000 Euro wurden dort investiert, 116.000 davon seien Mittel aus besagtem Fördertopf gewesen. Den Rest mussten die Eigentümer stemmen. Das Argument, dass die Immobilie durch diese Maßnahme nachhaltig aufgewertet würde, habe letztlich auch die größten Skeptiker im Hause überzeugt, so Kerckhoff.
Die Hoffnung aller Projektbeteiligten ist nun, dass die fertige Begrünung anderen Hausbesitzern und Eigentümergemeinschaften als Vorbild dient und einen gewissen Nachahmungseffekt auslöst. Denn das hier könne nur der Auftakt, der Stein des Anstoßes sein, so Heidenreich und Paetzel. Mit Blick auf die gesamte Stadt brauche es noch viele, viele weitere Fassadenbegrünungen mehr. Sie sorgen in Zeiten des voranschreitenden Klimawandels für zusätzliche Abkühlung und Frischluftzufuhr in den verkehrsgeplagten, zubetonierten Ballungsräumen. Und dienen bei Starkregen zudem als zusätzlicher Wasserspeicher.
Stiftung Schalker Markt ist einer der Initiatoren dieses Projektes
Zu den Initiatoren dieses Projektes gehört auch die Stiftung Schalker Markt. Diese setzt sich ja bekanntlich seit langem auch für eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung in den Stadtteilen Schalke und Schalke-Nord ein. „Wir kennen viele der Hauseigentümer hier im Stadtteil und wollen bei ihnen für dieses Projekt werben, um möglichst viele weitere Mitstreiter zu finden“, sagten Olivier Kruschinski und Bodo Menze vom Stiftungsvorstand. Die Stiftung Schalker Markt sei für mögliche Interessenten – auch aus anderen Stadtteilen – ein möglicher Ansprechpartner. Genau wie die Emschergenossenschaft oder die Stadt Gelsenkirchen.
Etwas Eile sei dabei sogar geboten. Die Fördermittel müssen laut Paetzel bis 2030 verbraucht sein. „Und wir fördern in der Reihenfolge, in der die Bewerbungen für ein solches Projekt bei uns eingehen.“ Soll heißen: Wer zuerst kommt, pflanzt zuerst...
Daten und Fakten zum Projekt
Zur rund 90 Quadratmeter großen Fassadenbegrünung gehört auch noch ein kleiner, eingezäunter Vorgartenbereich, der extra angelegt wurde. Maßgeblich an dessen Bau beteiligt war ein Team der Gelsenkirchener Werkstätten. Alle Projektbeteiligten sprachen einen herzlichen Dank aus.
Laut Bodo Menze von der Stiftung Schalker Markt habe an genau jener Stelle, an der nun besagter Vorgarten zu finden ist, einst über Jahrzehnte ein Blumenladen gestanden. Dieser existiert aber bereits seit Jahren nicht mehr.
Die Fassadenbegrünung hat auch einen positiven Effekt für die Biodiversität, denn künftig finden dort auch Insekten Nahrung. Alle Infos – auch zu den Fördermöglichkeiten – im Netz unter: www.klima-werk.de.