Gelsenkirchen-Erle. Mit einem neuen Projekt hat sich Schalke 04 der eigenen Vereinsgeschichte angenommen. Dabei werden vor allem die sozialen Medien genutzt.

„Geschichte wiederholt sich“, sagt Sebastian Buntkirchen, und als Schalke-Fan darf man das gerade in diesen Zeiten ruhig als tröstende Worte verstehen. Buntkirchen ist auf Schalke Direktor für Fans und Vereinsangelegenheiten, und in seine Verantwortlichkeit fällt ein neues Projekt des Vereins, das die reichhaltige Schalke-Geschichte im Blick hat. Und die enthält eben sowohl Abstiege – aber auch Aufstiege und Erfolge.

Beim Thema Abstieg fällt gerade älteren Schalke-Fans vor allem Charly Neumann ein, Schalkes legendärer Mannschaftsbetreuer, der im Jahr 1981, als Schalkes erster Bundesligaabstieg feststand, einen hemmungslos schluchzenden Fan mit den Worten „Wir steigen wieder auf!“ tröstete. Er sollte Recht behalten, nur ein Jahr später war Schalke wieder erstklassig. Nur um sofort wieder ab- und anschließend wieder aufzusteigen – vielleicht wiederholt sich Geschichte ja wirklich.

Schalke will mit dem Projekt vor allem junge Fans ansprechen

Die Bilder von Charly Neumann und dem weinenden Fan sind bekannt – aber wer weiß denn etwa, dass Schalke-Präsident Günter „Oskar“ Siebert Mitte der 1970er-Jahre der Stadt Gelsenkirchen mit einem Umzug nach Dortmund drohte? Oder dass Vereinsgründer Willy Gies gerade einmal 14 Jahre alt war, als er im Jahr 1904 den Verein mit ein paar Freunden aus der Taufe hob? Diese und viele andere Geschichten kann man jetzt täglich auf Facebook, Instagram und Twitter nachlesen: unter dem Stichwort „S04 Historie“.

„Wie können wir unsere Vereinsgeschichte moderner erzählen?“, hatte man sich im Verein gefragt und ein Konzept entwickelt, mit dem vor allem die Nutzerinnen und Nutzer der sozialen Medien angesprochen werden sollen. „Wir wollen gerade jüngeren Menschen das nahebringen, was Schalke so ausmacht“, sagt Sebastian Buntkirchen. Denn gerade die Bewahrung der Tradition sei auf Schalke immer ein großes Thema und auch etwas, was den Verein von anderen Fußballclubs unterscheide.

Als der Vereinsboss mit dem Umzug nach Dortmund drohte

Schalker Ahnengalerie: Das neue Projekt taucht tief in die Vereinsgeschichte ein.
Schalker Ahnengalerie: Das neue Projekt taucht tief in die Vereinsgeschichte ein. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Die Idee: Ausgehend von einem Stichtag taucht das Team von vier bis fünf Leuten, die sich um „S04 Historie“ kümmern, in die Schalker Geschichte ein, und, um im Bild zu bleiben: „Da gibt es viele Schätze zu heben“, sagt Buntkirchen. Anlass können natürlich runde Geburtstage von Schalker Akteuren sein, oder Tage, an denen besondere Spiele stattgefunden haben. Dabei geht es nach den Angaben der Verantwortlichen vor allem darum, die Geschehnisse um das Spiel abzubilden: „Da gibt es ganz viele spannende Geschichte zu erzählen“, so Buntkirchen.

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Wie die vom angedrohten Dortmund-Umzug: Ausgangspunkt war das Spiel gegen Borussia Mönchengladbach am 2. Februar 1974 im damals ziemlich neuen Parkstadion, das zum ersten Mal ausverkauft war. Eigentlich ein Grund zur Freude, nur nicht für Gelsenkirchens Sportamtsleiter Josef Nerowsky: Um Parkplätze und Spielfeld für die im Sommer anstehende WM zu schonen, findet der, solle Schalke das Parkstadion in der Rückrunde nicht mehr nutzen. „Oskar“ Siebert kontert: Schalke könne ja nach Dortmund umziehen – und das Wort Gelsenkirchen aus dem Vereinsnamen streichen. Der Plan hat nicht lange Bestand: Gelsenkirchens OB Josef Löbbert pfeift seinen Amtsleiter mit den Worten „Einige sollten weniger reden und mehr arbeiten“ zurück.

Meisterschaft 77: Hat Maric wirklich danebengegriffen?

Dabei nutzen die „S04-Historiker“ die Möglichkeiten, die die verschiedenen Kanäle bieten. „Instagram ist ein Medium, bei dem es vor allem auf Bilder und Videos ankommt“, sagt Buntkirchen. Auf Facebook könne man auch längere Texte posten, während es bei Twitter darum gehe, sich auf 320 Zeichen prägnant und möglichst geistreich zu halten. Dabei kann man auf ein reichhaltiges Archiv zurückgreifen, sowohl was Fotos als auch Bewegtbilder angeht.

Buntkirchen verweist jetzt schon auf den Stichtag am 2. April: Da wird es um ein Spiel gegen Saarbrücken im Jahr 1977 gehen, das Schalke mit 0:1 verlor und das als das Spiel gilt, in dem der Verein die Chance auf den Meistertitel vergab. „Es wird immer erzählt, dass Torwart Enver Maric damals einen Kullerball durchrutschen ließ“, so Buntkirchen, und so den Meistertitel verspielte. Jetzt haben wir zum ersten Mal Bilder von dem Tor – und jeder kann selbst entscheiden, ob der Ball wirklich so haltbar war, wie immer alle sagen.“

Sorge, dass ihnen der Stoff ausgeht, haben die Macher nicht. „Schalke ist ein Verein, wo immer was los ist“, sagt Buntkirchen. Dazu gehörten auch die Geschichten, die nicht lustig sind: Der Bundesligaskandal, die Abstiege, der Umgang mit den jüdischen Mitgliedern in der Nazizeit. Die werden auch erzählt. Vielleicht auch, weil man selbst daraus Hoffnung schöpfen kann: „Der Verein war schon oft in schwierigen Situationen“, sagt Buntkirchen. „Aber wir sind immer wieder aufgestanden.“

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