Gelsenkirchen. Nach zwei Jahren Corona-Pause gab es in der Gelsenkirchener Schalke-Arena wieder Biathlon. Zahlreiche Fans nahmen dafür weite Anreisen in Kauf.

Nein, Winter sieht wahrlich anders aus. Das Wort weckt – auch hier im Ruhrgebiet – doch eher Assoziationen, die mit Schnee verbunden sind, mit klirrender Kälte, mit dick eingepackten Menschen, mit Schlittenfahrt und Heißgetränken. Na gut, Heißgetränke und winterlich gekleidete Menschen gab es an diesem Mittwoch rund um die Gelsenkirchener Veltins-Arena in Hülle und Fülle, klirrend kalt war es aber eher nicht. Vor allem nieselte es aus grauen Wolken. Und dennoch: Zahlreiche Menschen füllten das Winterdorf mit Leben und sorgten dafür, dass es trotz Schmuddelwetter seinem Namen alle Ehre machte. Und natürlich gab es auch ein wenig Schnee.

Ohne den ist Biathlon bekanntlich kein Biathlon, aber ein wenig bizarr sieht es schon aus: Eine Loipe aus eigens angeliefertem Schnee zieht sich rund um die Arena, komplett mit kleinen Hügelchen. Doch damit hat man ja Erfahrung in Gelsenkirchen. Als Schalkes Manager-Legende Rudi Assauer im Jahr 2002 mit der Idee um die Ecke kam, in dem Fußballtempel einen Biathlon-Wettbewerb zu veranstalten, gab es nicht wenige Menschen, die ihn für „absolut verrückt“ erklärten. 20 Jahre später sagt das schon lange keiner mehr: Längst hat sich das Event etabliert, ist zum Publikumsmagneten geworden und wegen der einzigartigen Stimmung in der Arena auch bei den Athleten sehr beliebt.

Nach zwei Jahren Pause findet das Rennen wieder in Gelsenkirchen statt

Jasmin (rechts) und ihre Freunde sind vom Niederrhein nach Gelsenkirchen gekommen.
Jasmin (rechts) und ihre Freunde sind vom Niederrhein nach Gelsenkirchen gekommen. © Matthias Heselmann

Doch in den vergangenen beiden Jahren hatte Corona der Veranstaltung einen Strich durch die Rechnung gemacht: 2020 und 2021 war das bayerische Ruhpolding Austragungsort der „World Team Challenge“ gewesen, Zuschauer waren wegen der strengen Corona-Auflagen jeweils nicht erlaubt. 2022 ist es dann endlich wieder so weit: Der Wettbewerb kehrt zurück nach Gelsenkirchen.

„Endlich“, sagt auch Jasmin aus Wesel. Sie ist mit einer Gruppe von Freunden nach Gelsenkirchen gekommen und steht am Bierstand im Winterdorf, einer Art Jahrmarkt, der auf dem Parkplatz P 7 vor der Arena aufgebaut worden ist. Jeder in der Gruppe hat die gleiche, grüne Jacke an: Auf der Brustseite steht der jeweilige Name, auf der Rückseite sind die Besuche beim Biathlon auf Schalke vermerkt, mit Jahreszahl. Hinter der „2020“ ist das Coronavirus abgebildet. „Wir sind jedes Jahr hier“, sagt Jasmin, „das gehört für uns einfach dazu“. Anreiz sei nicht nur der Sport, gibt sie zu: „Wir kommen auch zum Feiern.“

Fans kommen auch aus Bayern ins Ruhrgebiet

Im Winterdorf konnten die Besucherinnen und Besucher auch ihre Geschicklichkeit auf dem Snowboard testen.
Im Winterdorf konnten die Besucherinnen und Besucher auch ihre Geschicklichkeit auf dem Snowboard testen. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Es ist noch früh am Nachmittag, noch kein Sportler hat sich in die Loipe oder an den Schießstand begeben, doch im Winterdorf kocht die Stimmung schon hoch. Seit 12 Uhr legen die DJs Lars Bremken und Sebastian Hup Musik auf, Partymusik, wie beim Après-Ski. „Ihr seid das Ruhrgebiet“, singt Wolfgang Petry – „wer von euch ist denn aus dem Ruhrgebiet?“ fragt einer der DJs. Und etwa die Hälfte der Arme geht nach oben.

Wir taggen GElsen: Videos und Bilder aus Gelsenkirchen finden Sie auch auf unserem Instagram-Kanal GEtaggt und auf TikTok. Oder besuchen Sie die WAZ Gelsenkirchen auf Facebook.

Für die andere Hälfte gilt: Zum Teil nehmen die Besucherinnen und Besucher eine weite Anfahrt auf sich, um beim Biathlon auf Schalke dabei zu sein. Vanessa und Simon etwa. Sie sind aus dem nordbayrischen Aschaffenburg angereist: Die beiden sind Biathlon-Fans und versuchen während der Saison, so viele Wettbewerbe wie möglich zu besuchen. Schon zum dritten Mal sind sie in Gelsenkirchen. „Am Anfang habe ich mir überhaupt nicht vorstellen können, wie Biathlon im Ruhrgebiet funktionieren kann“, gibt Simon zu. Aber schon beim ersten Mal hatte ihn die Stimmung in der Arena begeistert. „Seitdem kommen wir wieder – wenn Corona es zulässt“, sagt er.

Lange Schlangen vor den Schießständen

Eine noch längere Anreise hat die Familie Burkhalter hinter sich. „Sieben Stunden Zugfahrt“, sagt Cyrilla Burkhalter, die mit ihrem Mann Urs und weiteren Angehörigen aus Erlenbach im Simmental nach Gelsenkirchen gekommen ist – aus dem Kanton Bern in der Schweiz. Die Burkhalters haben allerdings auch einen besonders guten Grund für die Reise: Ihr Sohn Joscha ist einer der Teilnehmer, gemeinsam mit seiner Landsfrau Lena Häcki-Groß bildet er ein Team.

Klar, dass sich die Eltern den Auftritt ihres Sohnes live vor Ort anschauen wollten. Sie sei zum ersten Mal in Gelsenkirchen, erzählt Cyrilla Burkhalter. „Eigentlich wollten wir schon einen Tag eher anreisen und uns vielleicht noch eine alte Zeche anschauen“, sagt sie. „Das haben wir aber nicht mehr geschafft – gerne beim nächsten Mal.“

Im Winterdorf trotzen die Besucherinnen und Besucher derweil den widrigen Umständen – zumindest hört es irgendwann auf zu regnen. Neben den obligatorischen Heiß- und Kaltgetränken warten von Bratwurst bis Burger zahlreiche Essensangebote auf die Biathlon-Fans. An einigen Ständen kann man selbst zum (Laser-)Gewehr greifen und einmal erfahren, wie es ist, auf die kleinen Scheiben zu schießen. Das Angebot ist beliebt, vor den Ständen bilden sich lange Schlangen.

Bildschirme zeigen derweil, was in der Arena passiert: Dort beginnt mit der der „Talent Team Challenge“, einem Nachwuchsrennen, der sportliche Teil des Tages. Gegen 21 Uhr, wenn das Rennen vorbei ist, wird der Tag im Winterdorf mit einer Après-Ski-Party ausklingen: Endlich wieder Biathlon auf Schalke.