Gelsenkirchen. Drei Generationen Probst leben im Zirkus zusammen, zwei Generationen prägen ihn aktiv mit. Ein Blick hinter die Kulissen in Gelsenkirchen.

Denkt man an ein mittelständisches Familienunternehmen, hat wohl jeder gleich ein bestimmtes Bild vor Augen. Das eines Zirkusbetriebes ist es aber sicher nicht. Doch der „Circus Probst“ ist genau dies: Ein inhabergeführter Familienbetrieb mit langer Geschichte, die bis 1865 zurückreicht.

Heute ist im Unternehmen mit Reinhard und Brigitte Probst die dritte Generation aktiv. Die vierte Generation übernimmt gerade mehr und mehr Verantwortung. Die Kinder Stephanie und Andreas prägen das Unternehmen schon stark. In den Herzen und auf etlichen Bildern an den Wänden und auf dem Esstisch ist auch die viel zu früh verstorbene älteste Tochter Sonja immer dabei. Und mit Celina, Elena und Leonie steht auch bereits die fünfte Generation bereit, dem Familienunternehmen eine erfolgreiche Zukunft zu sichern. „Wir alle zusammen sind die GmbH“, sagt Brigitte Probst. Wobei da natürlich auch die Partner der Kinder, Stephanies Mann Sergiu und Andreas Frau Michelle, dazugehören.

„Der Zirkus ist wie ein Magnet“

Brigitte Probst selbst ist kein Zirkuskind. „Mein Mann ist meine große Liebe. Für ihn habe ich alles aufgegeben. Ich habe Schreinerin gelernt und sollte den elterlichen Betrieb übernehmen.“ Daraus aber wird nichts. Sie folgt ihrem Mann Reinhard, der damals noch als schmucker Trapezkünstler unter der Zirkuskuppel aktiv ist, zum Zirkus. „Und ich habe es nie bereut. Es gibt so einen Spruch: Wer einmal ein paar Schuhe im Zirkus abgelaufen hat, der kommt nicht mehr weg. Da ist etwas Wahres dran. Der Zirkus ist wie ein Magnet.“

Allerdings, mit dem romantischen Leben, das viele Besucher hier vermuten, sei es so weit nicht her. „Es ist ein anstrengendes Leben. Man muss 24 Stunden präsent sein. Unsere einzige Pause sind vier Wochen im Winter – und da planen wie die nächste Saison.“

Damit der Betrieb läuft, packen alle mit an

Zusammen arbeiten, zusammen leben – und das auf sehr engem Raum: Da muss man als Familie schon viel Verständnis haben füreinander, oder? „Ja“, sagt Brigitte Probst und räumt ehrlich ein: „Man muss schon manchmal aufpassen, dass man sich in das Leben der Kinder nicht zu sehr einmischt. Für meinen Mann gibt es nichts Größeres als den Zirkus. Das ist sein Leben.“ Die Kinder aber hätten schon ganz gern auch mal ein paar Stunden Zeit für ihre Familien.

Damit der Betrieb läuft, packen alle mit an. Wobei die Probst-Frauen deutlich sichtbarer sind. „Die Männer sind die Arbeiter“, scherzt Brigitte Probst. Ihr Mann sei mittlerweile nicht mehr in der Manege, habe auch die Tierdressuren, die stets Aushängeschild der Familie sind, übergeben. „Und mein Sohn Andreas ist der wichtigste Mann hier.“ Denn der 32-Jährige ist der Zeltmeister, ist für die Technik verantwortlich, managt den kompletten technischen und logistischen Part des Unternehmens.

Tochter Stephanie wählt die Artisten aus

„Aber es hat sogar schon mal einen Fernsehbericht gegeben über die starken Frauen von Probst, über die Sonja, die Stephanie und mich.“ Überhaupt seien es in vielen Betrieben die jungen Frauen, die sich vermehrt einbringen, erzählt Brigitte Probst, dass Tochter Stephanie in diesem Jahr erstmals die Artisten für den „Gelsenkirchener Weihnachtscircus“ allein ausgewählt habe, wie sie sich um die Kostüme kümmere, um die ganze Show.

Dass die 35-Jährige selbst mit ihrer emotionalen Pferdedressur ein Teil davon ist, sei einfach das Sahnehäubchen. Schon als Kind habe ihr Herz für die Tiere geschlagen. „Alle anderen haben mit Puppen gespielt, sie hat an der Manege gestanden.“ Zunächst schaut sie zu, dann macht sie mit, lernt vom bekannten Tierlehrer Uwe Schwichtenberg und übernimmt nach dessen Tod mit erst 18 Jahren seine Nummer. Seither arbeitet sie mit ganz verschiedenen Tieren, mit den eigenen Kamelen, Lamas – und natürlich mit den majestätischen Pferden.

Planung und Konzept sind Familiensache

Je mehr Brigitte Probst erzählt, desto deutlicher wird: Es ist schön, wenn Familienmitglieder in der Manege stehen. Unentbehrlich sind sie aber auf den Posten im Hintergrund. Die Planung, die Logistik, der konzeptionelle und programmatische Überbau – das ist hier Familiensache. Die einzelnen Nummern könne man dazukaufen. „Das entscheidet die Familie. Und da haben wir einen hohen Anspruch. Das Zusammenstellen eines guten, abwechslungsreichen und spannenden Programms, das gehört zu den schwierigsten Aufgaben hier im Zirkus.“