Gelsenkirchen-Buer. Lange angekündigt, steht nun der Termin für die Kirchenschließung in Gelsenkirchen-Buer. Warum die Pfarrei St. Urbanus kritisiert wird.

Christen wissen: Advent heißt Ankunft – und Aufbruch. So positiv deutet jedenfalls die katholische Pfarrei St. Urbanus den bevorstehenden Abschied von der St.-Ludgerus-Kirche an der Horster Straße. Rund fünf Jahre nach der Verkündung des entsprechenden Votums steht jetzt endgültig fest, wann das 1915 geweihte Gebäude geschlossen wird.

Wie die Gottesdienst-Besuchenden vor Kurzem erfuhren, soll es am 26. November 2023 aufgegeben werden. Damit endet eine lange Phase der Ungewissheit, denn im Zuge des vom Bistum verordneten Pfarrei-Entwicklungs-Prozesses war Ende 2017/Anfang 2018 nur bekannt gegeben worden, dass die Kirche zunächst bis maximal Ende 2024 weiterbetrieben werden und die Entscheidung dann überprüft werden solle.

Gelsenkirchener Pfarrei schließt St. Ludgerus aus finanziellen Gründen

1915 geweiht, überstand die St.-Ludgerus-Kirche in Gelsenkirchen-Buer an der Horster Straße zwei Weltkriege. Ihre Kirchenfenster stammen noch aus der Anfangszeit – außergewöhnlich in der Emscherstadt.
1915 geweiht, überstand die St.-Ludgerus-Kirche in Gelsenkirchen-Buer an der Horster Straße zwei Weltkriege. Ihre Kirchenfenster stammen noch aus der Anfangszeit – außergewöhnlich in der Emscherstadt. © FUNKE Foto Services | Thomas Schmidtke

Hintergrund ist, wie bei allen anderen Gebäude-Aufgaben, die finanzielle Situation der Kirche vor Ort. Wie berichtet, werden die Pfarreien seit 2018 bei Reparaturen und Sanierungen nicht mehr durch das Bistum unterstützt; Instandsetzungsarbeiten müssen aus Rücklagen finanziert werden, die pro Gotteshaus jährlich zwischen 23.000 und 51.000 Euro betragen. Hinzu kommen der rückläufige Gottesdienst-Besuch und der Priestermangel.

Kurzum: Nun wissen die Gläubigen, dass sie das letzte Mal in St. Ludgerus Weihnachten feiern werden – „Warten und Vorbereitung auf etwas Neues“ inklusive, wie es in der Erklärung heißt, mit der Ludger Klingeberg als Mitglied des ehrenamtlichen Leitungsteams die Gläubigen über den Termin der Schließung informierte. „Und weitere ,letzte Male’ werden folgen – die letzte Kar- und Osterzeit, die letzte Erstkommunion. Wir werden zum letzten Mal Kinder in unserer Kirche taufen und zum letzten Mal werden sich zwei Menschen in dieser Kirche das Sakrament der Ehe spenden.“

Gemeindezentrum und Kindergarten sollen „auf absehbare Zeit“ erhalten bleiben

Dass an dem Aus kein Weg vorbeiführe, sei allen Beteiligten schon lange klar gewesen, betonte Klingeberg im Gespräch mit der Redaktion. „Das ist nicht schön, aber für niemanden neu und unerwartet.“ Insofern hätten die Gläubigen die Nachricht auch „gefasst aufgenommen.“ „Gemeindezentrum und Kindergarten bleiben auf absehbare Zeit erhalten als Anlaufstelle und Räume der Begegnung, wo sich Gemeindegruppen weiterhin treffen und Gemeindeleben gestalten können. Ich denke, das macht es für alle ein bisschen erträglicher.“

Nun gelte es, „ein Jahr lang gemeinsam ganz bewusst Abschied zu nehmen und uns auf das Neue vorzubereiten. Denn klar ist auch: Mit der Kirchenschließung endet ja nicht das Gemeindeleben in St. Ludgerus.“

Gelsenkirchener Gemeindemitglied kritisiert mangelhafte Unterstützung Hauptamtlicher

Unterdessen äußerte sich ein Gemeindemitglied, das anonym bleiben möchte, im Gespräch mit der Redaktion durchaus kritisch zu der aktuellen Entwicklung: Es klagt über eine „mangelnde hauptamtliche Begleitung und Unterstützung von Seiten der Pfarrei“ nach dem Weggang von Gemeindeleiterin Lucia van den Boom Mitte 2020. Wie berichtet, wird St. Ludgerus seither von einem Team aus sieben Ehrenamtlichen geleitet – ein Konzept, das die Pfarrei als Pilotprojekt erprobt, um es womöglich vor dem Hintergrund von Personalmangel auf andere Standorte zu übertragen.

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Wie das Gemeindemitglied kritisiert, habe sich seit Sommer 2020 „keiner aus dem Pastoralteam mehr zuständig gefühlt für St. Ludgerus“, was sich auch in der „von oben verordneten“ Verlegung der Wort-Gottes-Feier von Sonntag auf den späten Samstagnachmittag (17 Uhr) gezeigt habe. Damit habe man einen Rückgang der Gottesdienst-Besucher-Zahlen in Kauf genommen. „Deshalb ist es jetzt tatsächlich so, dass man vor Ort den Schließungstermin traurig, aber gefasst zur Kenntnis nimmt.“

Gelsenkirchener Gemeinde-Akteure wollen Quartiersnetz Buer-Ost gründen

Die ersten Schritte in die neue Zukunft ohne Gotteshaus haben die Ehrenamtlichen vor Ort bereits unternommen: Für das „pastorale Handlungsfeld Sozialraumpastoral“ hat sich ein Team mit Akteurinnen und Akteuren gebildet, die ausloten wollen, wie Kirche im Quartier Buer-Hugo nach der Schließung von St. Ludgerus präsent bleiben kann. „Bei einem ersten Treffen haben wir festgestellt, dass es viele Aktivitäten, aber wenig Vernetzung gibt. Das wollen wir ändern und gemeinsam etwas auf die Beine stellen“, so Klingeberg.

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Daran beteiligen wollten sich Vertretende aus Politik, Schule und Vereinen. „Im Februar soll das nächste Treffen sein, an dem sich weitere Interessierte beteiligen können“, setzt der Mit-Initiator darauf, dass das Engagement der Startschuss für ein Quartiersnetz sein könnte (Kontakt: quartier.hugo@urbanus-buer.de).

Wie das Gotteshaus nach der Schließung genutzt werden könnte, ist noch völlig unklar. Aber sein Denkmalwert dürfte eine Vermarktung schwierig gestalten. Klingeberg: „Das wird sicher eine Herausforderung.“