Gelsenkirchen. Uniper kündigte 2021 einen enormen Stellenabbau bei den Technologie-Standorten in Gelsenkirchen an. So ist die Situation der Betroffenen jetzt.

Uniper steht aufgrund seiner Notlage in der Energiekrise und der jetzt angekündigten Verstaatlichung des Konzerns durch die Übernahme aller Anteile durch die Bundesregierung aktuell bundesweit in den Schlagzeilen. Damit wird auch das Kohlekraftwerk Scholven bald dem Bund gehören. Im Gelsenkirchener Mikrokosmos aber bestimmten Schock-Nachrichten aus dem Unternehmen bereits vor einem Jahr die Stadtgespräche.

Damals kündigte Uniper massive Veränderungen bei den Technologiestandorten in Gelsenkirchen an, die Uniper Anlagenservice GmbH sollte komplett abgewickelt werden. 485 Mitarbeitende wurden von der Entscheidung getroffen, Gewerkschaften rechneten zunächst gar mit 600 wegfallenden Stellen. Wer findet eine Alternative, wer hat weiterhin eine Jobchance im Konzern? Das waren damals die drängenden Fragen, auf die es nun, fast ein Jahr später, konkrete Antworten gibt.

Mit der Verstaatlichung von Uniper ist auch das Kraftwerk in Gelsenkirchen-Scholven künftig in Besitz des Bundes.
Mit der Verstaatlichung von Uniper ist auch das Kraftwerk in Gelsenkirchen-Scholven künftig in Besitz des Bundes. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Über die aktuellsten Entwicklungen bei den Uniper-Umstrukturierungen informierten Michael Jakob Frank, ehemals Geschäftsführer der Anlagenservice und jetzt verantwortlich für die übergeordneten Ingenieursaktivitäten des Konzerns sowie die Betriebsräte André Dyba (Uniper Anlagenservice) und Martin Krimphove (Uniper Technologies) jetzt im Wirtschaftsausschuss.

Aus für Anlagenservice in Gelsenkirchen: Uniper-Manager spricht von „kulturellem Kampf“ im Unternehmen

Frank erläuterte zunächst noch einmal, welche „strategische Entscheidung“ sein Konzern 2021 traf: Uniper wollte sich bei seinen Ingenieurdienstleistungen komplett vom externen Geschäft verabschieden und sich künftig nur noch auf Eigenbedarfe der Uniper-Gruppe konzentrieren – mit „drastischen Konsequenzen“ für den Anlagenservice mit Sitz in Gelsenkirchen, wie Frank betonte.

Denn der Großteil der 485 Beschäftigten dort arbeitete vornehmlich für externe Kunden. Für die Einheit bedeuteten die Pläne das Aus. Mit einem „blauen Auge davon“ kam die Uniper Technologies, die Aufgabe des externen Geschäfts hatte aber auch hier einen Stellenabbau zur Folge. Ebenfalls betroffen von den Plänen war eine Einheit in Großbritannien mit rund 300 Beschäftigen.

André Dyba, Betriebsratsvorsitzender der Uniper Anlagenservice GmbH: „Bis auf 32 Mitarbeitern sind allen Angebote unterbreitet worden“
André Dyba, Betriebsratsvorsitzender der Uniper Anlagenservice GmbH: „Bis auf 32 Mitarbeitern sind allen Angebote unterbreitet worden“ © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Ex-Anlagenservice-Chef Frank zufolge musste die Tochter in Gelsenkirchen lange in einem „kulturellen Kampf im Konzern“ bestehen. Man sei der einzige Teil der Gruppe gewesen, der ein externes Geschäft gemacht hatte – zwar durchaus lukrativ, aber die Engineering-Sparte mit ihrem externen Geschäft sei „ein kleines Rädchen der Bilanz gewesen“, so Frank. Die DNA des Konzerns sei der Betrieb von großen Kraftwerken, da habe das Geschäftsmodell der Anlagenservice nicht zu gepasst. Die Entscheidung, sich von ihr zu trennen, hätte deswegen auch schon lange vor 2021 getroffen werden können. „Aber sie wurde halt im vergangenen Jahr getroffen. Und jetzt sind wir da, wo wir sind.“

Aus für Uniper-Anlagenservice: Fast alle der 485 betroffenen Mitarbeiter sind versorgt

Mit dem Jahreswechsel 2021/2022 liefen dann die laut Frank „konstruktiven und von großem Respekt getragenen“ Verhandlungen über die Zukunft der betroffenen Beschäftigten. Das Resultat? Für einen „sehr großen Anteil“ der Mitarbeiter hat man laut Frank über Vorruhestand oder Abfindungen Lösungen finden können, rund 50 können im Konzern verbleiben, etwa für die Anlagenbetreuung des Kraftwerkstandorts Scholven. Und: „Keiner von denen, die noch arbeiten wollen oder müssen, wird Probleme haben, einen Job zu finden. Im Gegenteil: Sehr viele haben schon einen. Sie sind bei uns rausgegangen und fangen in anderen Unternehmen an, unter anderem auch in Gelsenkirchen.“

Über den externen Stellenmarkt habe man Jobs bei Siemens, Bilfinger Berger oder Eon vermitteln können, ergänzte André Dyba, Betriebsratsvorsitzender der abgewickelten Uniper Anlagenservice. „Ganz wichtig“ sei es gewesen, „nur tarifgebundene Marktpartner zu finden, die beim Entgelt ähnlich aufgestellt sind.“ Einen „Ausverkauf“ der Kollegen habe man verhindern wollen. Bislang seien lediglich 32 der 485 Beschäftigten nicht versorgt. „Allen anderen ist ein oder sind mehrere Angebote unterbreitet worden“, so Dyba. Für die verbleibenden 32 versuche man weiter, „maßgeschneiderte Lösungen“ zu finden.

Michael Jakob Frank aus dem Uniper-Management betonte, nicht alle der 485 Stellen seien originäre Gelsenkirchener Stellen gewesen. Das Geschäft der Anlagenservice sei bundesweit ausgerichtet, man habe auch Leute in Landshut, Gummersbach oder Karlsruhe im Einsatz gehabt.

Uniper Technologies schrumpft von 380 auf rund 230 Mitarbeitende

Und die Uniper Technologies, die UTG? Dort sei man weiterhin maßgeblich „für die Entwicklung, für die Ausführung der Wachstumsprojekte der Uniper zuständig“, betonte Frank. Unter anderem seien die Mitarbeitenden stark involviert bei der derzeitigen Entstehung von Deutschlands erstem LNG-Terminal in Wilhelmshaven.

„Wir werden weiter bestehen mit 230 Mitarbeitern“, sagte Martin Krimphove, UTG-Betriebsratsvorsitzender. Im Oktober 2021 habe man zunächst befürchtet, von vormals 380 auf 100 Mitarbeitern schrumpfen zu müssen. „Dies haben wir aber verhindern können, gemeinsam mit dem Arbeitgeber.“ Uniper habe deutlich signalisiert, faire und sozialverträgliche Lösungen zu finden, fasste es Betriebsratskollege Dyba zusammen. „Und trotz schwieriger Verhandlungen ist uns das gelungen.“