Gelsenkirchen. Das einzigartige Fotoprojekt stellt im Wissenschaftspark neue Fotoserien vor. Mit dabei: Zwei Gelsenkirchener Fotografen.
Hier liegt ein kahler, brüchiger Baumstamm in der Landschaft herum, dort hängen vertrocknete Blätter trostlos an dürren Ästen: Die Gelsenkirchener Fotografin Tania Reinicke spürt mit ihrer Kamera und wachsamem Auge den Veränderungen der Wälder in der Ruhrregion nach. „Der Lebensraum Wald wird zum Gegenstand meiner visuellen Feldforschung“, beschreibt die 45-Jährige ihre Arbeitsweise rund ums Thema Werden und Vergehen. Mit ihrer Bilderserie „Lichtung“ ist die Fotografin nun in der Ausstellung des Pixelprojekts Ruhrgebiet im Wissenschaftspark vertreten.
Zusammen mit weiteren 18 Lichtbildnern, die sich um die Aufnahme in das Pixelprojekt beworben hatten. Die 2003 gegründete Initiative gilt inzwischen als das umfangreichste fotografische Gedächtnis des Ruhrgebiets. Sie umfasst über 10.000 Fotos von mehr als 370 Fotografinnen und Fotografen. Zu sehen und jederzeit abrufbar sind sie allesamt im Internet.
So viele Frauen wie noch nie
Für die aktuelle Schau der Neuaufnahmen wählte eine Jury aus über 100 Bewerbungen 23 spannende und sehr facettenreiche Serien von 19 Fotokünstlern aus. Peter Liedtke (63), Initiator und Leiter des Pixelprojekts, staunt Jahr für Jahr über den einzigartigen Themenreichtum und die hohe Qualität der eingereichten Arbeiten.
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In diesem Jahr bewarben sich übrigens so viele Frauen um eine Aufnahme wie noch nie. Ebenfalls ein Novum, so Liedtke: „Es sind diesmal sehr viele junge Fotografen dabei mit ganz frischen Serien, die erst in den letzten Monaten entstanden sind.“ Also hängt diesmal deutlich weniger Historisches an den Wänden im gläsernen Foyer des Ückendorfer Wissenschaftsparks.
Dabei entdeckt der Betrachter hier stets wiederkehrende Motive wie klassische Ruhrgebietsarchitektur und Industrielandschaften, aber auch ganze neue, überraschende Blickwinkel. „Erstmals zum Beispiel nimmt eine Fotografin nicht die traditionellen Brieftauben in den Fokus“, sagt Liedtke und verweist auf die Bilder von Melanie Koppenhagen, „sondern die freilebenden Essener Stadttauben.“
Mehr Infos
Die Ausstellung „Pixelprojekt Ruhrgebiet. Neuaufnahmen 2021/2022“ ist noch bis zum 19. November im Wissenschaftspark, Munscheidstraße 14, zu sehen. Der Eintritt ist frei. Öffnungszeiten: montags bis freitags 8 bis 17.30 Uhr.
Auch bleibt die Corona-Pandemie nicht ausgespart. Lara Gärtner porträtiert in ihrer Reihe „Transit“ eigentlich Menschen mit Smartphones, alle aber tragen nicht nur das Mobiltelefon bei sich, sondern auch eine Maske vor dem Gesicht. Unübersehbare Zeichen der Zeit. Fotografin Greta Schröder hielt Jugendliche fest, die sich während der Pandemiehochzeit vor dem Bochumer Schauspielhaus trafen. Gemeinsam statt einsam.
Kooperation mit der Essener Zeche Zollverein
Mit Ekkehart Bussenius, Jahrgang 1962, ist ein weiterer Gelsenkirchener in der Ausstellung vertreten. Er befasst sich in der Serie „Handlungsräume – Stadt.Raum.Übergang“ mit der Wahrnehmung des städtischen Raums. Seine urbanen Landschaften, oft in der Dunkelheit fotografiert, sind menschenleer und karg.
Zwei Serien berühren ganz besonders wegen ihres sehr persönlichen Blicks: Benito Barajas Porträts des alten Bochumer Künstlers Georg Meissner und Espen Eichhöfer Bilder seines Vaters, einem ehemaligen Bergmann.
Mit den Neuzugängen ist Peter Liedtke ebenso glücklich wie über die aktuelle Lage des Pixelprojekts, das vor drei Jahren aus finanziellen Gründen fast vor dem Aus stand: „Im Moment sind wir relativ sorgenfrei und haben eine gewisse Stabilität erreicht.“ Das gelang durch eine Kooperation mit der Essener Zeche Zollverein.