Gelsenkirchen. In Gelsenkirchen bedienen sowohl die Verkehrsgesellschaft Evag als auch die Bogestra das ÖPNV-Netz. Ein Ticket zu kaufen kann zum Problem werden: Denn an Evag-Automaten kommen Kunden nur mit Münzen und Geldkarte in Fahrt. Die Bogestra-Geräte schlucken dagegen alles.
Schwarzfahrer wider Willen wurden Bernd Gapp und mehrere Bekannte. Nicht, dass sie nicht zahlungswillig gewesen wären. Aber, nun ja, zunächst zahlungsunfähig. Die Vorgeschichte:
Mit Besuch aus den Niederlanden wollte Gapp nach Essen fahren. Ausnahmsweise eben mal mit dem Öffentlichen Nahverkehr, denn die Runde plante einen feuchtfröhlichen Ausflug und wollte sich chauffieren lassen. Am Musiktheater sollte es losgehen. Mit der Linie 107 zunächst zum Hauptbahnhof, dann weiter mit der Bahn. Womit Gapp nicht gerechnet hatten: das Gruppenticket kostet 17,30 Euro – einzuwerfen in Hartgeld. Der Automat nimmt keine Scheine und ist lediglich für Geldkarten ausgelegt. Die hatte keiner der Revier-Reisenden geladen. „Wir sind dann eingestiegen, weil wir dachten, wir könnten eine Karte beim Fahrer kaufen”, sagt Gapp. Ein naheliegender Gedanke – der ihn allerdings als Gelegenheitsfahrer outet.
Tickets von Mensch zu Mensch
Denn in der Straßenbahn gibt's kein Ticket von Mensch zu Mensch. Nur vom Automaten. Problem: siehe oben. So sind Gapp und seine Begleiter eine Station mitgefahren, dann brav ausgestiegen, ein Stück marschiert, um ihre Geldkarte zu laden, haben dann ein Ticket gezogen und sind so doch noch auf Touren gekommen.
Dumm gelaufen, könnte man meinen. Wenn die Tücken nicht im System steckten. Erste Hürde. Die Linie 107 betreibt die Essener Verkehrs AG. Gapp & Co. standen damit vor einem der Evag-Automaten, die auch die zehn Stationen längs der Strecke auf Gelsenkirchener Stadtgebiet zieren. Und die nehmen nur Münzen. Oder eben die Geldkarte. Anders bei der Bogestra. Dort kommt man auch mit Scheinen weiter. Das Unternehmen deckt zwar das Gros des Gelsenkirchener Bus- und Bahn-Verkehrs ab (und setzt dabei übrigens wieder verstärkt auf den Ticketverkauf durch Fahrer), doch bei den Automaten endet die Dominanz. Das bedeutet: eine Stadt, zwei Systeme und – bislang – keine Besserung in Sicht. Hier wächst nicht zusammen, was zusammen gehört.
"Die Geldkarte ist ein Flop"
„Die Automaten wurden aufgestellt, als alle Welt meinte, die Geldkarte ist die Lösung der Zukunft. Für uns schien das die Möglichkeit, Automaten schlank und relativ preiswert umzustellen. Das hätten wir besser nicht getan. Denn die Geldkarte ist ein Flop”, räumt Evag-Sprecher Niels Hoffmann freimütig ein. Problem erkannt, doch eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht.
„Der Einzelfahrschein ist eigentlich auf dem Rückzug. Unsere Umsätze erzielen wir generell nur noch zu zehn Prozent am Automaten”, sagt Hoffmann. Die Verkehrsbetriebe setzen auf Abo-Kunden, der (Leidens)- Druck zur Umstellung scheint nicht so groß zu sein. Zumindest das Ziel steht fest: Bei einem Austausch, so Hoffmann, sollte „die nicht einsehbare babylonische Vielfalt von Systemen im ÖPNV” möglichst reduziert werden. Und die neuen „Automaten sollen wesentlich smarter in der Führung werden”. Wann das in Gelsenkirchen der Fall sein wird, lässt Hoffmann offen.