Tänzer sind laut einer Medicos-Studie Hochleistungssportler. Dementsprechend soll die medizinische Versorgung verbessert werden.

Das Gelsenkirchener Gesundheitszentrum Medicos auf Schalke plant mit einer Pilotstudie die medizinische Versorgung professioneller Tänzer zu verbessern. In Kooperation mit der Unfallkasse NRW wurden in den vergangenen Wochen 43 Ensemblemitglieder des „Ballett am Rhein” internistisch und orthopädisch untersucht sowie sportwissenschaftlich betreut.

„Es ist eindeutig: Tänzer sind in erster Linie Künstler, aber auch Hochleistungssportler, die während des Trainings und der Aufführung enormen psychischen und körperlichen Belastungen ausgesetzt sind”, sagt Dr. Elisabeth Exner-Grave, Oberärztin für Orthopädie bei Medicos. Offenbar ist das für die meisten Unfallversicherungen nicht so eindeutig: „Tänzer sind medizinisch unterversorgt. Das Angebot ist im Vergleich zu anderen Sportarten defizitär”, kritisiert Exner-Grave. Den Nachweis auf der Basis von validen Daten sollen nun die Tests mit den Tänzern und Tänzerinnen des Düsseldorfer Balletts erbringen. Die Ergebnisse sollen im Rahmen einer Doktorarbeit zusammengetragen, ausgewertet und analysiert werden. Damit will Medicos einen Überblick über den tatsächlichen Leistungs- und Gesundheitszustand von professionellen Tänzern gewinnen. Oliver Königsfeld, Betriebsdirektor des Balletts am Rhein: „Das ist das erste Mal, das es so etwas in Deutschland gibt.

Erste Resultate in den Bereichen Ausdauer, Sprungkraft und Koordinationsfähigkeit untermauerten bereits die These vom Tänzer als Hochleistungssportler: „Beispielsweise ist der Wert für die maximale Sauerstoffaufnahme als Parameter für die Ausdauer nahezu identisch mit dem von Profifußballern”, betont Medicos-Pressesprecher Hans Oehl. Die Notwendigkeit, schnell Verbesserungen in der medizinischen Versorgung zu erzielen, sieht Orthopädin Elisabeth Exner-Grave in einem weiteren Befund: „In unserer Präventionsstudie haben wir bei jedem Tänzer durchschnittlich 2,4 Verletzungen festgestellt.” Mehr als ein Drittel davon seien chronische Überlastungsschäden.

Diese könnten durch maßgeschneidertes, tanzspezifisches Training in vielen Fällen vermieden werden, meint Exner-Grave. Ein solches bietet Medicos seit Juli 2009 im Kompetenzzentrum Tanzmedizin an. Noch übernehmen aber einige Versicherungen die Kosten nicht: „Dass es gleiche Leistungen für Tänzer wie für andere Sportler gibt, da sind wir noch nicht.”

Die Pilotstudie soll das ändern – und alle Beteiligten könnten profitieren: Die Tänzer wären vermutlich medizinisch besser versorgt, die Theater hätten weniger und kürzere Ausfallzeiten ihrer Angestellten und das Kompetenzzentrum Tanzmedizin bei Medicos gewänne eine Menge neuer Patienten, genauer Kunden.