Gelsenkirchen-Beckhausen. Die Gelsenkirchenerin Petra Lübbering kümmert sich um verletzte Igel. Gartengeräte sind ihrer Ansicht nach eine große Gefahr für die Tiere.
„Sieben Igel habe ich verloren in den vergangenen zehn Jahren”, sagt Petra Lübbering. Das ist eine ganz beeindruckende Quote. Denn rund 100 hat sie bei sich aufgenommen, aufgepäppelt und wieder ausgewildert. Früher waren es vielfach junge, untergewichtige Tiere, die zum Winter einen Schlafplatz brauchen. Ab und zu waren es auch verletzte Igel. Weil das einfach vorkommt in der Stadt. Ob nun im Straßenverkehr oder weil freilaufende Hunde einen Igel attackiert haben. Derzeit jedoch mehren sich schwerste Verletzungen der Stacheltiere, die unter Naturschutz stehen. Die Ursache: passionierte Gärtner.
Rasenkantenschneider nämlich sorgen vielfach für allerschwerste Verletzungen bei den kleinen Tieren. Der kleine Igeljunge, um dessen Leben die Tierschützerin aktuell kämpft, hat vermutlich zwei Schnittverletzungen am Kopf. So ganz genau kann man das gar nicht sagen. Denn die Verletzung ist so schwer, dass sie den Igel das halbe Gesicht gekostet hat. Ein Ohr ist ab, das Auge vermutlich zerstört. „Ich schmiere Augensalbe dahin, wo ich das Auge vermute”, sagt Petra Lübbering. Sofort drängt sich die Frage auf: Könnte das Tier denn so in freier Wildbahn überlegen? „Ja”, sagt die Tierschützerin.
Diese Bitte richtet die Gelsenkirchenerin an die Gartenfreunde
Dafür jedoch muss der Igel überhaupt überleben. Und die Chancen stehen nicht sehr gut. Die Wunde eitert, ist entzündet. Gleich nach dem Auffinden ist das Tierchen ärztlich behandelt worden. Es bekommt Schmerzmittel und ein Antibiotikum. Seit zwei Tagen jedoch frisst es nicht mehr.
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Die engagierte Tierschützerin hat sich an die WAZ gewandt, um solches Leid künftig zu verhindern. Und das sei, sagt sie, mit ein bisschen Rücksichtnahme, möglich. „Igel halten sich tagsüber grundsätzlich unter Hecken, Sträuchern oder Efeu auf, gern auch an begrünten Mauern. Wer hier mit seinem Rasenkantenschneider einfach Abstand hält, schützt die Stacheltiere im eigenen Garten“, sagt Petra Lübbering. Das Problem: Die meisten Menschen wissen gar nichts von ihrem Untermieter im heimischen Garten. Da sie nämlich nachtaktiv sind, sieht man sie nicht.
Diese Geräte stellen eine neue Bedrohung für die Igel dar
Hilfe von der Igelstation
Vor zehn Jahren kam Petra Lübbering aus Zufall zu ihrer neuen Aufgabe. Im Garten fand sie einen verletzten Igel, wandte sich sogleich an die Igelstation des Pfadfinderstamms Wulfila. Hier half man ihr, den Igel gesund zu pflegen und auszuwildern.
Die Beckhausenerin rät auch anderen, im Fall des Falles sich an die fachkundigen Ehrenamtler in Resse zu wenden. Mehr Informationen gibt es unter https://pfadfinder-gelsenkirchen.de/igel/.
„Wenn man tagsüber einen Igel sieht, stimmt etwas nicht mit ihm”, erklärt die Igel-Fachfrau. Allerdings gebe es von dieser Regel Ausnahmen. Gerade jetzt, in der Paarungszeit der Tiere, treiben sie die Hormone schon mal tagsüber aus ihrem Versteck. Gleiches gilt im Herbst für die Jungen, die schon mal eine kleine Entdeckungstour machen. Wer ein kleines Jungtier sehe, der solle bitte erst einmal abwarten, ob es wirklich Hilfe brauche. „Viele Menschen packen den kleinen Igel einfach ein und bringen ihn zu einer Igelstation”, weiß Ulrike Turek, die Schwester, die Petra Lübbering hilft, wo sie kann. „Das geht aber nicht. Ich gehe ja auch nicht über den Markt, sehe ein fremdes Kind und sage, das nehme ich heute mal mit.”
Zu den vorhandenen Gefahren gibt es aktuell noch eine ganz neue Bedrohung für Igel: Mähroboter. „Die sind ein großes Problem und die meisten Menschen wissen das gar nicht.” Die Geräte kennen keine Gnade. Sie machen ihren Job, komme was da wolle. Igel könnten so einfach geschreddert werden. Aber auch hier weiß die Tierschützerin Hilfe: „Igel kommen frühestens gegen 17 Uhr raus und gehen spätestens mit der Morgendämmerung schlafen.” Stimmt also die Einsatzzeit, begegnen sich Mähroboter und Igel gar nicht.
Hoffen auf ein Wunder bei dem kleinen Igeljungen
Der kleine Igeljunge wird nun wieder liebevoll in seine Box gesetzt und gebettet. Obwohl seine Chancen so schlecht stehen, hofft Petra Lübbering, dass er es schafft, das Wunder irgendwie geschieht. Zwangsweise will sie den Igel nicht ernähren. Das tue sie ihm nicht an. Wenn er es nicht schafft, könne man nichts tun. So schmerzlich das auch sei.
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