Das ist dreist: Ein Gelsenkirchener Schrotthändler betrog den Staat von 2005 bis 2007 nicht nur um rund eine halbe Million Euro an Steuern, sondern kassierte gleichzeitig auch noch Sozialleistungen.
Als der Mann aufflog und die Finanzbehörde ihm auf die Schliche kam, beeindruckte ihn das wenig. Mit einer vorgeschobenen Strohfrau arbeitete er weiter - und hinterzog Steuern. Am 18. August vergangenen Jahres stand der Familienvater vor dem Essener Amtsgericht, das ihn zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilte. Das war ihm zu viel, er ging in Berufung.Verteidiger Heiner Lindemann wollte eine Bewährungsstrafe. Dazu kam es dann doch nicht. Immerhin reduzierte die XI. Essener Berufungskammer das Urteil jetzt aus rechtlichen Gründen auf zwei Jahre Haft.
Bis zu 4 000 Euro netto hatte der Vater eines Jungen monatlich durch seinen Schrotthandel in der Tasche. Umsatzsteuer, Gewerbesteuer und auch Einkommensteuer zahlte er gar nicht, oder machte falsche Angaben beim Finanzamt. Zusätzlich beantragte der Familienvater Sozialleistungen. 1 065 bekam er im Monat.
„Von Hartz IV kann man doch nicht leben“, meint der 46-Jährige, deshalb habe er Steuern hinterzogen. Seine Welt sieht so aus: „Andere überfallen Banken, ich hinterziehe Steuern.“ Von Reue und Einsicht keine Spur. „Er verdient keine besondere Milde“, ist Staatsanwalt Christian Bolik überzeugt. Von „ Rauhbeinigkeit“ spricht Verteidiger Lindemann.
Der Gelsenkirchener hatte einen schlechten Start ins Leben. Auf der Sonderschule lernte er weder schreiben noch lesen. Das holte er später nach. Er fand weder Ausbildung noch Arbeitsplatz. 2005 machte er sich im Schrottgewerbe selbständig und gleich ging es in die Illegalität. Von dubiosen Hintermännern berichtete er den Ermittlern. Angebliche Drohungen sollen ihn davon abgehalten haben auszupacken Und außerdem, so der Angeklagte: „Ein Schrotti haut einen anderen Schrotti nicht in die Pfanne.“
Im Prozess stellt er sich gar als eine Art V-Mann dar, der im Schrottgewerbe nur weiter gemacht habe, um den Hintermännern auf die Spur zu kommen. „Sie müssen uns nicht für dumm verkaufen“, meint Staatsanwalt Bolik. Richter Volker Wrobel nennt das „abenteuerlich“ und erklärt dem Angeklagten, wenn er für das Finanzamt ermittele, müsse er das auch mit denen absprechen. Der 46-Jährige lächelt und sagt: „Meine Aussagen sind zu 80 Prozent ehrlich und zu 20 Prozent erfunden.“