Gelsenkirchen. Autor Frank Goosen lud zur Lesung in die Gelsenkirchener „Kaue“. Das waren die Höhepunkte seines Auftritts, der in die 80er Jahre entführte.

Zu den positiven Charaktereigenschaften von Frank Goosen gehört, dass er auch vor Selbstkritik nicht zurückschreckt. Verhaspelt er sich bei einem entscheidenden Satz und versemmelt dadurch die Pointe, tritt er sich sofort selbst in den Allerwertesten – zum Glück aber nur verbal. Das war am Mittwoch in der „Kaue“ nur ein einziges Mal vonnöten. Beim Rest seiner Lesung ging dem Ruhrpott-Literaten und überzeugten Bochumer alles gewohnt locker-flockig über die Lippen.

Besucher aus der gesamten Region wollten Frank Goosen sehen

Über 250 Besucher waren an diesem Abend in die kultige Spielstätte am Rande der Wilhelminenstraße in Schalke geströmt. So gut wie kein einziger Platz vor der Bühne blieb frei. Ein deutliches Indiz dafür, wie groß der Hunger auf Kultur und Unterhaltung nach zwei Jahren der Pandemie-Beschränkungen bei vielen inzwischen geworden ist. Ein Blick auf die abgestellten Fahrzeuge vor der „Kaue“ verriet zudem, dass Goosen nicht nur seine Fans aus Gelsenkirchen, sondern aus der gesamten Region für diesen Auftritt mobilisieren konnte.

Um punkt 20 Uhr tritt der Autor dann hinter dem Vorhang hervor, der in dezentes Scheinwerferlicht getaucht ist. Er trägt ein schwarzes Hemd zur blauen Jeans. Auf dem Tisch, an dem Goosen Platz nimmt, steht nur eine Flasche Wasser. Dazu noch sein Handy und das Buch, das in den folgenden 100 Minuten im Mittelpunkt stehen wird: „Sweet Dreams. Rücksturz in die Achtziger“ heißt es. Daher verwundert es auch nicht, dass im Publikum vornehmlich jene Altersklasse sitzt, die dieses ominöse und sagenumwobene Jahrzehnt selbst miterlebt hat.

Schalke-Fans wurden gleich zum Auftakt von Goosen gefoppt

Zur Begrüßung werden – natürlich – erst einmal alle Schalke-Fans für den Absturz ihrer Lieblinge aus der fußballerischen Erstklassigkeit gefoppt. Goosen hat gut reden: Als Herzblut-Fan und früheres Aufsichtsratsmitglied des VfL Bochum ist seine Stimmung dauerhaft bundesligareif. In Gelsenkirchen sei er zuletzt im Hans-Sachs-Haus aufgetreten. Die „Kaue“ gefalle ihm aber besser: „Hier ist es schön muckelig.“

Danach beginnt dann seine Zeitreise in die 80er. Und wie bei jedem Blick zurück, verfällt mancher da fix in Nostalgie. „Früher war aber gar nicht alles besser“, warnt Goosen vor drohender Verklärung. „Dat Einzige, wat früher wirklich besser war, sind die eigenen Augen und die Gelenke“, stellt er in sattem Heimat-Slang klar.

Vom Trio-Konzert 1982 und den „Erwachsenenfilmen“ in der Videothek

Beim Erzählen kommt Goosen gern von Hölzken auf Stöcksken. Doch irgendwann greift er dann doch zu seinem Buch, um das erste ausgewählte Kapitel vorzutragen. Dabei nimmt der 55-Jährige seine Zuhörerschaft mit ins Jahr 1982. Damals erlebte er in der kurz zuvor eröffneten „Zeche“ in Bochum mit seinen Kumpels den Auftritt der Band Trio. Die Schilderungen seiner Begegnungen mit den skurrilen Typen dort treffen das Komikzentrum der Zuhörerschaft mittig.

Doch auch sein Abstecher in die Videothek ist hoch amüsant – vor allem jener Part, in dem er sich in die Abteilung mit den „Erwachsenenfilmen“ hineinstiehlt. Egal, ob lesend oder plaudernd: Die Besucher hängen an Goosens Lippen. Und danken ihm am Ende mit großem Beifall.

Das Kapitel über die Mix-Tapes weckte viele Erinnerungen

Natürlich erinnerte Goosen in seinem Rückblick auch an kultige Fernsehserien, Kinofilme und Werbungen aus den 80ern.

Und einige seiner einst Angebeteten kamen ebenfalls zur Sprache. Für sie nahm Goosen auch gern Mix-Tapes auf – also Musikkassetten mit eigenen Lieblingssongs. Auch das weckte bei vielen Erinnerungen.