Buer. Der Krieg in der Ukraine treibt die Spritpreise in die Höhe. Das bekommt auch ein Tankstellenbesitzer aus Gelsenkirchen-Buer zu spüren.

  • Bernd Rohsiepe betreibt in Gelsenkirchen-Buer eine Tankstelle
  • Zurzeit machen ihm die hohen Preise für Benzin und Diesel zu schaffen
  • So reagieren seine Kunden auf die Situation

Einen Traumjob will er ihn nicht nennen, „Knochenjob, ja“, und gerade will der so gar keinen Spaß machen. „Wir haben hier schon immer die Auswirkungen von globalen Krisen zu spüren bekommen“, erklärt Bernd Rohsiepe aus Erfahrung, „aber die Kunden wollten das oft nicht glauben.“ Rohsiepe ist Eigentümer der Freien Tankstelle an der Buer-Gladbecker-Straße. Wo die Preise klettern, während er sich umdreht, Auswirkung des Ukraine-Krieges und des „Runs auf das Heizöl“, macht der 58-Jährige fest.

Seit 1989 hat er den Betrieb hier, inzwischen in dritter Generation, und er will auch nicht davon lassen. „Am Sonntag wird dann eben mal die Verkabelung in der Waschstraße repariert“, beschreibt er knapp. Sieben Kräfte wechseln sich hier im Schichtdienst allein schon an der Kasse ab. Vier Auszubildende hat er, einen Gesellen und dazu viele Stammkunden, alles Bekannte, denn er ist hier im Viertel geboren und aufgewachsen, wohnt gegenüber.

Martha Gärtner.
Martha Gärtner. © FUNKE Foto Services | Lukas Claus

In Gelsenkirchen ändern sich die Preisebis zu zwölf Mal am Tag

Gerade ist Martha Gärtner da, will ihren gelben Kleinwagen auftanken. Sie will nicht knurren, auch wenn sie eigentlich nur zum Einkaufen fährt, „insgesamt so höchstens 2000 oder 3000 Kilometer im Jahr“, überschlägt sie.

Tatsächlich meint sie noch schmunzelnd, „und dann tank’ ich eben nur für 20 Euro“, und Bernd Rohsiepe kontert lächelnd: „Dafür dann öfter.“ Die Menschen in der Ukraine tun ihr Leid, aber Putin, den würde sie am liebsten, „na, wenigstens in den Hintern treten“.

Die App passt das Niveau an

Hinter der Plexiglasscheibe an der Kasse hat Corinna Gintzen in der letzten Zeit schon anderes gehört. „Praktisch alle fluchen, aber sie nehmen’s hin.“ Wenigstens ist ihr gegenüber noch niemand böse geworden.

„Wir machen ja auch die Preise nicht“, wirft Rohsiepe ein, „die bestimmt der Markt.“ Bei ihm ändert sich die Anzeige inzwischen per App angenähert an die Preise der anderen Tankstellen, er muss nicht mehr nach der Konkurrenz schielen.

Marcel Seyer.
Marcel Seyer. © FUNKE Foto Services | Lukas Claus

Es trifft die Vielfahrer

Die Hälfte der Kunden tankt Diesel, schätzt er, überwiegend gewerbliche Vielfahrer, auch wieder aus der Nähe: „Handwerker, Installateure, Dachdecker“. Viele davon kommen auch eher nachts und tanken am Automaten, wenn die Chance größer ist, zu sparen.

Kaum Chancen, in Sachen Auto zu sparen, sieht auch Marcel Seyer, ebenfalls Handwerker. „Wir müssen unsere Baustellen bedienen und wir können kaum anders fahren als sonst, auch wenn’s wehtut, bestenfalls schon mal auf Langstrecken.“

Urlaub mit dem Auto

Den Kroatien-Urlaub mit dem Auto streicht er trotzdem nicht. „Aber da müssen wir schon wieder mehr einplanen, im Ausland ist der Sprit ja wieder teurer. Kalkuliert hatten wir mit ‘nem Literpreis von 1,90“, blickt er zurück. Aktuell sind wir von 2,22 auf 2,27 für den Diesel in einer Viertelstunde gekommen.

Meike Saalfeld, eine Bekannte Seyers, die hier wegen einer Reifenpanne gerade zwangsweise Station macht, ist froh darüber, wie den Flüchtlingen aus der Ukraine jetzt hier geholfen wird. „Aber unsere Gehälter steigen ja schließlich auch nicht, wenn die Benzinpreise so klettern, und für das Straßenbahn-Monatsticket für meine Tochter werden 38 Euro aufgerufen“, klagt sie kopfschüttelnd. Zwei Reifen, meint Bernd Rohsiepe, würden bei ihr nun auch fällig, „wohl im Herbst“.

Meike Saalfeld
Meike Saalfeld © FUNKE Foto Services | Lukas Claus

Wichtig ist das Drumherum

„Eine Frechheit, ein Witz“, so poltert dagegen Hans-Jürgen Selter los, der einen Transporter auftankt. „Die Leute haben’s Geld doch einfach nicht. Und vor allem ist das ja der hohe Steuersatz, der den Sprit so teuer macht.“ Ein Rezept zum Sparen? „Am besten Auto schieben“ knurrt er.

Mit dem Sprit, erzählt Rohsiepe, könne er ebenso wenig verdienen wie etwa der Wirt mit dem Bier. „Wichtig ist, die Leute auf dem Hof zu haben“, also für das andere Drumherum mit Kiosk, Waschanlage, Reifendienst.

Durch das Home-Office kamensowieso schon weniger Kunden

So sehr er an seinem Kiez hängt, eine Tankstelle, die wäre direkt an einer der Hauptverkehrsachsen lukrativer. Hier kommen sie gezielt, und natürlich insgesamt weniger. Zwei Jahre Home-Office unter Corona haben Spuren hinterlassen.

Hans-Jürgen Selter.
Hans-Jürgen Selter. © FUNKE Foto Services | Lukas Claus

Aber es kann jetzt schnell gehen, blickt Rohsiepe wieder über die Grenze der 2000 Quadratmeter Tankstellengelände in Buer hinaus. „Wenn die Außenminister der Ukraine und Russlands einlenken, ist der Krieg bald zu Ende. Dann sinken die Spritpreise ganz schnell wieder.“ Die Kehrseite für den Selbstständigen, wenn er selbst vorher teuer eingekauft hat.