Gelsenkirchen. Klaus-Peter Wolfs neuer Krimi „Ostfriesensturm“ ist da: Mit diesem hat sich der Erfolgsautor eine Leidensgeschichte von der Seele geschrieben.

Es ist sein bislang persönlichstes Buch. Weil es literarisch eine traumatisierte Kindheit mitten in Gelsenkirchen aufarbeitet. Bestsellerautor Klaus-Peter Wolf stieg für seinen neuen Roman „Ostfriesensturm“ hinunter in die finstere Hölle seiner Jugend in Ückendorf, die ein alkoholsüchtiger, aggressiver und unberechenbarer Vater dominierte. Seine eigene Leidensgeschichte schrieb Wolf nun seiner Hauptfigur Niklas auf den Leib und sich selbst von der Seele.

Bizarre Auftragsmorde und das herausfordernde Leben in Pandemiezeiten

Der in Gelsenkirchen geborene und aufgewachsene Erfolgsautor Klau-Peter Wolf lebt seit 2003 in Ostfriesland.  
Der in Gelsenkirchen geborene und aufgewachsene Erfolgsautor Klau-Peter Wolf lebt seit 2003 in Ostfriesland.   © Wolfgang Weßling

Der Krimi, der nunmehr 16. Fall rund um Kult-Kommissarin Ann Kathrin Klaasen, ist in diesen Tagen im Fischer Verlag erschienen und thematisiert neben bizarren Auftragsmorden und spannender Ermittlerarbeit, neben Alkoholsucht und sozialen Phobien erstmals auch das herausfordernde Leben in Pandemiezeiten. Ein Roman dieser Zeit.

Wie eine Sturmflut rauscht Corona auch über die Ferienregionen Ostfrieslands hinweg und überrollt die Menschen in Norden, Aurich oder auf der idyllischen Nordseeinsel Wangerooge mit massiven Einschränkungen, tiefen Existenzängsten und Sorgen vor sozialen Kontakten. Verwoben mit der Jagd auf einen bizarren Auftragskiller wird die Geschichte von Clemens und Christina Wewes erzählt, die mit ihrem 16-jährigen Sohn Niklas in Norddeich leben. Im Dachgeschoss besitzt ein Paar aus Gelsenkirchen eine Ferienwohnung. Ein Glücksfall für Niklas, weil Anke Reiter sich als Halt in der Not erweist, wenn der Vater im Alkoholrausch mal wieder komplett ausrastet.

Vater verprügelte im Suff die Frau und den eigenen Sohn

Wenn dieser sich auf Feiern mit Sprüchen wie „So jung kommen wir nie wieder zusammen“ zum Saufen anfeuert und daheim die Lust verspürt „die Möbel gerade zu rücken“ und die Frau zu verprügeln. Bis sie eine verbotene, aber effektive Lösung findet: Sie präpariert gemeinsam mit dem Sohn Weinbrandpralinen mit Pillen, die den Vater kurzerhand schachmatt setzen. Den Sohn aber quält die Angst, bei diesem verbotenen Tun entdeckt zu werden, ins Gefängnis zu müssen oder den Vater gar umzubringen.

Eine Situation, die der 68-jährige Autor Klaus-Peter Wolf, der seit 2003 in Ostfriesland lebt, nur zu gut kennt: „Wie wohl jeder Schriftsteller nutze auch ich mein Leben als Steinbruch, aus dem ich meine Romane hole.“ Für den „Ostfriesensturm“ erinnert er sich an stürmische Kinder- und Jugendtage in Ückendorf: „Meine Mutter leitete ein kleines Friseurgeschäft, neben uns gab es ein Café, das Mohrenstübchen hieß.“ Die Bochumer Straße sei damals der Ku’damm von Ückendorf gewesen.

Kundin im Friseursalon kannte ein „Wundermittel“ gegen Aggressivität

Bei den Menschen aber habe der Krieg tiefe innere Verletzungen hinterlassen: „So mancher versuchte, seine Probleme wegzusaufen. Mein Vater war einer von ihnen.“ Der sonst so fröhliche Mensch wurde plötzlich unberechenbar: „Einmal flippte er völlig aus, weil die Schlüssel im Wohnzimmerschrank nicht in einer Linie ausgerichtet waren.“ Wenn der Sohn versuchte, die Mutter heldenhaft zu schützen, wurde er selbst zur Zielscheibe.

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Bis eine Kundin im Friseursalon von einem „Wundermittel“ erzählte, das ihren aggressiven Mann lammfromm machte. Das funktionierte schließlich auch bei Vater Wolf, aber: „Viele Jahre fürchtete ich, mein Vater könne durch das Medikament sterben oder meine Mutter käme ins Gefängnis und ich stünde schutzlos in der Welt.“

Die Eltern von Klaus-Peter Wolf leben beide nicht mehr

Der Autor sagt zwar in seinem Nachwort zum Roman: „Ich bin nicht Niklas Wewes aus Ostfriesensturm“. Aber: „Ohne die Erfahrungen in meinem Elternhaus hätte ich diesen Roman so nicht geschrieben.“

Inzwischen leben beide Eltern nicht mehr und der Schriftsteller konnte das Trauma zum Krimi-Thema machen, berührend, erschreckend, spannend, authentisch. Der Roman gibt tiefe Einblicke in seelische Abgründe und Lebenskatastrophen, ohne aber seine Leichtigkeit im Ton, seinen unterhaltsamen Charakter und seine optimistische Grundhaltung zu verlieren.

Am Freitagabend spricht Wolf in der NDR-Sendung „3nach9“

Der Krimi „Ostfriesensturm“ ist im Fischer Taschenbuchverlag erschienen und kostet 13 Euro.

Die Lesung in der Heilig-Kreuz-Kirche ist für Samstag, 3. September, um 18 Uhr geplant. Der Eintritt kostet 18 Euro. Infos im Netz: www.emschertainment.de.

Klaus-Peter Wolf ist am heutigen Freitagabend ab 22 Uhr zu Gast in der NDR-TV-Talkrunde „3nach9“ und dort im Gespräch mit Judith Rakers und Giovanni di Lorenzo zu sehen.