Gelsenkirchen. Das Berufskolleg Königstraße kaufte für 46.000 Euro Laptops, Kameras und Tablets. Vieles landete unbenutzt im Keller. Die Anklage lautet Untreue.

Keine angenehme Erinnerung dürfte die ehemalige Schulleitung des Berufskollegs Königstraße an die Zeit zwischen 2017 und 2019 haben. In diesem Zeitraum hat die Schule unter anderem Laptops, Kameras, Festplatten und Tablets im Wert von etwa 46000 Euro als Vorratskauf angeschafft. Der Hintergrund: Die Schulleitung wollte die Gelder, die ihr zustehen, nicht verfallen lassen. Viele der angeschafften Unterrichtsmittel landeten unbenutzt im Keller, wurden dort gelagert. Die Praxis rief den Staatsanwalt auf den Plan, der Anklage erhob.

Wegen Untreue stehen die damalige Schulleiterin Hannelore P., die Stellvertreterin Petra W. und Sven K. jetzt vor Gericht. Weiteres Thema:Stadt Gelsenkirchen kauft 12.000 Tablets für Homeschooling

Viele Unterrichtsmittel landeten unbenutzt im Gelsenkirchener Schulkeller

Die jeweiligen Rechnungen hatte die Schulleitung der Stadt vorgelegt. Das Geld, das die Verwaltung der Schule überwies, landete auf einem Girokonto, das die Schule eingerichtet hatte. Bereichert hat sich keiner der Angeklagten. Es ist jetzt Aufgabe des Gerichts, festzustellen welche Anschaffungen der Schule ohnehin auf legalem Weg möglich gewesen wären, wie hoch der Schaden ist und welche Unterrichtshilfen die Schule gar nicht beanspruchen durfte.

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20 Fälle listet die Staatsanwaltschaft auf, in denen die Schule die Hilfsmittel auf nicht legalem Weg beschafft haben soll. Dabei geht es unter anderem um 50 Dokumentenkameras im Wert von 7000 Euro, Tablets für über 4000 Euro, Laptops von mehreren 1000 Euro, 2 W-LAN-Kameras, einen Monitor und Beamer. Weiteres Tema:Gelsenkirchen schöpft Mittel aus dem Digitalpakt aus

Zeuge schildert dem Gericht die ungewöhnliche Verfahrensweise

Thomas S. arbeitet bei der Stadtverwaltung, ist zuständig für den IT-Bereich. Er war bei Prüfungen zwischen 2017 und 2019 dabei. Vor Gericht schilderte er dem Gericht als Zeuge, wie die Bestellungen in der Regel ablaufen und wie die Qualität der angeschafften Hilfsmittel aus Verwaltungssicht zu bewerten ist. Die Verfahrensweise der Schule bezeichnet er als ungewöhnlich. Es sei seit Jahren üblich, dass Bestellungen in der Regel von der Stadt erfolgten. Seit 2008 bearbeitet Thomas S. ähnliche Fälle. Wenn es sich nicht um Verbrauchsmaterial handele, dürfe die Schule Sachen nicht eigenständig anschaffen. Jede Zuweisung, die als Förderung durch das Land erfolgt, muss die Stadt nachweisen.

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Das Geld, das auf dem Girokonto der Schule landete, war städtisches Geld. Das Rechnungsprüfungsamt hatte sich die Unterlagen von der Schule besorgt und Thomas S. auf die ungewöhnliche Praxis der Bestellung hingewiesen und zur Prüfung aufgefordert. Vier Jahre hatte der sich herausgepickt. Bei seiner Prüfung, meinte er vor Gericht, habe er eine Menge an Besonderheiten festgestellt. So seien etliche Geräte angeschafft worden, die weit über dem Standard gelegen hätten. Laptops habe es zu dem Zeitpunkt gar nicht in Schulen gegeben. Auch würden Reparaturen über die Verwaltung abgewickelt.

Etliche Anschaffungen gingen über den Schulstandard hinaus

„Die Anschaffung eines Handys“, sagte der Verwaltungsvertreter, „wäre gar nicht möglich gewesen, weil wir den Antrag abgelehnt hätten.“ W-Lan-Kameras gehörten ebenso wenig zum Standard, weil ihr Einsatz ohnehin nicht erlaubt sei. Auch ein angeschaffter Gaming-PC steht nicht auf der Liste der erlaubten Hilfsmittel. Thomas S. ist überzeugt, dass viele Sachen, ob Tablet, Laptop, Beamer oder Dokumentenkamera unabhängig von einer gestatteten Anschaffungsmöglichkeit viel zu teuer erworben worden seien. Das Rechnungsprüfungsamt hatte schließlich angeordnet, alle Sachen einzusammeln. Noch heute liegen etliche Teil im separaten städtischen Lager.

Das Gericht wird die einzelnen Rechnungen überprüfen

Im Verlauf des Verfahrens wird das Gericht die einzelnen Rechnungen überprüfen. Es geht vor allem um die Sinnhaftigkeit der Anschaffungen und die Höhe. Noch haben sich die Angeklagten nicht zu den Vorwürfen geäußert. Die Standards, was an Unterrichtshilfen angeschafft werden darf, gelten für 73 Schulen in Gelsenkirchen. Der Prozess wird fortgesetzt.

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