Gelsenkirchen-Ückendorf. Das Projekt „Yes GE/Ückendorf - Kreative Gestaltung von Leerstand an der Bochumer Straße“ probiert einen Spagat: Kunst gegen kahle Ladenlokale.

Eine wahrhaft bunte Tüte haben die Kreativen im Viertel an der Bochumer Straße zusammengestellt. Im Projekt „Yes GE(Ückendorf - Kreative Gestaltung von Leerstand“ kommen der Stolz auf die eigene Leistung, das Wohlfühlen im Quartier und ein bisschen Provokation durch die extravagante Gestaltung und Farbauswahl angesichts morbid-charmanter Fassaden zum Ausdruck.

Selbst das regelmäßige Lärmen der Straßenbahn, die direkt vor den Ladenlokalen vorbeirauscht, die heute Schauplätze sind, und die widrigen Temperaturen von gerade 3 Grad über Null passen auf eigene Art in diese ungewöhnliche Freiluft-Vernissage. Eingeladen haben dazu das Stadtteilbüro, die Koordinierungsstelle Stadterneuerung und die Kreativen Frank M. Helferich, Britta Thielen, Andreas Paehge, Marion Falkowski und das kurz.kollektiv.

Die Video-Installation des kurz.kollektiv im Schaufenster des Hauses Bochumer Straße 105 in Gelsenkirchen zeigt die Emscher, wie sie war.
Die Video-Installation des kurz.kollektiv im Schaufenster des Hauses Bochumer Straße 105 in Gelsenkirchen zeigt die Emscher, wie sie war. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Keine Spur von Ironie ist bei OB Karin Welge (SPD) zu hören, als vor der Heilig-Kreuz-Kirche der Rundgang beginnt. „Schon als Kämmerin habe ich für das Sanierungsgebiet Bochumer Straße geworben“, erinnert sie, „aber es hat sich wohl immer noch nicht überall herumgesprochen, dass das hier ein „place to be“ ist.“

Dabei spielt sogar die Tagesaktualität eine Rolle. „Wir schaffen hier neue Realitäten“, meint Lea Gerstenmaier für das „kurz.kollektiv“. Denn das musste kurzfristig vom Ladenlokal Bochumer Straße 95 Hausnummer 105 umsiedeln. „Zwischennutzung“ heißt auch „auf Zeit“.

An der neuen Adresse zieht eine Videoinstallation die Blicke auf sich, sofern das klassische Schwarz-Weiß der Bodenfliesen und die halb zur Renovierung vorbereiteten Wände es zulassen. Nicht umsonst zeigen die Aufnahmen die Emscher, allerdings wie sie war, denn seit dem Jahreswechsel hat die das Abwasser-Image abgelegt.

Aussagekräfte Porträts, extravagante Farben und stimmungsvolle Illuminationen, dafür steht die Aktion. Sie schafft auf aktuell ungenutzten Fensterflächen Raum für vielseitige Kunst ent­lang der Bochumer Straße und macht zugleich auf potenziell nutzbare Leerstände im Quartier aufmerksam. Fotograf Andreas Paehge und Interviewerin Britta Thielen zeigen im Leerstand die Menschen unter dem Siegel „Ückendorf für mich“.

Die kleinen Geschichten zu den Porträts sammeln sich in dem Kommentar „Ückendorf ist lebendig und gestaltet sich gerade neu“. Thielen und Paehge selbst sind nach ihren Stadtteil-Spaziergängen zu den ganz unterschiedlichen Menschen mit ihren Projekten, Geschäften und Geschichten überzeugt: „Ückendorf ist für uns der Kreativort Gelsenkirchens in unterschiedlicher Form.“ Oder kurz: yes.