Der Energieversorger ELE will künftig auch jenseits der bisherigen Emscher-Lippe-Grenzen, also über die Städte Gelsenkirchen, Bottrop und Gladbeck hinaus Kunden akquirieren. Das kündigte Kurt Rommel in einem Interview an.
Sie sitzen auf zwei Chefsesseln, den der ELE und den der GEW. Gehen wir doch beide Firmen einmal durch. Was sagen Sie zur ELE?
Rommel: Die ELE ist am Markt wirklich gut aufgestellt. Im Vergleich zum Konzern ist sie deutlich besser im Markt positioniert als manch andere RWE-Gesellschaft. ELE ist eine positiv besetzte Marke. Wir spüren aber auch, dass der Wettbewerb zunimmt. Nicht zuletzt durch lokale Anbieter.
Und die GEW?
Für einen Energiewirtschaftler wie mich ist das ein sehr farbiges Unternehmen. Im Sinne der städtischen Strukturpolitik ist die GEW sehr interessant. Und mein GEW-Geschäftsführer-Kollege Ulrich Köllmann hat mir viel in den ersten Monaten nahebringen könne. Für 2010 haben wir uns vorgenommen, uns über die GEW-Positionierung Gedanken zu machen. Die GEW muss sich überlegen, was in den nächsten Jahren passiert.
Städte schultern ihren Stadtwerke gerne Aufgaben auf, die sie selbst nicht leisten oder finanzieren können. In Gelsenkirchen war dies etwa das Abenteuer Großmarkt. Wie sieht das bei der GEW jetzt aus?
Ich habe da keine Sorgenfalten auf der Stirn. Natürlich sind Stadtwerke-Unternehmen wie die GEW bei Fragen der Infrastruktur erster Adressat. Dafür haben Städte schließlich Tochtergesellschaften. Das ist auch okay so, solange es nicht an die Substanz des Unternehmens geht.
Und was ist mit der GEW-Finanzspritze für Schalke. Birgt das Risiken?
Kein Geschäft ist risikolos. Aber sie sind in dem Vertrag mit Schalke beherrschbar. Und wir werden aus dem Gesamtgeschäft eine angemessene Rendite erzielen.
Die GEW wird von einer Doppelspitze geführt. Das war bei ihrem Vorgänger von Courbière anders. Damit drückte sich bei der Stadt auch ein gewisses Misstrauen gegenüber der RWE aus.
Also die Doppelspitze mit Herrn Köllmann klappt ausgezeichnet. Wir tauschen Ideen aus, haben eine Arbeitsteilung und auch jede Woche jenseits von aktuellen Fragen einen festen Termin. Ich lerne auch noch in der Historie. Und ich habe Verständnis dafür, dass die Stadt Fragen stellt und nicht jemandem, den sie nicht kennt, die alleinige Verantwortung überlässt und im Kopf hat, dass RWE-Führungskräfte Funktionen nur für eine gewisse Zeit haben. Die Stadt fühlte sich bei der ELE-Personalie nicht richtig eingebunden.
Neuer Chef, neuer Besen: Gibt es neue Zielrichtungen bei der ELE
Die ELE ist jetzt zehn Jahre alt. Und jede Zeit hat ihre Rahmenbedingungen. Die letzten zehn Jahren galten der Markteinführung und der Kostenreduzierung. Bei den Vorwärtsstrategien waren wir, war die ELE eher zurückhaltend. Jetzt können wir stärker nach vorne blicken. Wir wollen innovativer werden und wollen dazu kommen, auch außerhalb des bisherigen Netzgebietes Gelsenkirchen, Gladbeck und Bottrop Kunden zu gewinnen.
In einem hausinternen Interview haben Sie gesagt, die ELE will auch grüner werden.
Ja, das haben wir zum Beispiel schon mit unserer Beteiligung an der Gesellschaft, die auf der Halde Scholven Windkraftanlagen bauen will, getan. Da hat es Verzögerungen gegeben, aber hoffentlich im Frühjahr wird mit dem Bau begonnen. Und wir prüfen den Bau einer großen Photovoltaik-Anlage. Hier hat sich ein Zeitfenster mit niedrigen Investitionskosten aufgetan. Wir werden im 1. Quartal 2010 einen Vorschlag für eine Anlage mit ein Megawatt Leistung auf 10 000 qm Fläche machen, wahrscheinlich in Gelsenkirchen. Außerdem sind Partnerschaften mit anderen Unternehmen außerhalb unseres Kundengebietes denkbar.
Die Konzesssionverträge für die Gas- und Stromnetze laufen 2014/15 aus. Die Stadt will auch die Gründung eigener Stadtwerke oder andere Partnerschaften prüfen.
Das Auslaufen der Verträge trifft nicht die ELE allein. Damit müssen wir uns auseinandersetzen. Die Städte haben in meinen Augen gute Gründe, die Zusammenarbeit mit der ELE fortzusetzen. Das war eine gute Partnerschaft. Finanzielle Zugeständnisse sind dabei begrenzt. Mehr als das, was wir etwa an Konzessionsabgabe zahlen, geht laut Verordnung nicht. Es gibt zudem Punkte, die die Politik bewegt: Die Städte wollen mehr Einfluss haben und haben ökologische Zielsetzungen bei der Stromerzeugung etwa. Ich glaube, dabei ist die ELE gut unterwegs.
Die mögliche Konkurrenz sitzt dabei gleich vor der Tür. Gelsenwasser ist zugleich mit seiner Online-Tochter in den Billig-Markt eingestiegen.
Wir beobachten die Konkurrenz. Und das ist nicht nur Gelsenwasser. Die Welt ist breiter geworden. Gelsenwasser treibt uns keine Schweißperlen auf die Stirn. Die Abwanderungen sind marginal. Wir haben weniger als ein Prozent unserer Kunden an Gelsenwasser verloren.