Gelsenkirchen. Die MiR Dance Company fiebert der Premiere des Tanzabends „Requiem/The Lost Ones“ entgegen. Am Samstagabend steigt im Musiktheater die Premiere.

Auf den ersten Blick scheinen sich da am Rande der Bühne nur zwei blank polierte, silbern glänzende Hügel zu erheben. Doch dann greifen Alessio Monforte und Yu-Chi Chen beherzt zu, drehen sie um – und binnen Sekunden verwandelt sich die vermeintliche Dekoration in eine Art Riesen-Suppentopf, in denen die Tänzer der MiR Dance Company in beinahe akrobatischer Manier manch waghalsigen Balance-Akt meistern müssen.

Premiere im Gelsenkirchener Musiktheater steigt am Samstagabend

Wie die Panzer zweier Riesenschildkröten wirken die auf den Schultern der Tänzer abgeladenen Halbkugeln.
Wie die Panzer zweier Riesenschildkröten wirken die auf den Schultern der Tänzer abgeladenen Halbkugeln. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Sieben dieser Halbkugeln spielen eine wichtige Rolle in „Requiem“. So lautet der Titel des neuen Tanzabends von Giuseppe Spota. Dieser gilt als seine zentrale, wichtigste Produktion in dieser Spielzeit. Der Company-Direktor hat nicht nur die Choreographie entworfen, sondern zeichnet auch für das Bühnenbild und die Kostüme verantwortlich. Vor der Premiere am Samstagabend, 15. Januar, um 19.30 Uhr im Großen Haus des Musiktheaters im Revier (MiR) nahm sich Spota die Zeit für ein Gespräch mit der WAZ.

„Die Kugeln sind aus Plastik. Wir haben sie extra für diese Produktion anfertigen lassen“, erzählt Spota, nachdem er die Probe im Musiktheater beendet und auf einem der Stühle im Foyer Platz genommen hat. Kurz zuvor hatte er noch ebenso konzentriert wie fokussiert auf der Bühne mit den Tänzern gearbeitet. Eine der Schlussszenen stand dabei auf dem Programm. Und in dieser müssen die beiden Tänzer Alessio Monforte und Yu-Chi Chen sich in vielfältigster Form mit besagten Halbkugeln auseinandersetzen.

Company-Direktor Giuseppe Spota tänzelt bei der Probe selbst über die Bühne

Mal sind sie Kulisse, die erklommen werden will. In umgedrehtem Zustand funktionieren sie dann ähnlich wie ein Rhönrad als Turngerät. Und als die Tänzer sich ihr großes, breites und schweres Utensil dann auf die Schultern laden und damit schweren Schrittes aufeinander zutrotten, da wirkt die Halbkugel plötzlich wie der Panzer einer gigantischen Schildkröte.

Spota steht in diesen Momenten nur wenige Meter von seinen Protagonisten entfernt auf der Bühne. Den Kopf hat er leicht zur Seite geneigt. Er tänzelt selbst um die Szenerie herum – ähnlich wie ein Kameramann beim Film, der immer auf der Suche nach der besten Perspektive ist. Dann schreitet Spota kurz zum Laptop, mit dessen Hilfe die Musik eingespielt wird. Auf Tastendruck bricht diese abrupt ab. Und Spota erklärt in englischer Sprache, was er gerade beobachtet hat, gibt Korrekturtipps an die Tänzer. Mal sind es nur kleinere Dinge – etwa, wo eine Hand auf der Halbkugel besser zugreifen sollte.

Manchmal demonstriert der Direktor aber auch selbst voller Elan, wie er sich eine bestimmte Pose oder einen besonders wichtigen Schritt vorgestellt hat. Die Tänzer lauschen. Nicken verständnisvoll. Und setzen die Anweisungen im nächsten Versuch sofort um.

Das Licht wird beim „Requiem“ eine wichtige Rolle spielen

„Das Licht wird auch eine wichtige Rolle spielen. Es hat eine große Bedeutung“, sagt Spota. Zwar komme es nur spärlich, dafür aber besonders pointiert zum Einsatz. Die größtenteils schwarzen Kostüme der Tänzer spielen dabei auch eine tragende Rolle. Im Oktober haben die Proben zu „Requiem“ begonnen. Und es sei für seine Company eine echte Herausforderung. „Körperlich und tänzerisch wird ihnen hier viel abverlangt. Sie sind komplett gefordert“, stellt Spota klar.

Für das Publikum werden die Tänzerinnen und Tänzer diesmal zum Greifen nah erscheinen, weil sich das Geschehen nahe am Bühnenrand abspielt. Die räumliche Verdichtung ist vonnöten, weil hinter den Tänzern auf der Bühne sowohl die Musiker der Neuen Philharmonie Westfalen als auch der Chor für die Besucher sichtbar platziert sind. „Rund 65 Leute werden manchmal zeitgleich auf der Bühne sein“, so Spota.

Diese Nähe zum Publikum ist es, die den Company-Mitgliedern in Pandemie-Zeiten am meisten gefehlt hat. „Wir hoffen, bald endlich wieder ohne Vorgaben und Mindestabstände auftreten zu dürfen“, sagt Giuseppe Spota und fügt nach einem kurzen Moment des Innehaltens hinzu: „Wir wollen die Zuschauer mit unserer Kunst endlich wieder unbefangen und unbeschwert umarmen dürfen.“

Zweiter Teil des Tanzabends heißt „The Lost Ones“

Der zweite Teil dieses Abends heißt „The Lost Ones“ und wurde von Erion Kruja choreographiert. Zwischen den beiden Teilen gibt es eine Pause. „Das Thema Verlust ist in beiden Teilen zu finden. Und doch unterscheiden sie sich sehr“, sagt Hanna Kneißler, die Dramaturgin von „Requiem“. Bei „The Lost Ones“ ist die MiR- Chefdramaturgin Anna Chernomordik für die Dramaturgie verantwortlich.

Die zuvor freischaffend tätige Tänzerin Octavia Barvulsky ist als Gast bis zum Ende dieser Spielzeit verpflichtet worden und wird in „Requiem“ zum ersten Mal für die MiR Dance Company auf der Bühne stehen. Es gibt noch Karten für die Premiere am Samstag und die sieben folgenden Abende – an der Theaterkasse oder 0209 40 97 200.