Gelsenkirchen. Weihnachtsmarkt in der Altstadt geht in seine letzte Woche: Eine Umfrage unter den Händlern zeigt, dass die Geschäfte diesmal schleppend laufen.
„Das war der erste Kunde seit gut einer Stunde“, sagt Uwe Lauterbach, nachdem er einen Herrn mittleren Alters bedient hat. Für den Betreiber (56) des Crepes- und des Backkartoffelstandes ist dies inzwischen das 31. Jahr als Händler auf dem Weihnachtsmarkt in der Altstadt. „Aber so bescheiden wie diesmal war es noch nie.“
Eine Pandemie-Folge: Deutlich weniger Laufkundschaft in der City
Dass im Winter 2021 die Weihnachtsmärkte überhaupt wieder öffnen dürfen, sei im Vergleich zur Komplettschließung im Vorjahr ja schon mal ein Fortschritt, findet Markus Schwardtmann. Der Geschäftsführer der Stadtmarketing-Gesellschaft weiß aber auch, dass die Folgen der Corona-Pandemie immer noch massive Auswirkungen auf das Kundenverhalten haben. „Es ist einfach deutlich weniger Laufpublikum in der City unterwegs. Und viele, die normalerweise hier arbeiten, sind derzeit im Homeoffice“, weiß Schwardtmann. Außerdem habe sich Wettergott Petrus seit der Marktöffnung Mitte November fast ständig von seiner regnerischsten Seite gezeigt.
„Es ist insgesamt durchwachsen“, lautet deshalb auch das Fazit von Bernd Jansen. Er steht als Verkäufer in der Holzhütte, in der Liköre des Berliner Herstellers O’Donnell verkauft werden. Vor allem die letzten Sonntagabende seien „wirklich trostlos“ gewesen, so Jansen. Da habe sich kaum noch ein Kunde auf den Heinrich-König-Platzt verirrt. Freitags und samstags sehe die Sache schon deutlich erfreulicher aus. Als Händler musste er seine Kundschaft auch auf die Einhaltung der 2G-Regeln kontrollieren. Bis auf zwei, drei negative Ausnahmen sei er in all den Wochen dabei aber durchweg auf Verständnis gestoßen.
Viele Kunden seien gestresster und gereizter – oder kommen gar nicht
„Die Leute sind insgesamt viel gestresster und gereizter als in Vor-Corona-Zeiten“, hat Carsten Ritzenhofen beobachtet. Der 45-jährige aus Ückendorf hat mit seiner Frau Nicole am Neumarkt die Zelte aufgeschlagen und verkauft dort gebrannte Mandeln, Lebkuchen-Herzen und andere Leckereien. „Corona kostet uns viel Laufkundschaft“, schildert er seine Beobachtungen. Das habe zu Umsatzeinbußen von 50 bis 60 Prozent geführt. „Ich würde die Stände wieder mehr in die Bahnhofstraße hinein verlegen“, schlägt er vor. Und er vergisst es nicht, sich bei der Kundschaft zu bedanken, die „trotz der schwierigen Situation nach wie vor zu uns kommt“.
Seit sieben Jahren ist Juan Carlos Rodriguez auf Märkten aller Art unterwegs. Der Wanne-Eickeler (45) verkauft am Neumarkt exklusive und richtig leckere Süßgebäcke – wie Nougat aus Frankreich, Früchtebrot aus Spanien oder Naschereien aus Sizilien. „Das ist alles handgefertigt und von daher etwas teurer“, sagt Rodriguez. Dafür brauche es einfach eine bestimmte bürgerliche, zahlungskräftigere Kundschaft. Und die vermisse er ein Stück weit im weihnachtlichen City-Treiben. „Für mich ist der Markt bislang ein Minus-Geschäft“, sagt er.
Ein Publikumsmagnet wie ein Riesenrad fehle am Heinrich-König-Platz
Auch der gelernte Fischwirt Florian Naroda (33) klagt über erhebliche Umsatzeinbuße im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten. „Meine Stammkunden sind zwischen 50 und 90. Von denen trauen sich die meisten derzeit gar nicht aus dem Haus“, sagt der Händler aus Schermbeck, der geräucherte Forellen, Aale und Matjes anbietet. Naroda würde sich einen zusätzlichen Publikumsmagneten auf dem Heinrich-König-Platz wünschen – etwa ein Riesenrad. „Das würde mehr Laufkundschaft bis ans hiesige Ende der Fußgängerzone ziehen“, glaubt er.
Händler müssen leicht reduzierte Standgebühren zahlen
Aus Hamburg ist Uwe Daihs angereist. Er verkauft handgefertigte Holzdekorationen wie kleine Engel, Elche oder Tannenbäume. „Nach gutem Start ist das Geschäft im Laufe der letzten Wochen immer schwächer geworden“, sagt er. Vor 15 Jahren war er mit seinem Stand in Buer auf dem Weihnachtsmarkt. Diese Zeiten könne man mit der heutigen Corona-Lage überhaupt nicht vergleichen.
Genau wie Daihs ist auch Crepes-Verkäufer Uwe Lauterbach erleichtert, dass den Händlern in diesem schwierigen Jahr zumindest die Sondernutzungsgebühren erlassen werden. „Das bedeutet aber nicht, dass wir gar keine Standgebühren zahlen müssen“, betont Lauterbach. Es sei eine kleine Ersparnis, die den gebeutelten Händlern zumindest ein Stück weit hilft.