Gelsenkirchen. Um das Schaufenster von Wilhelm Schleweis in Gelsenkirchen ist eine Debatte entbrannt. Das Thema ist wichtig, die Nazi-Vergleiche schockierend.
Er habe einen Weg gesucht, seinen Frust über die Spaltung der Gesellschaft zum Ausdruck zu bringen. Genauer gesagt, über die Differenzierung zwischen geimpften und ungeimpften Menschen - und wählte dafür das Schaufenster seines Holzmöbel-Geschäfts in Gelsenkirchen-Buer.
Wilhelm Schleweis malte in weißen Lettern „Ungeimpfte unerwünscht“ auf das Glas und erntete dafür vor allem auf Facebook massive Kritik und Drohungen. Schnell hagelte es Vergleiche mit dem Faschismus im Dritten Reich. Die Aktion erinnere an die Verfolgung der Juden durch die Nazis, an die Barbarei der Hitler-Diktatur. Ein Muster, das seit Ausbruch der Corona-Pandemie immer wieder zu sehen ist. Nazi-Vergleiche werden als vermeintlich legitime Protestform gegen Corona-Schutzmaßnahmen und Andersdenkende herangezogen.
Geht’s noch?
Derartige Vergleiche sind eine ebenso erschütternde Unart wie die zum Normalfall gewordene Tendenz, den politischen Gegner in eine „Nazi-Ecke“ zu stellen.
Obendrein helfen derart verfehlte und absurde Diffamierungen auch in der Debatte darüber nicht weiter, ob ein Inhaber sein Geschäft freiwillig für ungeimpfte Menschen zur Tabuzone erklären darf. Dabei ist angesichts der Tatsache, dass wir wohl noch eine ganze Weile mit der Bedrohung durch das Coronavirus leben müssen, ein Diskurs über eine Impfpflicht, über Einschränkungen für Ungeimpfte, über die Entscheidungsfreiheit, sich nicht impfen zu lassen und die Freiheit, auf Abstand zu Ungeimpften zu gehen, durchaus angebracht. Mit Beschimpfungen und Bedrohungen wird das aber nicht gelingen.
Wilhelm Schleweis: „Wohl der größte Fehler meines Lebens“
Wilhelm Schleweis selbst bezeichnet seine Aktion inzwischen als „den wohl größten Fehler seines Lebens“. Vorher hatten Unbekannte sein Schaufenster beschädigt. Er schäme sich dafür, sagt er und wisse selber nicht, was ihn geritten habe, so „eine Dummheit zu begehen“. Schließlich habe er selber lange gezögert, sich gegen Corona impfen zu lassen.
Um im Netz die Wogen zu glätten, hat er sich mit einem Schild in der Hand vor seinem Laden fotografieren lassen und das Bild online gestellt. Darauf zu sehen ist Schleweis mit dem Satz „Ich schäme mich!“.
Der Gelsenkirchener bedauere, dass er das Gegenteil von dem erreicht habe, was er eigentlich gewollt habe. Der Schreiner habe mit seiner Aktion auf die Gräben in der Gesellschaft aufmerksam machen und diese nicht weiter vertiefen wollen.
Dass er bei einigen wegen seiner Wortwahl nachvollziehbarer Weise Assoziationen an die Menschheitsverbrechen der Nazis geweckt habe, tue ihm ausgesprochen leid. Das sei nicht die Intention seiner Aktion gewesen. In seinem Laden sei auch weiterhin jeder willkommen, der sich an die Hygieneregeln halte. Den Schriftzug „Ungeimpfte unerwünscht“ hat er schnell wieder abgewaschen, jetzt steht dort „Ich schäme mich“.
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