Gelsenkirchen-Horst. Simone Bergant redet mit Bewohnern von Gelsenkirchenern Seniorenzentren darüber, wie diese ihre letzte Stunden verbringen wollen.
Wie will ich meine letzten Tage, meine letzten Stunden, meine letzten Minuten verbringen? Mit diesen Fragen beschäftigen sich Menschen in der Regel nicht gern, und für die allermeisten gibt es dazu auch wenig Anlass. Anders sieht es in einem Seniorenheim aus: Wer hier wohnt, der weiß zumeist, dass das seine letzte Station ist. Und dennoch ist der eigene Tod, das eigene Sterben oft ein großes Tabuthema. Nicht für Simone Bergant – für sie ist die Beschäftigung mit diesem Thema Alltag.
„Beraterin für Gesundheitsvorsorgeplanung“: Dieser etwas sperrige Titel steht auf dem Namensschild der 53-Jährigen, die in den Awo-Seniorenzentren in Horst und Hassel arbeitet. Das klingt nach Bürokratie und Verwaltungskram, und ein bisschen stimmt das auch: Einen Teil ihrer Arbeitszeit verbringt Simone Bergant am Schreibtisch. Doch sehr viel mehr Raum nimmt die Zeit ein, die sie mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der Senioreneinrichtungen verbringt.
So arbeitet die Gelsenkirchenerin in den Seniorenzentren
Bevor sie ihre jetzige Stelle antrat, hatte Simone Bergant viele Jahre in der Pflege gearbeitet, sie kennt die Situation der Bewohnerinnen und Bewohner genauso wie die Arbeit der Pflegekräfte. Sie weiß daher sehr genau, dass für viele Dinge im Pflegealltag oft keine Zeit bleibt – etwa für lange Gespräche mit den alten Menschen, Gespräche darüber, was sie bewegt, was sie belastet. Daher ließ sie sich vor zweieinhalb Jahren zur Fachkraft für Gesundheitsvorsorgeplanung weiterbilden.
„Mir geht es vor allem darum, unsere Bewohner zu verstehen, mich mit ihnen auseinanderzusetzen und etwas über ihre Sorgen und Wünsche zu erfahren“, berichtet sie. Dabei falle sie nicht gleich mit der sprichwörtlichen Tür ins Haus und erwähne das Thema Tod. „Wichtig ist es, zunächst eine Vertrauensbasis herzustellen“, erzählt sie. „Über Fragen beispielsweise nach dem Ehepartner kommt man dann ganz automatisch auf die Themen Sterben und Tod.“ [Lesen Sie auch: Senioren fahren mit der Rikscha durch Gelsenkirchen-Horst]
Um diese Themen geht es bei den Gesprächen
Die Reaktionen darauf seien ganz unterschiedlich. „Es gibt Menschen, die darüber nicht reden wollen, weil sie Angst haben“, sagt sie – das sei dann auch in Ordnung. „Die große Mehrheit ist aber sehr froh, endlich mit jemandem reden zu können“, weiß Simone Bergant, „gerade weil das Thema zwischen ihnen und ihren Kindern und Angehörigen ein großes Tabu ist.“ Dann sprudele es förmlich aus den Menschen heraus, sie könne dann erkennen, welche Erleichterung es bedeute, die Gedanken endlich in Worte zu fassen.
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Ganz konkret geht es dabei um Wünsche, die die alten Menschen haben, Wünsche, wie genau die letzte Lebensphase aussehen soll. „Manche wollen sicherstellen, dass sie nicht alleine, sondern umgeben von ihren Angehörigen sterben – manche wollen genau das nicht“, berichtet die 53-Jährige. „Manche möchten, dass Musik gespielt wird, natürlich ist es vielen Menschen wichtig, dass ein Geistlicher kommt.“ Sämtliche Wünsche werden schriftlich festgehalten, sodass das Pflegepersonal ganz genau weiß, wie es in welchen Situationen reagieren muss. „Dabei geht es auch etwa darum, ob man künstlich ernährt werden soll, wie mit Schmerzmitteln umgegangen wird oder ähnliches“, sagt Simone Bergant. Die Mitarbeiterin ist dann auch dabei behilflich, die entsprechenden Formulare und Vollmachten zu verfassen.
Ganz wichtig sei es, auch die Angehörigen mit an Bord zu holen. „Viele sind dann ganz überrascht, wenn sie hören, welche Wünsche ihre Mutter oder ihr Vater hat – eben weil darüber nie gesprochen wurde“, sagt Simone Bergant. Für sie selbst sei die Arbeit sehr bereichernd, gerade weil in ihrem früheren Beruf als Pflegerin dafür die Zeit nie ausgereicht habe. „Ich genieße es, mir für die Menschen Zeit nehmen zu können“, sagt sie.
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