Gelsenkirchen. Kürzere Kündigungsfristen, Hinweise auf bessere Tarife: Verbraucher profitieren von neuen Regeln. Eine Gelsenkirchener Expertin klärt auf.

Die Novelle des Telekommunikationsgesetzes bringt viele neue Regeln für Festnetz-, Internet- und Mobilfunkverträge mit sich. Die wichtigsten Fakten:

Kürzere Kündigungsfristen bei automatischen Vertragsverlängerungen

Minderungs- und Kündigungsrecht bei zu geringer Bandbreite

Entschädigungen bei Telefon- und Internetausfällen, sofern der Anbieter die Störung nicht innerhalb von zwei Arbeitstagen behebt

Das Gesetz tritt am 1. Dezember 2021 in Kraft – und zwar für alle Verträge, egal ob der Vertrag davor oder danach abgeschlossen wurde.

Vielen ist das schon passiert: Man möchte kurz vor Ablauf des Vertrags den Mobilfunkanbieter oder Internetprovider wechseln und reicht die Kündigung ein. Prompt kommt Post und die Enttäuschung ist groß. Denn: Die Kündigungsfrist wurde verpasst und der alte Vertrag verlängert sich um ein ganzes Jahr.

Verkürzte Kündigungsfrist bei automatischen Vertragsverlängerungen

Was für viele ein großes Ärgernis bedeutete, wird ab dem 1. Dezember verbraucherfreundlicher: „Verträge, die nicht rechtzeitig vor Vertragsende gekündigt werden und sich automatisch verlängern, lassen sich demnächst nach Ablauf der Mindestlaufzeit monatlich kündigen“, sagt Sigrun Widmann, Leiterin der Verbraucherzentrale Gelsenkirchen. Dies gelte sowohl für bestehende als auch für neue Verträge. Die Mindestvertragslaufzeit bei neuen Internet-, Telefon- oder Mobilfunkverträgen darf weiterhin maximal 24 Monate betragen.

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Eine weitere kundenfreundliche Neuerung ist aus Sicht der Verbraucherschützerin, „dass Anbieter ihre Bestandskunden einmal jährlich über den für sie optimalen Tarif informieren müssen“. Und das dürfen die Unternehmen nicht ausschließlich am Telefon tun – heißt: Kundinnen und Kunden bekommen das schwarz auf weiß zu lesen. In der Vergangenheit gab es das nicht. So blieben nicht selten Kunden in einem teureren Alt-Tarif.

Entschädigungen für Verbraucher bei Telefon- und Internetausfällen

Die Verbraucherschützerin begrüßt es außerdem, dass nun auch Entschädigungen bei Störungen des Anschlusses gesetzlich geregelt sind. Diese Regelung greift ab dem dritten Kalendertag nach Eingang der Störungsmeldung. „Für den dritten und vierten Tag stehen den Kunden zehn Prozent des vertraglich vereinbarten Monatsentgelts zu, mindestens aber fünf Euro“, erklärt Sigrun Widmann. Ab dem fünften Tag erhöht sich der Betrag auf 20 Prozent des Monatsentgelts, mindestens werden zehn Euro fällig.

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Versäumt der Anbieter Kundendienst- oder Installationstermine, stehen Kunden ebenso 20 Prozent des vertraglich vereinbarten Monatsentgelts zu, auch hier liegt die Untergrenze der Ausgleichszahlung bei zehn Euro.

Widmann warnt aber davor, dabei allzu euphorisch zu sein. Und das „liegt am Problem der Beweisbarkeit der Störung oder des Ausfalls der Verbindung“. Ein einfacher Anruf bei der Hotline genüge nicht, eine rechtssichere Dokumentation sei häufig aufwendig und schwierig.

Anschlusssperre greift erst ab einem Betrag von mindestens 100 Euro

Ist der Kunde mit seinen Zahlungen im Verzug, so dürfen die Telekommunikationsunternehmen erst bei einem Betrag von mindestens 100 Euro eine Sperre des Anschlusses durchführen. „Vormals lag die Grenze bei 75 Euro“, weiß die Leiterin der Verbraucherzentrale Gelsenkirchen. Außerdem muss der Anbieter die Sperre zwei Wochen vorher schriftlich androhen. Und: „Wer etwa seinen Mobilfunkanschluss lange nicht bezahlt hat, dem kann deswegen nicht der Festnetzanschluss gesperrt werden“, erklärt Sigrun Widmann weiter.

Die Gelsenkirchener Verbraucherexpertin Sigrun Widmann begrüßt es, dass nun auch Entschädigungen bei Störungen des Anschlusses gesetzlich geregelt sind
Die Gelsenkirchener Verbraucherexpertin Sigrun Widmann begrüßt es, dass nun auch Entschädigungen bei Störungen des Anschlusses gesetzlich geregelt sind © FUNKE Foto Services | Joachim Kleine-Büning

Bei einem Wechsel zu einem neuen Anbieter ist der neue Vertragspartner für die Abwicklung des Wechsels und die Rufnummernmitnahme verantwortlich. „Der alte Anbieter muss seine Leistung nach Vertragsende bis zum erfolgreichen Wechsel wie bislang weiterführen und darf dafür maximal 50 Prozent des vereinbarten Anschlussentgeltes verlangen“, erklärt Widmann die Modalitäten.

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Auch hier, so die Verbraucherschützerin, gelte: Wer länger als einen Arbeitstag keinen Zugriff auf die Telekommunikationsdienste habe, könne für jeden weiteren Tag eine Entschädigung von zehn Euro (20 Prozent des vertraglich vereinbarten Monatsentgelts) von seinem alten Anbieter verlangen. „Auch bei einer fehlgeschlagenen Rufnummernmitnahme kann ab dem zweiten Arbeitstag eine Entschädigung in Höhe von zehn Euro für jeden weiteren Tag eingefordert werden“, so die Expertin.

Einmonatiges Kündigungsrecht, wenn im neuen Heim der Anschluss bereits besetzt ist

Verbrieft ist jetzt auch das Recht auf schnelles Internet. Die Sache hat aber noch einen Haken. Gesetzlich geregelt ist nämlich noch nicht, wie schnell die Mindestbandbreite sein muss. Das muss noch festgelegt werden, ansonsten wird es nahezu unmöglich, bei Störungen und Ausfällen Ansprüche auf Entschädigungen durchzusetzen.

Zu guter Letzt noch eine positive Nachricht für alle diejenigen, die einen Umzug planen: Wenn der Anbieter die bisher gebuchten Leistungen am neuen Wohnort nicht zur Verfügung stellt (beispielsweise die bisherige Internetgeschwindigkeit), dann können Verbraucher ihren Vertrag mit einmonatiger Frist kündigen – „auch innerhalb der Mindestvertragslaufzeit“, wie Sigrun Widmann betont. Dasselbe gelte, wenn Menschen mit einer anderen Person zusammenziehen und bereits ein Vertrag in der neuen Wohnung bestehe und der Anschluss dadurch besetzt sei.

Kontakt zur Verbraucherschutzzentrale Gelsenkirchen

Die Verbraucherzentrale Gelsenkirchen hat ihren Sitz an der Robert-Koch-Straße 4 in der Innenstadt. Telefonisch erreichbar ist sie unter 0209 157603-01, Fax -10.Öffnungszeiten: montags 9 bis 13 Uhr und 14.30 bis 18 Uhr; dienstags geschlossen; mittwochs 9 bis 13 Uhr und 14.30 bis 18 Uhr; donnerstags 9 bis 15 Uhr, freitags 9 bis 15 Uhr. Bitte erkundigen Sie sich, ob diese bereits wieder zu den gewohnten Zeiten geöffnet hat, wegen der Corona-Pandemie müssen Beratungen und Termine vorab abgesprochen werden.