Gelsenkirchen/Herne. Eine Klage gegen die Erweiterung der Zentraldeponie in Gelsenkirchen/Herne rückt in weite Ferne. Warum selbst der Naturschutzbund klein beigibt.

Düstere Aussichten für die Gegner der Zentraldeponie Emscherbruch in Gelsenkirchen und Herne: Die Anwohner, die sich in der Bürgerinitiative „Uns stinkt’s“ (BI) organisiert haben, werden wohl auch ihre Hoffnungen auf den Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) als Mitstreiter gegen die genehmigte Erweiterung der Sondermüll-Lagerstätte begraben müssen.

Blick auf die Dannekampsiedlung und die Zentraldeponie Emscherbruch an der Grenze von Gelsenkirchen und Herne. Die Lagerstätte wird erweitert. Dort sollen bis zu 4,6 Millionen Kubikmeter zusätzliche Abfallmengen deponiert werden, darunter gefährlicher, giftiger Müll.
Blick auf die Dannekampsiedlung und die Zentraldeponie Emscherbruch an der Grenze von Gelsenkirchen und Herne. Die Lagerstätte wird erweitert. Dort sollen bis zu 4,6 Millionen Kubikmeter zusätzliche Abfallmengen deponiert werden, darunter gefährlicher, giftiger Müll. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Naturschutzbund fehlt Sachverstand, um Klage gegen Gelsenkirchener Deponie zu führen

Nachdem in der gemeinsamen Sitzung des Gelsenkirchener Umweltausschusses und der Bezirksvertretung Ost am Dienstag die Verwaltung die Möglichkeiten und Aussichten einer Klage gegen die Erweiterung der auch für Giftmüll genutzten Deponie abschlägig beurteilt hat, scheint sich jetzt auch der BUND von dem Vorhaben zurückzuziehen.

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„Wir fühlen uns nicht imstande, eine solche Klage durchzustehen“, sagte Ingrid Reckmeier vom BUND-Kreisverband Herne. Das Gelsenkirchener Pendant ist seit geraumer Zeit nicht mehr aktiv. Über die Kreisverbände des BUND werden Klagen initiiert. Befugt den Rechtsweg einzuschlagen im Namen der nichtstaatlichen Umwelt- und Naturschutzorganisation ist dann der Landesverband. Den Weg in die NRW-Ebene wird die angedachte Klage aber nach derzeitiger Lage nicht gehen.

Naturschutzbund an 1000 Klagen pro Jahr beteiligt

Nach Auskunft von Landesgeschäftsleiter Dirk Jansen führt der BUND „grundsätzlich keine Stellvertreter-Klagen zur Wahrung privater Belange“. In NRW steht den anerkannten Naturschutzvereinigungen seit dem Jahr 2001 die naturschutzrechtliche Verbandsklage zur Verfügung; flankiert von den Rechtschutzmöglichkeiten bei Verletzung von Beteiligungsrechten und den Möglichkeiten nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz seit dem Jahr 2006.

Damit kann auch der BUND gegen bestimmte Zulassungsentscheidungen die so genannte Verbandsklage erheben. Ohne eine direkte Betroffenheit nachweisen zu müssen, kann der BUND deshalb als „Anwalt der Natur“ auftreten. „Wir werden pro Jahr an etwa 1000 beteiligungspflichtigen Verfahren beteiligt, insofern ist klar, dass wir nicht jedes Vorhaben auch vor den Kadi zerren können“, so Jansen

„Uns fehlt schlichtweg jemand mit dem nötigen technischen Sachverstand bei Deponien, der diese Klage begleiten könnte“, begründete die gelernte Biologin den sich anbahnenden Rückzug weiter. Der frühere BI-Sprecher Heinz-Peter Jäkel sei dafür vorgesehen gewesen. „Er war in dem Fall überaus aktenkundig und als ehemaliger Bergwerks-Ingenieur technisch äußerst versiert“, so Reckmeier weiter.

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Plötzlicher Tod von BI-Sprecher durchkreuzt Klage-Pläne gegen Giftmüll-Deponie

Jäkels plötzlicher Tod hat aber die Klage-Pläne massiv durchkreuzt. „Alle haben gehofft, dass ich jetzt die Klage begleiten würde, aber ich fühle mich mit der Materie einfach überfordert“, so die Ehrenamtlerin weiter.

Der frühere Sprecher der Bürgerinitiative „Uns stinkt’s“ Heinz-Peter Jäckel. Sein plötzlicher Tod hat die Klage-Pläne der Gelsenkirchener und Herner Anwohner gegen die Erweiterung der Deponie, auf der auch Giftmüll gelagert wird, durchkreuzt.
Der frühere Sprecher der Bürgerinitiative „Uns stinkt’s“ Heinz-Peter Jäckel. Sein plötzlicher Tod hat die Klage-Pläne der Gelsenkirchener und Herner Anwohner gegen die Erweiterung der Deponie, auf der auch Giftmüll gelagert wird, durchkreuzt. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Zwar besteht laut BUND die Möglichkeit, sich externe Expertise einzuholen, dadurch steigen aber auch die Kosten für eine Klage an. Reckmeier verwies in dem Zusammenhang auf die noch „nicht abgeschlossene Klage gegen Firma Suez“ in Herne. Das Unternehmen bereitet giftige Böden auf. Die finanzielle Größenordnung des Verfahrens, an dem der BUND beteiligt ist, „beläuft sich auf etwa 15.000 Euro“. Und ob die BI diese Bürde stemmen könnte, sei fraglich, sagte Reckmeier.

BI-Sprecher Henning Mettge sieht das anders und ist sich sicher: „Am Geld wird es nicht scheitern. Notfalls würden wir zu Spenden aufrufen.“

Frist für eine Klage gegen Zentraldeponie Emscherbruch läuft Mitte November aus

Die Krux für den BUND und die Bürgerinitiative liegt nun darin, einen geeigneten Umweltanwalt zu finden, um doch noch die Gerichtsbarkeit anrufen zu können. Dem BUND zufolge sind bereits Erkundigungen in Richtung Hannover, Leipzig und Berlin gelaufen. „Wir haben aber keinen Fachanwalt gefunden, der sich explizit mit Deponien auskennt“, so Ingrid Reckmeier.

Die Frist für eine Bürgerklage mit dem BUND läuft nach Angaben der Umweltschützer „mit dem letzten Tag der öffentlichen Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses aus, also am 15. November“.