Gelsenkirchen. Die Dortmunder Polizeistatistik zeigt: Die Zahl der illegalen Autorennen hat sich verdoppelt. So sieht die Bilanz in Gelsenkirchen aus.
Mit Rasern und Posern hat Gelsenkirchen ebenso wie andere Ruhrgebietsstädte ein Problem. Die Dortmunder Polizeistatistik zeigt: Die Zahl der illegalen Rennen hat sich innerhalb eines Jahres verdoppelt. Wie sieht die Bilanz in Gelsenkirchen aus, was sagt die Polizei?
„In Gelsenkirchen ist keine Raserszene wie in Dortmund existent“, erklärt Polizeisprecher Stephan Knipp. Dafür hat die Behörde festgestellt, dass Gelsenkirchen in den Sommermonaten zum Treffpunkt für „eine Autoposer- und Tunerszene sowie einer Datingszene“ geworden ist. Hotspots dafür sind unter anderem: Der Parkplatz am Apollo-Kinocenter, das Amphitheater, das Hafenviertel Graf Bismarck und die Europastraße rund um den Schalker Verein.
Illegale Autorennen in Gelsenkirchen: 20 Anzeigen und 13 Fahrzeuge sichergestellt
Die Gelsenkirchener Polizeibehörde spricht mit Blick auf illegale Autorennen von „rückläufigen Fallzahlen“ – auch wenn das Jahr noch nicht zu Ende ist. Mit Stand 30. September hat die Polizei in Zusammenhang mit dieser Art von Straftat (§ 315d Strafgesetzbuch) 20 Anzeigen auf den Weg gebracht. 13 Führerscheine und 13 Fahrzeuge wurden außerdem sichergestellt.
Im vergangenen Jahr sahen die Zahlen zu illegalen Rennen noch anders aus: Da listete die Statistik 42 Strafanzeigen sowie zwölf Führerscheine und neun Autos auf, die von Beamten sichergestellt wurden. Und, so sagt Stephan Knipp, im Zusammenhang mit illegalen Rennen sei es in Gelsenkirchen zu keinem bekannten Verkehrsunfall gekommen.
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Da fällt die Nachbarstadt Dortmund deutlicher aus dem Rahmen. So verdoppelte sich dort die Zahl der illegalen Rennen innerhalb eines Jahres beinahe, von 52 im Jahr 2019 auf 100 im zurückliegenden Jahr 2020. Bei den Rennen kam es in den vergangenen drei Jahren zu 38 Unfällen, mit insgesamt 31 Verletzten. Einsatzkräfte der Polizei stellten im Zuge dieser Rennen 436 Fahrzeuge und 137 Führerscheine sicher. Einer der Hotspots dort: der Wallring.
Das sind die Gegenmaßnahmen in Gelsenkirchen - Ruf nach Schranke in Graf Bismarck
Die Gegenmaßnahmen in den Städten sehen unterschiedlich aus, das hängt vor allem mit den Örtlichkeiten zusammen. Auf dem Wallring in Dortmund wurde Tempo 30 nach 21 Uhr eingeführt, großangelegte Kontrollen und verengte Fahrbahnen mit Tempo 10 hemmen die PS-Boliden nun regelmäßig.
In Gelsenkirchen brachen Polizei und KOD den sommerlichen Ansturm von bis zu 500 Fahrzeugen am Kinocenter mit Einfahrtkontrollen, Verzehrverboten und vielköpfigem Wachdienst. Letzterer ist längst wieder abgezogen, die Schilder hindern Besucher nur noch proforma am Essen und Trinken am oder im Auto. Polizei und KOD haben diesen und die anderen Treffs nach eigenem Bekunden aber weiter im Blick.
Im Gelsenkirchener Stadtquartier Graf Bismarck wird an Feiertagen oder Wochenenden unter anderem die Zufahrt zur Johannes-Rau-Allee gesperrt, um schier endlose Blechlawinen zu stoppen. Einbauten sollen zudem Beschleunigungsfahrten bremsen. Dazu gibt es ein nächtliches Einfahrverbot.
Stadt: Gastro-Betriebe fürchten weitere Einschränkungen
Die Stadt teilte mit, dass aktuell keine Planungen für einen Beachclub bei der Wirtschaftsförderung vorliegen. Stölting hat auf Anfrage dieser Zeitung zu den Plänen bislang nicht geantwortet.Die Wirtschaftsförderung betonte, dass bei der Beurteilung die Interessen aller im Hafengebiet berücksichtigt werden müssen. „Insbesondere auch die der Gastronomen, die durch die Coronapandemie in den vergangenen fast 18 Monaten bereits deutliche Umsatzeinbußen hinnehmen mussten. Hier zeigt ein erster Austausch, dass die Gastronomen jede weitere Einschränkung der Erreichbarkeit der Gastronomie fürchten.“
Das aber, so die örtliche Bürgerinitiative von Anwohnern, reiche bei weitem nicht aus. Vor allem mit Blick auf „die nächste Poser-Saison“ und dem zu erwartenden größeren Andrang, wenn die Marina mit der geplanten Strand-Bar künftig noch mehr Anziehungskraft versprüht, wird der Ruf nach einem Parkraumkonzept und eine Zuflussregulierung per Schranke nach Düsseldorfer Vorbild lauter.
Anwohner: Gelsenkirchener Beach Bar wird Anziehungskraft auf Besucher erhöhen
„Wo sollen denn die ganzen Fahrzeuge hin, wenn die Beach Bar umgesetzt wird“, fragt Wolfgang Kothe, Sprecher der Bürgerinitiative. Er und seine Mitstreiter plädieren dafür, die Grünfläche am Knick der Johannes-Rau-Allee, bei großen Anlässen wie dem Hafenfest als Zusatzparkplatz genutzt, dauerhaft als bewirtschafteten Parkplatz einzurichten. Dazu die ursprünglich mal als Veranstaltungsplatz deklarierte Freifläche vor dem Schiffsanleger der Weißen Flotte – bisher haben dort aber noch nie Veranstaltungen stattgefunden.
Die Stadt hat diese Vorschläge der BI bislang abschlägig bewertet. Ein Grund: Ein Hotel soll an die verwaiste Fläche bald angrenzen. Laut Wirtschaftsförderung „könnten die Vermarktungschancen für einen Hotelbetrieb in dem Bereich negativ beeinträchtigt werden“ durch den gewünschten Parkraum.
Stadt Gelsenkirchen: Schrankenlösung in Graf Bismarck fehlt gesetzliche Grundlage
Noch weniger kann sich die Verwaltung mit der Schrankenlösung gegen „Poser und Raser“ im Hafenviertel anfreunden, sie beruft sich dabei auf „das Wegerecht, dem Gemeingebrauch“ als öffentlich gewidmete Verkehrsfläche. Demnach fehle einer Schrankenlösung die gesetzliche Grundlage, sie sei nicht durchsetzbar.
Bei der Bürgerinitiative sorgt diese Haltung für Unverständnis. „Wir können uns nicht vorstellen, dass in Düsseldorf andere Gesetze gelten als hier“, erwidert Kothe. „Warum also soll das hier nicht umsetzbar sein?“ Nach Meinung der BI hätten bewirtschaftete Parkplätze und die Schranke den Vorteil, die Poser am Dauerflanieren mit ihren PS-Boliden zu hindern, normale Gäste und Besucher fänden genügend Abstellplätze, die Gastro-Betriebe, der Club und die Bar „M One“ wären fußläufig erreichbar, die Marina und die von ihr abgehenden Spazier- und Radwege ohnehin.
Anwohnerwunsch: Gelsenkirchen soll Düsseldorfer Beispiel folgen
Am Düsseldorfer Mannesmannufer kann nach einer Entscheidung von Oberbürgermeister Stephan Keller eine elektronisch gesteuerte Schranke den Zufluss dezimieren und so Anlieger schützen. Ausnahmen gelten nur für Anwohner und deren Besucher, Rettungs- und Pflegedienste, Busverkehr und Taxen sollen die Schranke mit einer Chipkarte öffnen können. In Betrieb gehen soll die Sperre, wenn die Anlieger über den Umgang mit der Schranke informiert wurden.
„Eine solche Schranke würde das ständige Auf- und Abfahren der Poser hier beenden“, glaubt daher die Bürgerinitiative. Die Stadt Gelsenkirchen sieht das anders. „Die Widmung der beiden Straßen als Durchgangsstraßen ist zwar die gleiche“, sagt Stadtsprecher Martin Schulmann. „Aber die Situation ist eine andere, in Düsseldorf fehlen Gewerbeunternehmen, Gastro- und Freizeitangebote.“ Graf Bismarck sei ein großes Gewerbe- und Wohngebiet, das Mannesmannufer eine reine, kleine Wohngegend. Der Schrankenbetrieb würde demnach auch Zugangsberechtigten die Durchfahrt verwehren, beispielsweise wenn ein neuer Zulieferer eines der ansässigen Unternehmen aufsuche, neue Gäste ein Restaurant besuchten oder die Anwohner Besuch erwarteten.
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