Gelsenkirchen. Am Montag wäre Elisabeth Nettebeck 125 Jahre alt geworden. Die Gelsenkirchener Politikerin gilt bis heute als Mutter des Musiktheater-Neubaus.
Man nehme: einen Theaterstuhl, verbinde diesen mithilfe von Kabeln und Drähten an zwei Eisenrohren – fertig ist die „Nettebeck-Sänfte“. Auf diesem selbst gebauten Tragegestell wurde Elisabeth Nettebeck in den 50er Jahren gleich mehrmals durch den im Entstehungsprozess befindlichen Neubau des Musiktheaters im Revier (MiR) chauffiert. Denn trotz ihrer schweren Gehbehinderung wollte sich die CDU-Politikerin und damalige Vorsitzende des Kulturausschusses vom Fortgang der Arbeiten persönlich vor Ort ein Bild machen. Und das klappte dank des Einsatzes von besagter „Nettebeck-Sänfte“.
Das Engagement für den MiR-Bau war der „Kampf ihres Lebens“
Am Montag, 11. Oktober, wäre die frühere Stadtverordnete und Landtagsabgeordnete 125 Jahre alt geworden. Diesen besonderen Ehrentag nahm die CDU Altstadt noch einmal zum Anlass, um an das Wirken dieser tatkräftigen Frau zu erinnern. „Elisabeth Nettebeck zählte zu jenen Politikerinnen, die das Stadtbild entscheidend geprägt haben. Sie war eine der wenigen, aber hoch engagierten Frauen in der Politik in dieser Zeit und kann damit auch heute noch als Vorbild dienen“, erklärte Frank-Norbert Oehlert, Vorsitzender der CDU Altstadt.
Nettebeck wird von vielen als Mutter des Musiktheaters im Revier bezeichnet – weil sie es war, die mit ihrer Hartnäckigkeit und Überzeugungskraft für eine politische Mehrheit in dieser Stadt sorgte, die sich für eine Finanzierung des Neubaus aussprach. Architekt Werner Ruhnau, der die Theater-Neubaupläne ab dem Jahr 1956 umsetzte, nannte den Einsatz Nettebecks einst den „Kampf ihres Lebens“.
Ihre Eltern besaßen eine Metzgerei und eine Gaststätte in Schalke
Nettebeck wurde am 11. Oktober im Jahre 1896 in Schalke geboren. Ihre Eltern betrieben dort eine Metzgerei und eine Gaststätte. Ihr Vater gehörte zu den ersten Mitgliedern der 1875 neu gegründeten Stadtverordnetenversammlung. Im Sinne ihres bürgerlich-katholischen Elternhauses strebte sie als junge Frau einen erzieherischen Beruf an und engagierte sich zudem im Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB), dessen Geschäftsführerin sie 1923 wurde.
Ihrer Arbeit in der Zentrums-Partei folgte bald nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs der Wechsel in die CDU, für die sie 1946 in den Rat der Stadt einzog und deren Mitglied sie bis zu ihrem Tod blieb. Nettebeck verstarb am Tag ihres 73. Geburtstages am 11. Oktober 1969.
Eine Sänfte im Miniaturformat steht heute noch im Musiktheater
Als es im Rat der Stadt Anfang 1957 immer mehr Bedenken wegen der explodierenden Kosten des MiR-Neubaus gab, betonte Nettebeck: „Das Werk muss ohne Dramatisierung irgendwelcher Schwierigkeiten nunmehr zügig vollendet werden.“ Letztlich stellte der Rat einstimmig die notwendigen zusätzlichen Gelder zur Verfügung.
Eine „Nettebeck-Sänfte“ gibt es heute übrigens immer noch: Fero Freymark, der Konstrukteur des Tragestuhls, stiftete dem MiR im Jahr 2004 eine Miniaturausgabe des Stuhls. Vor Ort erinnert zudem eine Bronzeplakette an die Politikerin.
Bis 1966 saß Elisabeth Nettebeck im NRW-Landtag
Bei der ersten Bundestagswahl im August 1949 bewarb sich Nettebeck um einen Sitz in Bonn. War sie dabei noch knapp gescheitert, konnte sie im Folgejahr in den Düsseldorfer Landtag einziehen, dessen Mitglied sie bis 1966 blieb.
Bei der Wahl am 18. Juni 1950 konnte sie sogar bei einem Vorsprung von gerade einmal 176 Stimmen ein Direktmandat im Gelsenkirchener Westen erringen.