Gelsenkirchen-Hassel. Wie soll die Verkehrs- und Lebensader durch Gelsenkirchen-Hassel künftig aussehen? Was die Stadt vom Bürgerwunsch nach Tempo 30 hält.

Für die einen ist sie nur eine Durchfahrtsstraße von Buer nach Hassel oder Polsum, für die anderen hingegen Lebensraum zum Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und für die Freizeit: die Polsumer Straße.

Klagen über die Gestaltung gibt’s schon seit Jahren – nun packt die Verwaltung das Projekt an. Noch bis Donnerstag, 30. September, läuft eine Online-Befragung auf der Stadt-Homepage, um herauszufinden, welche Punkte die Bürgerinnen und Bürger auf ihrem Wunschzettel haben. Denn das Vorhaben hat durchaus den Charakter einer eierlegenden Wollmilchsau.

Dass der Handlungsbedarf groß ist, steht für viele außer Zweifel. Immer wieder hatten sich Anlieger an die Bezirksverordneten gewandt, weil es einerseits Probleme mit Rasern gibt, andererseits aber auch mit der Einsehbarkeit der stark befahrenen Straße beim Parken; im nördlichen Bereich befahren täglich mehr als 10.000 Fahrzeuge die Polsumer Straße, im südlichen Bereich am Eppmannsweg sind es laut Stadt rund 17.000.

Es hagelt zudem immer wieder Klagen von Radlern, die um ihre Sicherheit fürchten, und von Anwohnern, welche sich mit dem Verkehrslärm, den Autoabgasen und dem fehlenden Grün nicht mehr abfinden mögen. Auch die Stadt räumt ein, dass der Fahrbahnaufbau zwischen Marler Straße und Eppmannsweg „in die Jahre gekommen“ sei und es insgesamt einer „Zukunftsvision“ bedürfe.

Gelsenkirchener Bezirksbürgermeister klagt über „Hitzeinsel“ rund um Polsumer Straße

Durchfahrtsstraße, aber für viele auch Lebensraum zum Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und für die Freizeitgestaltung: die Polsumer Straße in Gelsenkirchen-Hassel.
Durchfahrtsstraße, aber für viele auch Lebensraum zum Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und für die Freizeitgestaltung: die Polsumer Straße in Gelsenkirchen-Hassel. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Einer, der die Situation vor Ort nur zu gut kennt, ist Dominic Schneider, Bezirksbürgermeister in Nord (SPD) – er lebt in Hassel. „Die Fahrbahn ist schon extrem breit, dafür sind die Bereiche für Radler und Fußgänger teilweise viel zu schmal“, so seine Analyse. Unzufrieden ist er auch mit dem eigentlich als Provisorium gedachten Verkehrsinseln, auch wenn diese das Queren erleichterten. Es gebe zudem viel zu wenige öffentliche Bäume auf der Landesstraße, weitere befänden sich nur auf privaten Grundstücken.

„Der Bereich zählt mit zu den größten Hitzeinseln in der Stadt. Vor diesem Hintergrund wäre es umso trauriger, wenn im Zuge der Umnutzung des St.-Theresia-Geländes die dortige grüne Oase mit dem alten Baumbestand zerstört würde.“ Ein Manko sei auch die fehlende Barrierefreiheit der Haltestellen.

Bürger können sich per Online-Befragung in Planungsprozess einbringen

Dominic Schneider, Bezirksbürgermeister in Gelsenkirchen-Nord, befürwortet die zügige Umgestaltung der Polsumer Straße im Stadtteil Hassel. Die Fahrbahn sei zu breit, der Bereich für Radler und Fußgänger an manchen Bereichen zu schmal, es fehlten Grün und Barrierefreiheit.
Dominic Schneider, Bezirksbürgermeister in Gelsenkirchen-Nord, befürwortet die zügige Umgestaltung der Polsumer Straße im Stadtteil Hassel. Die Fahrbahn sei zu breit, der Bereich für Radler und Fußgänger an manchen Bereichen zu schmal, es fehlten Grün und Barrierefreiheit. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Seit Anfang September läuft die Online-Befragung, die die beauftragten Planungsbüros shp und lad+ bei der Bestandsanalyse unterstützen und Ideen für die künftige Gestaltung sammeln soll. So können sich die Bürger frühzeitig in den Planungsprozess einbringen. Die Ergebnisse sollen dann in einer Machbarkeitsstudie berücksichtigt werden.

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Abgefragt werden die unterschiedlichsten Aspekte, Interessen und Bedürfnisse – von Auto- und Radverkehr sowie Barrierefreiheit über Aufenthaltsqualität bis hin zu Beleuchtung und Natur.

Polsumer Straße und Stadtteil Hassel sollen durch Umgestaltung attraktiver werden

Liegen den Umfrage-Teilnehmenden etwa sicherere Radwege am Herzen und Verkehrsberuhigung, eine bessere Querbarkeit und barrierefreie Haltestellen mit Witterungsschutz? Hätten sie gerne mehr Sitzgelegenheiten, Raum zum Treffen und Plätze zum Flanieren? Wünschen sie sich eine bessere Einsehbarkeit der Fahrbahn und mehr Grün? Welche Rolle spielen Sauberkeit, Sicherheit, Verkehrslärm und Abgase?

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Für die Verwaltung ist klar: Die Polsumer Straße soll durch Veränderungen im öffentlichen Raum und an den Gebäuden an Attraktivität gewinnen. „Wichtig sind uns dabei die Aspekte Klimaresilienz und eine Optimierung der Radwege-Situation“, betont Stadtbaurat Christoph Heidenreich auf Nachfrage der Redaktion. Diese Punkte seien deshalb auch eine Vorgabe an die Planungsbüros, die nun unter Berücksichtigung der Umfrageergebnisse mehrere Varianten zur Umgestaltung entwickeln sollen. Diese werden dann Bürgern und Politik vorgelegt. Letztlich müsse der Verkehrsraum „neu sortiert“ werden, so Heidenreich.

Stadtbaurat: Für Tempo 30 fehlen die Voraussetzungen

Am Ende sollten sowohl Fußgängerinnen und Fußgänger, Radlerinnen und Radler sowie ÖPNV-Nutzer davon profitieren. Was den Wunsch einiger Bürger nach Tempo 30 angeht, so werde sich dieser jedoch nicht realisieren lassen.

„Die Polsumer ist eine überörtliche Straße und das wird sie auch bleiben. Für Tempo 30 fehlen die Voraussetzungen, etwa konkrete Gefahrenzonen unmittelbar vor dem Eingang von Kitas und Schulen.“ Dass die Straße nach ihrer Umgestaltung jedoch zu einem deutlichen Imagegewinn des Stadtteils Hassels beitragen soll: Darauf dürfte nicht nur die Verwaltung hoffen.