Gelsenkirchen. Bevor im Norden der Stadt am Sonntag die Geschäfte öffneten, fanden viele den Weg in die City und auf die Domplatte, um Gemeinschaft zu erleben.

Buer tischt auf. Im wahrsten Sinne: Auf der Domplatte stehen 50 Tische, überzogen mit schwarzen, grünen oder weißen Stoffbahnen, die hier für die Stadtfarben stehen. Etliche der Sitzgelegenheiten sind am Sonntagmorgen schon belegt von jenen Bueranern, die mitmachen beim Stadtteilfrühstück im Vorfeld des verkaufsoffenen Sonntags.

Frühstücks-Treff als Miteinander der Generationen

Beim Stadtteilfrühstück in Gelsenkirchen-Buer wagten sich auch einige Fußballverrückte in den Menschenkicker.
Beim Stadtteilfrühstück in Gelsenkirchen-Buer wagten sich auch einige Fußballverrückte in den Menschenkicker. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Die Idee dazu hatte Markus Jansen vor einigen Wochen: „Damit die Menschen einfach mal wieder zusammenkommen.“ Schließlich lebt gerade Buer von den vielen zufälligen Treffen alter Bekannter. Tatsächlich geht es an einigen Tischen schon früh hoch her, ist einer nicht nur Frühstücks-Tafel, sondern auch Geburtstagsrunde. Ein anderer lebt vom Miteinander der Generationen.

Christian Fischer ist mit seiner eigenen und befreundeten Familien hier – und zeigt sich hellauf begeistert. „Es ist schön, mit allen zusammen zu frühstücken. Ich bin ohnehin ein Fan des gemeinsamen Essens. Das brauchen wir hier auch.“ Gerade nach all den Lockdowns und mitten in der vierten Welle der Pandemie. „Das Leben geht weiter. Und solche Veranstaltungen zeigen uns, dass wir auch weiter leben müssen. Solche Formate helfen uns dabei, finde ich. Das ist eine wirklich schöne Geschichte für Buer.“

Ohne besondere Veranstaltung wäre verkaufsoffener Sonntag nicht erlaubt

Gleich mehrere tolle, alte Fahrräder gab es ebenfalls am Sonntag in der Buerschen City zu sehen.
Gleich mehrere tolle, alte Fahrräder gab es ebenfalls am Sonntag in der Buerschen City zu sehen. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Angetan ist auch der direkte Nachbar der Frühstücks-Tafeln, Propst Markus Pottbäcker. Eben hat er die Kirche verlassen und plaudert jetzt mit den Besuchern. „Ich finde es gut, dass dieser Platz bespielt wird und wieder Leben in die Innenstadt kommt.“ Nun zieht auch die Kapelle auf. Bis eben hat man sich zurück gehalten in Anbetracht der Firmung in St. Urbanus. Die ist nun vorüber und die „Einigkeit Rotthausen“ spielt auf, präsentiert Medleys und moderne Stücke. Und so wird hier, auf der Domplatte, doch ein kleines Fest gefeiert – nachdem das Stadtfest, eigentlich geplant für dieses Wochenende, abgesagt werden musste (die WAZ berichtete).

„Deswegen haben wir uns für dieses Format entschieden“, erklärt Ole Siemienski, Vorsitzender der buerschen Werbegemeinschaft, die hier mit Markus Jansen und Gastronom Christoph Klug ein Veranstalter-Dreigespann bildet. „Ohne eine Veranstaltung wäre der verkaufsoffene Sonntag nicht möglich gewesen.“ Zum Hintergrund: Ohne eine solche darf der Handel an diesem Feiertag gar nicht öffnen. „Und wir wollten die Händler und Kunden nicht enttäuschen.“

Feuerwehrleute haben auf der Domplatte weniger Zulauf als auf der Hochstraße

So gelungen das gesamte Ambiente auch ist: Einen kleinen Wermutstropfen gibt es dennoch, verrät Siemienski. Die Werbegemeinschaft habe einmal mehr den Menschenkicker aufbauen lassen. Vor zwei Jahren noch was das ein unglaublicher Erfolg. „Da hätten wir uns bei den Anmeldungen aber mehr Resonanz gewünscht. Die Leute sagen immer, macht doch mal, aber dann machen nur wenige mit. Das ist wie beim Karaoke: Alle wollen hin, aber selber singen will keiner.“

Am Rande der Domplatte sind auch die Feuerwehrleute zu finden, die einmal mehr ihren 24-stündigen Benefizlauf zugunsten der Kinderklinik durchführen. In den vorherigen Jahren sind sie stets auf der Hochstraße zu finden gewesen. Der neue Standort sei nicht förderlich, erzählt Organisator Klaus Jacob, selbst pensionierter Feuerwehrmann. „Das Schöne ist, wir müssen uns nicht mehr erklären. Die Bueraner kennen uns.“ Die Frequenz jedoch sei auf der Domplatte schlechter. „Vom Gefühl her haben wir bis jetzt nur die Hälfte der Spenden des letzten Jahres eingenommen.“ Und das war auch schon unter Pandemiebedingungen.

Bezirksbürgermeister Schneider radelte 15 Kilometer

Immerhin, die lokale Prominenz ist weiterhin selbst im Einsatz für den guten Zweck. Gerade ist Bezirksbürgermeister Dominic Schneider vom Rad gestiegen. „15 Kilometer habe ich geschafft. Das ist ungefähr von hier bis zum Hans-Sachs-Haus“, sagt er und lacht. Den Frühsport hat er somit absolviert. Gleich geht es zum Frühstück an einem der Tische, gemeinsam mit der Familie. Danach geht es sportlich weiter, tritt er mit dem „Team SPD“ im Menschenkicker an. Und wo er schon mal da ist, eröffnet er auch den Tag. „Die Idee zu dieser Veranstaltung ist wirklich gut. Das hat gefehlt in Buer. Ich fände es schön, wenn noch mehr aus der buerschen Bevölkerung heraus passieren würde. Dieses Potenzial müssen wir heben. Dann braucht man auch gar keine teuren Stadtaufbauprogramme.“

Zurhausen vom RC Olympia Buer bleibt beim „Bio-Bike“

„Buer dreht das Rad“, unter diesem Motto steht eine weitere kleine Veranstaltung im Rahmen des verkaufsoffenen Sonntags auf dem Springemarkt. Organisator ist der örtliche Botschafter des Zweirads schlechthin: Michael Zurhausen, Vorsitzender des RC Olympia Buer. Auch er weiß, das Rad erfährt durch Klimawandel und Corona eine ungeahnte Nachfrage.

„Deswegen geht es uns heute um die Mobilität der Zukunft.“ Und ein bisschen auch um die der Vergangenheit. Mit dabei ist nämlich eine kleine Ausstellung des „Deutschen Fahrradmuseums“ aus Bad Brückenau.

Sie zeigt einen kleinen historischen Querschnitt, angefangen mit dem detailgetreuen Nachbau der „Drais Laufmaschine“ von 1817, einem hölzernen Zweirad noch ganz ohne Pedale. „Die kann man heute noch fahren“, sagt Jonas Buchmann, Mitarbeiter des Museums, und führt das gleich vor. So habe man sich damals noch mit den Füßen abgestoßen, so wie es kleine Kinder auf ihren Dreirädern oft tun. Ein weiterer Blickfang: Das Hochrad, das auch noch gefahren werden kann – wenn man es auf den Sattel schafft.

Für Michael Zurhausen steht im Mittelpunkt, einmal mehr für das Rad zu werben. Und so stehen auf dem buerschen Marktplatz auch viele Beispiele für zweirädrige E-Mobilität. Abgebildet wird auch der neueste Trend: Lastenräder. Zurhausen selbst übrigens bleibt traditionell. „Ich fahre weiter ohne elektrischen Antrieb, also ein Bio Bike, wie ich gelernt habe.“