Gelsenkirchen. Deutscher Bomber stürzte im Zweiten Weltkrieg in Barnehurst ab. Nigel Staniforth forscht zu den Überlebenden von damals und sucht Angehörige.
Nigel Staniforth ist gerade dabei, ein wichtiges Stück Familiengeschichte aufzuschreiben. Doch weil der 54-jährige Ingenieur, der in der englischen Kleinstadt Dartford (Grafschaft Kent) lebt, bei seinen Recherchen in einer Sackgasse gelandet ist, hat er sich nun mit einem Hilfegesuch an unsere Redaktion gewandt. Er ist auf der Suche nach noch lebenden Angehörigen, Bekannten oder Nachbarn eines Hermann Börmann. Der wurde im März 1918 in Gladbeck geboren und wohnte danach die längste Zeit seines Lebens in Buer, wo auch seine Eltern herkamen. „Es wäre wichtig für mich, noch mehr über ihn zu erfahren“, erzählt Staniforth in einem Telefonat.
Abstürzender deutscher Bomber streifte beinahe das Hausdach
Ein Blick zurück: Es ist der 15. September 1940. Der Zweite Weltkrieg tobt. Deutsche und englische Flieger liefern sich heftige Luftkämpfe. Bomben legen in beiden Ländern Großstädte in Schutt und Asche. Familie Staniforth sitzt an diesem Sonntagmittag gegen 14.30 Uhr am Esstisch ihres Hauses in Barnehurst – ein Städtchen südöstlich von London gelegen. Plötzlich ertönt direkt über ihnen ein Donnern und Dröhnen. Nigels Großvater Ken und sein damals fünfjähriger Onkel Roy rennen sofort nach draußen. Und sehen, wie ein Flugzeug direkt über ihren Köpfen hinwegbraust.
„Mein Onkel hat mir später oft erzählt, dass das Flugzeug schon so tief war, dass eine der Tragflächen fast unser Dach berührt hätte“, berichtet Staniforth. Rauch dringt aus der Maschine, die durch Einschüsse sichtlich ramponiert ist und gerade zur Notlandung ansetzt. „Etwa eine Meile von unserem Haus entfernt ist der Flieger dann auf einem Golfplatz abgestürzt“, weiß der Engländer. Nur wenige der deutschen Besatzungsmitglieder überleben den Absturz des Dornier-Do-17-Bombers. Einer von ihnen ist besagter Hermann Börmann.
Aus der Kriegsgefangenschaft in Kanada ging es 1947 zurück nach Hause
Die Verletzten seien in ein Krankenhaus gebracht worden, ergaben die Recherchen von Staniforth. In diesem wurden ausschließlich die deutschen Soldaten verarztet und behandelt. Direkt danach kamen sie aber in ein Kriegsgefangenenlager. Zunächst in England, später ging es weiter nach Kanada. „Erst weit nach Kriegsende durfte Börmann im Jahr 1947 zurück nach Deutschland. Er war ein gelernter Zimmermann“, so Staniforth. Diese Informationen hat er bei seinen Recherchen im Bundesarchiv herausbekommen.
Dort waren weitere wenige öffentlich einsehbare Aktennotizen über Börmann zu finden. Doch irgendwann verliert sich dann seine Spur. Und Nigel Staniforth möchte nun wissen, wie der Lebensweg des Luftwaffen-Mitglieds in Gelsenkirchen weiter und zu Ende gegangen ist. „Ich wäre dankbar für jeden Hinweis. Dieses Erlebnis des Flugzeugabsturzes ist bis heute ein wichtiger Bestandteil unserer Familiengeschichte. Erstmals spielte sich der Weltkrieg direkt vor unserer Haustür ab. Und ich möchte möglichst alles dazu herausfinden“, erklärt er sein Interesse. Gleichzeitig sucht er auch Infos zu den anderen damaligen Überlebenden aus dem deutschen Bomber.
Für viele Menschen in Barnehurst ist der Absturz des deutschen Bombers auch deshalb unvergesslich, weil er in einer weiteren Tragödie endete. Viele neugierige Bewohner schlichen sich nach dem Absturz ins Innere des Flugzeug, um dort nach brauchbaren Dingen zu suchen und ihn auszuschlachten. Ein herbeigeeilter Polizist, so erzählt es Staniforth, hätte diese Menschen noch gewarnt. Vergebens: Kurz darauf explodierte das Wrack. Mehrere Bewohner – auch der warnende Polizist – seien ums Leben gekommen.
Kontakt ist über die WAZ-Redaktion Gelsenkirchen zu bekommen
Staniforth betont noch einmal, dass er seine Resultate nicht kommerziell ausschlachten möchte, sondern sie ausschließlich privat verwerten will. Wer Informationen zu Hermann Börmann hat und Kontakt zu Nigel Staniforth aufnehmen möchte, wendet sich bitte an die WAZ-Redaktion Gelsenkirchen unter: 0209/170 94 30 oder redaktion.gelsenkirchen@waz.de.