Gelsenkirchen/Essen. Ein Geschäftsmann aus Gelsenkirchen muss sich Ende September in Essen vor Gericht verantworten. Es geht um schwarze Kassen und Steuertricks.

Die Vorwürfe haben es in sich: Ab dem 29. September muss sich ein Unternehmer aus Gelsenkirchen in Essen vor dem Landgericht verantworten. Die Anklage lautet auf millionenschwere Steuerhinterziehung.

Dem 57-jährigen Unternehmer wird vorgeworfen, die Finanzbehörden jahrelang ausgetrickst zu haben. Dabei soll der Geschäftsmann zu niedrige Umsatzzahlen angegeben haben, um sich zu bereichern. Die Ermittler sprechen in diesem Zusammenhang sogar von einem Geschäftsmodell.

Vorwurf: Steuerschaden durch Gelsenkirchener Unternehmer beläuft sich fünf Millionen Euro

Im Prozess wird es um den Zeitraum von 2012 bis Anfang 2019 gehen. Der angerichtete Steuerschaden soll sich auf rund fünf Millionen Euro belaufen. Dabei geht es um Umsatzsteuer, Vergnügungssteuer, Körperschafts- und Gewerbesteuer.

Der Gelsenkirchener Unternehmer war im Februar 2021 festgenommen worden und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Vor Gericht will er sich offenbar gleich von drei Anwälten vertreten lassen.

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Mitangeklagt sind ein weiterer Mann und zwei Frauen. Sie sollen in die mutmaßlich illegalen Machenschaften eingeweiht gewesen sein. Eine der Frauen war offenbar für die Buchhaltung zuständig. Bei dem mitangeklagten Mann soll es sich um den Betreiber einer Spielhalle in Gelsenkirchen handeln, bei der zweiten Frau im Bunde um eine Spielhallenaufsicht. Sie aber spielt wohl nur eine Nebenrolle in dem Verfahren.

Grundsatzurteil traf ehemaligen Postchef

Durch das Grundsatzurteil des BGH verloren Steuervergehen ihren Status als „Kavaliersdelikt“. Das Urteil hatte hohe Brisanz, weil vor dem Bochumer Landgericht seinerzeit die Verhandlung gegen den ehemaligen Postchef Klaus Zumwinkel anstand. Der prominente Manager und Hunderte anderer Bürger waren dank gestohlener Bankdaten aus dem Steuerparadies Liechtenstein ins Visier der Steuerfahndung geraten.

Die just vom BGH festgesetzte Millionengrenze spielte im Verfahren gegen Zumwinkel eine wichtige Rolle. Da ein Teil der Steuerhinterziehung bereits verjährt war, ging es nur noch um 967.815,96 Euro an Steuern und Solidaritätszuschlägen. Folge: Zumwinkel wurde zu zwei Jahren auf Bewährung und einer Geldstrafe von einer Million Euro verurteilt.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die angeblich zu niedrig angesetzten Umsätze durch technische Tricks und Manipulationen systematisch verschleiert worden sind. Bargeld, das darüber hinaus eingenommen worden sein soll, wurde angeblich in schwarzen Kassen geparkt, die auch als „Kriegskassen“ bezeichnet worden sein sollen. Anschließend wurde das Geld nach Erkenntnissen der Ermittler an den Gelsenkirchener Unternehmer weitergeleitet.

Steuerhinterziehung in Millionenhöhe bedeutet in der Regel: Gefängnisstrafe

In einer Grundsatzentscheidung vom April 2008 hat der Bundesgerichtshof (BGH) erstmals feste Grenzen für die verschiedenen Sanktionsarten bei Steuerhinterziehungen festgesetzt. Bei einer Steuerhinterziehung in Millionenhöhe müssen Täter demnach in aller Regel ins Gefängnis; eine Aussetzung der Haftstrafe zur Bewährung komme dann nur „bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht“, urteilte seinerzeit der Erste Strafsenat in Karlsruhe.

Schon bei einem Steuerschaden von mindestens 50.000 Euro liegt laut nach Auffassung der Karlsruher Richter bereits ein „großes Ausmaß“ und damit ein „besonders schwerer Fall“ der Steuerhinterziehung vor. Dieser muss mit Haft von mindestens sechs Monaten bis zu zehn Jahren geahndet werden. Dieses Strafmaß war in der Rechtsprechung bis zum damaligen Zeitpunkt nur für den Straftatbestand des Betrugs anerkannt.

Eine Verurteilung des Unternehmers dürfte Folgen haben, zu seinem Geschäftsportfolio gehören unter anderem zahlreiche Immobilien, einige darunter in prominenter Lage und im Fokus des öffentlichen Interesses.