Gelsenkirchen-Rotthausen. Die evangelische Kirche Rotthausen wurde 1896 eingeweiht. Gelsenkirchen wuchs damals rasant. Heute ist sie Teil der vereinigten Emmaus-Gemeinde.
In und um die Rotthauser Kirche halten sich offenbar die Traditionen. Zum Beispiel die Anfangszeit des Hauptgottesdienstes: Seit dem 1. Advent 1893 beginnt er am Sonntag stets um 9.45 Uhr. „Freilich stand zu dem Zeitpunkt die Kirche noch nicht. Die wurde nämlich erst am 19. Juli 1896 eingeweiht“, so die Chronik der Gelsenkirchener evangelischen Gemeinde. Einen „Taufnamen“ bekam das Gotteshaus nicht. Auch dabei ist es geblieben. Die Evangelische Kirche Rotthausen an der Steeler Straße 48 wird 125 Jahre alt.
Gelsenkirchener Kirche in Rotthausen wurde mit 1100 Plätzen gebaut
„Möge denn für alle Glieder der Gemeinde Alt und Jung, Hoch und Niedrig, diese neue Kirche jahrhundertelang ein rechter Sammelpunkt, eine Segensstätte und Friedensheimat werden“ – dieser Wunsch aus der Gründungsurkunde ist Tradition und Verpflichtung zugleich für die Rotthauser Gemeinde. „Ohne Kirche fehlt uns was. Der Satz wird in Zukunft an allen Stellen auftauchen“, sagt Pfarrerin Kirsten Sowa, die am Sonntag (dann aber um 11 Uhr!) an der Steeler Straße 48 den Jubiläumsgottesdienst feiert.
Zur Einweihung gab es ein einstündiges Festgeläut von 8 bis 9 Uhr und einen Festzug
Rückblende: „Am Tag der Einweihung gab es ein einstündiges Festgeläut von 8 bis 9 Uhr und ein Festzug vom alten Gemeindesaal zur Kirche an der Provinzial Straße. Vorweg ging der Posaunenchor. Es folgten die Konfirmanden, Katechumenen und der Kinderchor. Danach kam das Presbyterium mit den heiligen Geräten. Des Weiteren folgten die kirchlichen Oberen und die anwesenden Pfarrer im Ornat, die anderen Ehrengäste, die Repräsentanten, der Frauenverein mit den übrigen Frauen und zum Schluss der Arbeiterverein, der Jünglingsverein und die übrigen Männer“, heißt es in der 1993 aufgeschriebenen Gemeindegeschichte. Den Gottesdienst hielt Pfarrer Ludwig Rohlfing, der am 2. April 1894 einstimmig vom Presbyterium Rotthausen zum ersten Pfarrer gewählt wurde.
Kindergottesdienst besuchten sonntags bis zu 600 Kinder
Mit der Zeche Dahlbusch wuchs im 19. Jahrhundert auch Rotthausen. Um 1800 lebten hier etwa 350 Menschen. Mit Beginn des industriellen Steinkohlenbergbaus wuchs die Einwohnerzahl sprunghaft an. 1891 war die Gemeindegliederzahl schon auf 3500 angewachsen. Am 1. Oktober 1893 wurden bereits 4200 Evangelische gezählt, den Kindergottesdienst besuchten sonntags bis zu 600 Kinder. Bis 1843 wurde der Vorläufer der Altstadt-Kirche, die Georgskirche von beiden Konfessionen genutzt. Nach Amtseintritt von Pfarrer Rohlfing wurden Architekten aus Barmen und Mülheim Ruhr mit dem Entwurf für eine Kirche beauftragt. 700 Sitzplätze im unterem Bereich und 300 auf den Emporen sollte sie haben, jeder Kirchenbesucher sollte Altar und Kanzel sehen können. So entstand bis Juli 1896 der Zentralbau in Kreuzform mit ungefähr 1100 Sitzplätzen. Kostenpunkt: 169.111,97 Mark. Eine Woche zuvor war in der Nachbarschaft die katholische Kirche St. Mariä Himmelfahrt (seit 2007 außer Dienst) eingeweiht worden.
+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Gelsenkirchen verpassen? Dann können Sie hier unseren kostenlosen Newsletter abonnieren +++
Nach dem ersten Weltkrieg 1919 hatte Rotthausen 29.413 Einwohner, davon waren 14.279 evangelisch. In Gelsenkirchen lebten 170.477 Einwohner noch ohne Rotthausen. Am 1. Januar 1924 wurde Rotthausen aus dem Landkreis Essen der Rheinprovinz ausgegliedert und zur Stadt Gelsenkirchen in der Provinz Westfalen eingemeindet. Zum Vergleich: Im Dezember 2018 lebten im Stadtteil noch insgesamt 14.155 Einwohner und davon waren rund 4000 evangelischen Glaubens.
Auf den Rückgang der Zahlen wie auf rückläufige Finanzen hat der Evangelische Kirchenkreis Gelsenkirchen-Wattenscheid vor Jahren bereits mit Strukturveränderungen reagiert: Am Reformationsfest 2014 haben sich die Evangelische Kirchengemeinde Rotthausen, die Evangelische Kirchengemeinde Gelsenkirchen und die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Schalke vereinigt zur Evangelischen Emmaus-Kirchengemeinde Gelsenkirchen. Und die Rotthauser Kirche? Ist natürlich immer noch Gottesdienst-Ort, aber auch ein Gotteshaus für Konzerte oder Passionsspiele.
- Verfolgen Sie die aktuelle Entwicklung zum Coronavirus in Gelsenkirchen in unserem Newsblog
- Lesen Sie mehr Geschichten aus Gelsenkirchen
- Oder folgen Sie der WAZ Gelsenkirchen auf Facebook