Gelsenkirchen. Die 66-Jährige tritt aber in der nächsten Spielzeit in Gelsenkirchen noch einmal in ihrer Lieblingsoper auf. Allerdings nicht als Butterfly.
In zahllose Rollen ist Sopranistin Noriko Ogawa-Yatake zeit ihres Berufslebens geschlüpft, hat großen Opernfiguren Gesicht und Stimme gegeben. Gemocht hat sie sie alle, tief geliebt aber vor allem eine: „Madama Butterfly war für mich die wichtigste Rolle“, sagt die 66-jährige Japanerin, die 35 Jahre lang das Musiktheater im Revier mit ihrem Können und ihrem Charisma entscheidend prägte. Nun wurde sie während der Gala im Großen Haus in den Ruhestand verabschiedet, offiziell zumindest.
Ihre warme Stimme hat im Laufe der Jahre eine dunklere Färbung bekommen
Denn niemals geht man so ganz: Noriko Ogawa-Yatake, die in der Rolle der unglücklichen Geisha Cio-Cio-San europaweit riesige Erfolge feierte, wird in der nächsten Spielzeit noch einmal mit Giacomo Puccinis tragischer Erfolgsoper auf die Gelsenkirchener Bühne zurückkehren. Dann nicht mehr als Ensemblemitglied, sondern als Gast. „Und diesmal auch nicht in der Rolle der Butterfly, sondern als deren treue Dienerin Suzuki.“
Weil die intensiv warme Stimme im Laufe der Jahre eine dunklere Färbung bekommen hat, singt Ogawa-Yatake nun den Mezzosopran-Part anstelle des Soprans. Noch einmal „Madama Butterfly“ in Gelsenkirchen. „Ein echtes Geschenk“, strahlt die charmante Sängerin. Denn vor über 25 Jahren gab sie ihr Rollendebüt als Butterfly am Musiktheater in der Regie von Erfolgsregisseurin Gabriele Rech. Und sie wird auch Regie bei der Neuinszenierung führen, die am 2. April nächsten Jahres Premiere feiert. Ein bisschen schließt sich da auch ein Kreis.
Der Zufall führte sie nach Deutschland
Dabei führte die Japanerin einst eher ein Zufall ins ferne Deutschland, das sie heute als zweite Heimat empfindet. In der Nähe von Yokohama südlich von Tokio geboren, wuchs sie zusammen mit zwei Schwestern in einem von traditioneller japanischer Musik geprägten Haushalt auf. Der Gesang wurde hier intensiv gepflegt. „Mit 15 Jahren entschied ich mich für die Künstlerlaufbahn.“ Die Eltern unterstützten sie. „In Japan hatte ich bereits alle großen europäischen Sänger erlebt“, erinnert sie sich mit glänzenden Augen an Konzerte von Hermann Prey, Dietrich Fischer-Dieskau oder den drei Tenören.
Während des Gesangstudiums in Tokio erhielt die Künstlerin ein einjähriges Stipendium für Deutschland, studierte in Stuttgart. Große Erfolge als lyrischer, später auch als dramatischer Sopran, ließen nicht lange auf sich warten, die Opernwelt horchte auf. Bei einem Auftritt in Berlin wurde der damalige MiR-Intendant Mathias Weigmann auf die junge Künstlerin aufmerksam, lockte sie nach Gelsenkirchen – und sie blieb bis heute. „Eigentlich habe ich genau hier mein Leben gelebt.“
Nach schwerer Erkrankung auf die Bühne zurückgekämpft
Das Publikum wird sie in großen Titelpartien in Erinnerung behalten: „Ich konnte mir ein gutes Repertoire erarbeiten.“ Wenn auch mit nur wenig Wagner und Strauss, was sie bedauert. Aber mit ganz viel Puccini, was sie glücklich macht. Zu ihren herausragenden und unvergesslich berührenden Interpretationen zählt die Rolle der sterbenden Priorin in Poulencs Oper „Dialoge der Karmelitinnen“ 2018, für die Ogawa-Yatake mit dem Gelsenkirchener Theaterpreis ausgezeichnet wurde.
Die stets bescheiden auftretende Künstlerin sang die Todesszene zu einer Zeit, als sie gerade um ihren verstorbenen Ehemann, einen österreichischen Trompeter, trauerte. Aber die Sängerin ist eine Kämpferin, kämpfte sich auch nach schwerer Erkrankung auf die Bühne zurück. Die Frage, ob sie in Gelsenkirchen je Rassismus erlebt habe, beantwortet sie kurz mit „Ja, durchaus“, um dann freundlich das Thema zu wechseln. Um sich viel lieber an lustige Bühnenerlebnisse zu erinnern. „Manchmal gab es so schräge Bühnenkonstruktionen, da hatte ich nach einer Vorstellung tagelang Muskelkater“, verrät sie.
Im Ruhestand warten der Garten und Reisepläne
Unvergessen auch die Inszenierung von Mozarts „Titus“: „Da war viel Wasser auf der Bühne und ich trug einen schweren großen Rock und rutschte voll aus.“ Für ihre Zeit am Musiktheater ist Noriko Ogawa-Yatake dankbar. „Dass sie zu Ende geht, darüber bin ich traurig.“ Ob sie in ihrer Wahlheimat Gelsenkirchen bleibt oder irgendwann nach Japan zurückkehrt, das weiß sie noch nicht: „Ich plane nichts, lasse alles offen.“ Nur die nächste „Madama Butterfly“ am Musiktheater, die steht fest im Terminkalender.
Als Gartenliebhaberin freut sich Sopranistin Noriko Ogawa-Yatake nach ihrer Verabschiedung vom Musiktheater jetzt erst einmal aufs Pflanzen und Jäten in ihrer grünen Oase. Wenn sie nicht selbst singt, dann hört sie gerne CDs mit klassischer Musik. Auch wenn sie die „Butterfly“ so oft gesungen hat, und zunächst dachte, „die höre ich jetzt nie wieder“, legt sie Puccini doch immer wieder gerne auf. Reisepläne hegt die Sängerin auch. Japan wird auf jeden Fall dabei sein.