Gelsenkirchen-Hassel. Die Emscher-Lippe-Region soll bis 2030 zur Wasserstoff-Modellregion werden: Jetzt stellten die Akteure in Gelsenkirchen die rund 40 Projekte vor.

Der Ort war durchaus passend gewählt: Hier, auf der ehemaligen Zeche Westerholt auf der Stadtgrenze zwischen Gelsenkirchen und Herten, wurde bis vor wenigen Jahren noch Kohle gefördert, der Stoff also, der das Ruhrgebiet groß gemacht hat. Diese Zeiten sind bekanntlich vorbei, Kohle wird nicht mehr gefördert, Strukturwandel heißt das Stichwort. Um genau den ging es am Dienstag auf dem alten Zechengelände: Die Zukunft in der Emscher-Lippe-Region soll nämlich ganz im Zeichen des Wasserstoffs stehen, dazu wurde eine „Roadmap“ vorgestellt, die den Fahrplan für die kommenden Jahre vorgibt.

Dazu waren hochrangige Akteure in den hohen Norden von Gelsenkirchen gekommen: Oberbürgermeisterin Karin Welge war da, genau wie ihr Amtskollege Bernd Tischler aus Bottrop und Bodo Klimpel, Landrat des Kreises Recklinghausen, aus Münster war Regierungspräsidentin Dorothee Feller angereist. Der Gelsenkirchener Unternehmer Lars Baumgürtel, Vizepräsident der IHK Nord Westfalen, vertrat die Seite der Unternehmer.

So sollen auch in Gelsenkirchen Arbeitsplätze geschaffen werden

„H2EL“ – H2 steht für das Element Wasserstoff, EL für die Region Emscher-Lippe: Dahinter verbirgt sich das Projekt, mit dem der Wandel von einer Kohleregion zur Wasserstoffregion gelingen soll. Um die im Bereich Wasserstoff vorhandenen regionalen Potenziale zu bündeln, hat die Wirtschaftsförderungsagentur WIN Emscher Lippe GmbH eine Strategie und Roadmap entwickelt. Aus einer Potenzialanalyse und einem klaren Leitbild für das Jahr 2030 werden fünf zentrale Handlungsfelder abgeleitet: Industrie, Forschung und Entwicklung, Mobilität, Quartiersentwicklung und Qualifizierung. Ziel ist es, Synergien zu schaffen und Infrastrukturvorteile zu verdeutlichen.

Eine Wasserstoffpipeline verläuft auch über das Gelände des ehemaligen Bergwerks Westerholt.
Eine Wasserstoffpipeline verläuft auch über das Gelände des ehemaligen Bergwerks Westerholt. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Die Roadmap umfasst unter anderem mehr als 40 konkrete Projekte, die im nördlichen Ruhrgebiet bis 2030 geplant sind. Sie haben vor allem das Ziel, das Thema Wasserstoff in der Region zu verankern und neue Arbeitsplätze in zukunftssicheren Branchen zu schaffen. Insgesamt sollen bis 2030 etwa eine Milliarde Euro in die verschiedenen Projekte investiert werden.

Gelsenkirchener Stadthafen soll klimaneutral werden

„Die Roadmap H2EL weist den Weg in die Klimaneutralität mit grünem Wasserstoff und wird zugleich durch Versorgungskonzepte für Quartiere und neue Mobilität zu neuer Lebensqualität führen“, sagte OB Karin Welge. „Die Vorreiterrolle der Industrie kann den Weg zu Unternehmensansiedlungen ebnen und den konsequenten Einsatz von grünen Wasserstofftechnologien zu einem neuen Exportschlager aus dem nördlichen Ruhrgebiet machen.“

Als ein Beispiel nannte Welge den „Klimahafen Gelsenkirchen“, wo Mittelstand, Binnenschifffahrt und Großindustrie schrittweise auf Klimaneutralität umgestellt werden soll. Schon jetzt bezieht etwa ein Chemieunternehmen wasserstoffreiches Energiegas aus der Kokerei Bottrop. Demnächst soll die Anbindung an das Projekt „GET H2 Nukleus“ erfolgen, ein 130 Kilometer langes Netz aus Rohrleitungen, über das grüner Wasserstoff aus dem Emsland direkt zu den industriellen Abnehmern transportiert werden soll. Außerdem ist eine Wasserstofftankstelle geplant, an der nicht nur LKW, sondern auch die Hafenbahn und Schiffe betankt werden können.

Das Ziel: Eine Wasserstofftankstelle pro Stadt

Die Ziele sind ehrgeizig. „Wir wollen den Anteil erneuerbarer Energien im Verkehrssektor, der heute noch bundesweit bei 7,3 Prozent liegt, in unserer Region bis 2030 auf 30 Prozent steigern“, sagte Bottrops OB Bernd Tischler. 2030 sollen dann 1000 LKW, 120 Busse und 100 Müllfahrzeuge von Wasserstoff-Brennzellen angetrieben werden. Außerdem soll dann in jeder Stadt mindestens eine Wasserstofftankstelle vorhanden sein.

Roadshow im Herbst

Die Projekte der Wasserstoff-Roadmap sollen in den kommenden Monaten im Rahmen einer „Roadshow“ vorgestellt werden, so etwa im August oder September im Stadthafen in Gelsenkirchen und am 14. September im Chemiepark Marl.

Für den 4. Oktober hat Regierungspräsidentin Dorothee Feller zu einem „Wasserstoff-Gipfel“ auf die ehemalige Zeche Fürst Leopold in Dorsten eingeladen, dort sollen die Projekte weiterentwickelt und konkretisiert werden.

„Wenn wir jetzt gemeinsam anpacken und Projekte mit vereinten Kräften umsetzen, kann die Emscher-Lippe-Region an bewährte Stärken der Metropole Ruhr anknüpfen und zur Wasserstoff-Modellregion werden“, sagte Lars Baumgürtel, der in seinem Unternehmen „ZINQ“ bereits jetzt massiv in klimafreundliche Technologien investiert.